Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 19.10.2004) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 19. Oktober 2004 dahin geändert, daß der Angeklagte wegen
- schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei Fällen, jeweils in zwei tateinheitlichen Fällen,
- schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes und wegen
- sexuellen Mißbrauchs eines Kindes
zur Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet wird. Die im Fall II. 4. der Urteilsgründe festgesetzte Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in drei Fällen und wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt sowie seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die Revision des Angeklagten, die die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachbeschwerde den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Die Verfahrensrüge wurde nicht ausgeführt und ist daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO); im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Der Schuldspruch hält sachlichrechtlicher Prüfung überwiegend nicht stand.
In den Fällen II. 2. und II. 3. der Urteilsgründe hat der Angeklagte in unmittelbarer zeitlicher Abfolge stets zwei Kinder nach § 176 a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF mißbraucht, so daß jeweils zwei tateinheitlich zusammentreffende Fälle des schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes vorliegen (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 329 m. w. N.).
In den Fällen II. 4. und II. 5. der Urteilsgründe hat das Landgericht die festgestellten Mißbrauchshandlungen des Angeklagten als zwei selbständige Taten gewertet. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen liegt indes – soweit zwei Kinder in beiden Fällen in unterschiedlicher Weise sexuell mißbraucht wurden – eine natürliche Handlungseinheit vor (vgl. BGH NStZ 1996, 383 m. w. N.). Der Schuldspruch ist allein dem eine höhere Strafe androhenden Delikt des schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern gemäß § 176 a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF zu entnehmen, weil der Mißbrauch nach § 176 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF als die leichtere Begehungsform zurücktritt (vgl. BGH aaO; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 176 Rdn. 20). Da der Angeklagte wiederum in unmittelbarer zeitlicher Abfolge an beiden Kindern einen schweren sexuellen Mißbrauch gemäß § 176 a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF begangen hat, sind insoweit auch hier zwei tateinheitliche Fälle gegeben. Tateinheit besteht auch mit dem sexuellen Mißbrauch des dritten Kindes gemäß § 176 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF im Fall II. 4. der Urteilsgründe.
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Soweit damit eine Verschärfung des Schuldspruchs zum Nachteil des Angeklagten einhergeht, steht das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO nicht entgegen (vgl. Kuckein in KK 5. Aufl. § 358 Rdn. 18). Auch § 265 StPO hindert die vorgenommene Schuldspruchberichtigung nicht, weil sich der geständige Angeklagte nach einem entsprechenden Hinweis ersichtlich nicht anders als geschehen verteidigt hätte.
2. Zum Strafausspruch hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift ausgeführt:
„Eine Zurückverweisung zur Festsetzung nur einer Strafe für die Fälle II.4. und II.5. der Urteilsgründe ist nicht erforderlich. Der Senat kann die tat- und schuldangemessene höhere der beiden für das Tatgeschehen verhängten Einzelfreiheitsstrafen (ein Jahr und sechs Monate sowie vier Jahre) in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO als neue Einzelstrafe für die nunmehr einheitliche Tat festsetzen; hierdurch ist der Angeklagte unter keinen Umständen beschwert (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 1996 – 4 StR 529/96; BVerfG, Beschluss vom 1. März 2004 – 2 BvR 2251/03).
Der Gesamtstrafenausspruch kann zwar nicht bestehen bleiben. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht ohne die im Fall II.4. der Urteilsgründe festgesetzte Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Auch erfolgte der Zusammenzug der Einzelstrafen nicht derart straff, dass die verhängte Gesamtstrafe auch bei Wegfall der besagten Einzelstrafe noch angemessen erscheint. … Der Senat kann aber von der Möglichkeit Gebrauch machen, nach § 354 Abs. 1a Satz 2 und Abs. 1b Satz 3 StPO zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Dezember 2004 – 3 StR 403/04) und die Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren auf sieben Jahre und sechs Monate herabzusetzen. Diese Strafhöhe erscheint in Anbetracht der Höhe der verbleibenden Einzelstrafen von vier und zweimal drei Jahren sowie einem Jahr Freiheitsstrafe, der im Übrigen rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen des Landgerichts sowie des engen räumlich-zeitlichen Zusammenhangs zwischen den vom Landgericht rechtsfehlerhaft als selbständige Taten behandelten Fälle II.4. und II.5. der Urteilsgründe tat- und schuldangemessen.”
Dem schließt sich der Senat an.
3. Wegen des lediglich geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Unterschriften
Winkler, Pfister, von Lienen, Becker, Hubert
Fundstellen