Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von Soldatenversorgung bei Entscheidungen ab dem 01.01.2003 im Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Bei der Bewertung von Soldatenversorgungen zum Zwecke des Versorgungsausgleichs bei Entscheidungen ab dem 1.1.2003 sind die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Regelungen des Versorgungsänderungsgesetzes v. 20.12.2001 zu berücksichtigen. Danach ist der verminderte Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % maßgeblich (Fortführung des BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 75/02, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 378 = FamRZ 2004, 256 ff.).
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 1; SVG § 26 i.d.F. v. 20.12.2001
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Beschluss vom 23.05.2002; Aktenzeichen 18 UF 55/02) |
AG Sigmaringen (Urteil vom 24.01.2002) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des 18. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG Stuttgart v. 23.5.2002 aufgehoben.
Auf die Beschwerden der weiteren Beteiligten zu 1) und des Antragsgegners wird das Urteil des AG - FamG - Sigmaringen v. 24.1.2002 in Ziff. 2 dahin abgeändert, dass der monatliche Ausgleichsbetrag, bezogen auf den 31.3.2001, nicht 395,38 EUR, sondern 364,98 EUR beträgt.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 500 EUR
Gründe
I.
Die Parteien haben am 15.10.1986 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 22.9.1960) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 23.12.1947) am 21.4.2001 zugestellt worden. Das AG - FamG - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin gehend geregelt, dass es zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Wehrbereichsverwaltung Süd (WBV; weitere Beteiligte zu 1) im Wege des Quasi-Splittings nach § 1587b Abs. 2 BGB auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 395,38 EUR, bezogen auf den 31.3.2001, begründet hat. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der WBV und des Antragsgegners hat das OLG zurückgewiesen.
Dabei ist das OLG nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1) und 2) von ehezeitlichen (1.10.1986 bis 31.3.2001; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der Antragstellerin bei der BfA i.H.v. 57,29 EUR und des Antragsgegners bei der BfA i.H.v. 0,86 EUR, jeweils monatlich und bezogen auf den 31.3.2001, ausgegangen. Die Versorgung nach dem SVG, die der Antragsgegner zum Ende der Ehezeit von der WBV bereits bezogen hat, hat das OLG ohne Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 26 Abs. 1 S. 1 SVG i.d.F. des Art. 2 Nr. 10 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001i.H.v. 847,17 EUR dem Versorgungsausgleich zugrundegelegt.
Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der WBV, die die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt wissen will. Die Parteien und die BfA haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die nach §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 2 S. 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist nach In-Kraft-Treten des § 26 SVG i.d.F. des Art. 2 Nr. 10 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 zum 1.1.2003 nunmehr begründet.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin hat das OLG, das noch im Jahr 2002 entschieden hat, den Versorgungsausgleich zu Recht nicht auf der Grundlage des § 26 SVG i.d.F. des Art. 2 Nr. 10 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 durchgeführt, da diese Fassung erst am 1.1.2003 in Kraft getreten ist.
Indessen hat der Senat zwischenzeitlich entschieden, dass für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1.1.2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gem. § 14 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1.1.2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 75/02, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 378; v. 26.11.2003 - XII ZB 30/03, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 379, FamRZ 2004, 256 ff. [259 ff.]). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag ggf. später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 30/03, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 379, FamRZ 2004, 256 ff. [261]).
Dies gilt entsprechend für Versorgungsanrechte nach dem Soldatenversorgungsgesetz. Auch insoweit ist im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1.1.2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gem. § 26 SVG i.d.F. des Art. 2 Nr. 10 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 maßgeblich, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 9 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1.1.2003 in Kraft getreten ist. Die Übergangsregelung nach § 97 SVG entspricht insoweit genau derjenigen nach § 69e BeamtVG.
Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragstellerin durch das Quasi-Splitting - auf Grund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit v. 1.7.2001 bis zum 1.7.2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255e SGB VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, dass dem Antragsgegner unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte der ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese ggf. der Abänderung nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.
2. Abweichend von der Auskunft der WBV v. 22.2.2002 beläuft sich der Bemessungsfaktor hinsichtlich der Sonderzuwendung gem. §§ 1 Nr. 4, 4 Abs. 1, Abs. 2 des Bundessonderzahlungsgesetzes (BSZG; i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung des BSZG v. 28.2.2005 - BGBl. I, 464; zur Anwendung des jeweils zur Zeit der Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - XII ZB 130/98, BGHReport 2003, 69 = FamRZ 2003, 437 ff., m.w.N.) nunmehr auf 4,17 % jährlich. Damit beläuft sich der Ehezeitanteil der Soldatenversorgung des Antragsgegners auf 786,39 EUR. Den ehezeitlichen Anwartschaften der Antragstellerin i.H.v. 57,29 EUR stehen daher Anrechte des Antragsgegners i.H.v. insgesamt 786,39 EUR + 0,86 EUR = 787,25 EUR gegenüber, so dass sich ein Ausgleichsbetrag von 364,98 EUR errechnet.
Fundstellen