Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 04.12.2012) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten F. gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 4. Dezember 2012 wird, soweit es ihn betrifft,
- das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. A. 8. der Urteilsgründe wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
das vorgenannte Urteil
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen sowie des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen schuldig ist und
bb) im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen unter Einbeziehung einer früher verhängten Freiheitsstrafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Weiterhin hat es die Einziehung von Gegenständen und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 174.150 EUR angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt auf die Sachbeschwerde zur teilweisen Einstellung des Verfahrens und hat insoweit zum Schuldspruch sowie weitergehend zur Verfallsanordnung den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat zur Vereinfachung und Beschleunigung der Sache das Verfahren im Fall II. A. 8. der Urteilsgründe eingestellt. Nach den jeweils zugehörigen Feststellungen könnte in Betracht kommen, dass hinsichtlich dieser Tat (Einfuhr von Marihuana Ende Oktober 2010 und dessen gewinnbringende Veräußerung) infolge der rechtskräftigen Verurteilung des Angeklagten durch das Landgericht Hannover vom 12. Oktober 2011 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe und Munition Strafklageverbrauch eingetreten ist. Die Teileinstellung bedingt die vorgenommene Änderung des Schuldspruchs.
Rz. 3
Die Schuldspruchänderung führt hier nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs; dieser hat vielmehr Bestand. Angesichts der wegfallenden Einzelstrafe im eingestellten Fall von zwei Jahren und der verbleibenden – rechtsfehlerfrei zugemessenen – Einzelstrafen (siebenmal zwei Jahre, fünfzehnmal fünf Jahre und viermal fünf Jahre und sechs Monate) sowie der einbezogenen Vorstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei entsprechender Teileinstellung des Verfahrens auf eine niedrigere als die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten erkannt hätte.
Rz. 4
2. Hingegen kann die Anordnung über den Verfall von Wertersatz nicht bestehen bleiben. Das Landgericht ist von einem Mindestverkehrswert der veräußerten Betäubungsmittel in Höhe von 174.150 EUR ausgegangen und hat festgestellt, dass sich die unmittelbar aus den Drogengeschäften erlangten Vorteile nicht mehr im Besitz des Angeklagten befinden. Eine unbillige Härte nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB sei nicht gegeben, weil die Verfallsanordnung vorliegend das Übermaßverbot nicht verletze. Auch im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB scheide die Annahme eines Härtefalles aus, weil der Angeklagte weder völlig mittellos sei noch seine wirtschaftliche Existenz gefährdet werde.
Rz. 5
Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Wesentlichen ausgeführt:
… „begegnen die Ausführungen des Landgerichts schon zur Höhe des aus den Taten Erlangten durchgreifenden Bedenken. Zum einen erschließt sich bei einem Einkaufspreis von 3.800 Euro nicht der vom Landgericht angenommene Mindestverkaufspreis von 4.300 Euro. Zum anderen ergibt die vom Angeklagten erworbene Gesamtmenge von 37 kg Rauschmittel … auch bei einem Mindestverkaufspreis von 4.300 Euro nicht den errechneten Mindestverkehrswert. Unzureichend sind auch die Ausführungen zu den Voraussetzungen des § 73c StGB. Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB maßgeblichen Umstände ist daher der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht zugänglich. Allerdings kann mit der Revision die rechtsfehlerhafte Auslegung des Tatbestandsmerkmals ‚unbillige Härte’ beanstandet werden (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 11). Daran gemessen ermöglichen die floskelhaften Ausführungen des Landgerichts, mit denen es die Voraussetzungen des § 73c StGB abgelehnt hat (vgl. UA S. 87), nicht die revisionsgerichtliche Überprüfung, ob es den Begriff der unbilligen Härte nach § 73c Abs. 1 S. 1 StGB richtig angewandt und sein Ermessen nach § 73c Abs. 1 S. 2 StGB fehlerfrei ausgeübt hat. Denn das Urteil enthält keine Feststellungen dazu, wie sich die Anordnung des Verfalls konkret auf das Vermögen des Angeklagten auswirkt. Diese Feststellungen zu treffen wäre hier aber veranlasst gewesen (vgl. BGHR StGB § 73c Erörterungsbedarf 1 und Härte 3). Zu den gegenwärtigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten teilt das Landgericht mit, dass der Angeklagte Vater zweier Kinder ist und sich sein Verdienst der letzten zwei Jahre auf monatlich 1.500 Euro belief (UA S. 12). Er verfügte nach den Urteilsausführungen zwar über einen PKW. Mit Ausnahme des Fabrikats und der Karosserieform sind dem Urteil jedoch keine weiteren Angaben zu entnehmen, die valide Rückschlüsse auf dessen Verkehrswert zuließen. Weshalb die Verfallsanordnung in der erkannten Höhe weder die wirtschaftliche Existenz des Angeklagten gefährdet noch gegen das Übermaßverbot verstößt, erschließt sich daher nicht.” …
Rz. 6
Dem stimmt der Senat zu.
Unterschriften
Schäfer, Hubert, Mayer, Gericke, Spaniol
Fundstellen
Haufe-Index 5309344 |
NStZ-RR 2013, 340 |