Leitsatz (amtlich)
Nach Erledigung der Hauptsache im Betreuungsverfahren kann von der Betreuungsbehörde kein Feststellungsantrag nach § 62 FamFG gestellt werden (im Anschluss an BGH v. 15.2.2012 - XII ZB 389/11, FamRZ 2012, 619; v. 24.10.2012 - XII ZB 404/12, FamRZ 2013, 29; v. 13.11.2013 - XII ZB 681/12, FamRZ 2014, 108).
Normenkette
FamFG § 62
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 14.04.2014; Aktenzeichen 309 T 191/13) |
AG Hamburg-Harburg (Entscheidung vom 29.11.2013; Aktenzeichen 608 XVII R 2719) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 9 des LG Hamburg vom 14.4.2014 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 3) zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Beschwerdewert: 5.000 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die 30-jährige Betroffene leidet an einer bipolaren affektiven Störung, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann.
Rz. 2
Das AG hat eine Betreuung eingerichtet und auf ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen die Beteiligte zu 2) als Berufsbetreuerin bestimmt. Dagegen hat die Beteiligte zu 3) als Betreuungsbehörde Beschwerde eingelegt, mit der sie beanstandet hat, dass die Beteiligte zu 2) aufgrund der Vielzahl der von ihr geführten rechtlichen Betreuungen nicht in der Lage sei, die Betroffene im erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen. Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betreuungsbehörde, mit der sie - nachdem das AG inzwischen die Betreuung wegen fehlender Betreubarkeit aufgehoben hat - die Feststellung begehrt, dass die angefochtene Entscheidung die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt habe.
II.
Rz. 3
1. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 70 Abs. 3 Nr. 1 FamFG auch ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft, weil das Verfahren eine Betreuungssache zur Bestellung eines Betreuers zum Gegenstand hat. Daran ändert nichts, dass sich die Rechtsbeschwerde nicht gegen die Anordnung der Betreuung als solche, sondern nur gegen die gleichzeitige Auswahl des Betreuers wendet (BGH v. 9.2.2011 - XII ZB 364/10, FamRZ 2011, 632 Rz. 8; v. 15.9.2010 - XII ZB 166/10, FamRZ 2010, 1897 Rz. 10).
Rz. 4
2. Dadurch, dass das AG die eingerichtete Betreuung durch zwischenzeitlichen Beschluss vom 8.5.2014 aufgehoben hat, ist das Verfahren betreffend die Anordnung der Betreuung in der Hauptsache erledigt.
Rz. 5
a) Gemäß § 62 FamFG kann in dem Fall das Rechtsmittelgericht auf Antrag aussprechen, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Diese Vorschrift gilt auch im Rechtsbeschwerdeverfahren (BGH v. 4.6.2014 - XII ZB 121/14, FamRZ 2014, 1358 Rz. 5 m.w.N.).
Rz. 6
b) Die Betreuungsbehörde ist jedoch nicht befugt, eine Sachentscheidung über einen Feststellungsantrag nach § 62 Abs. 1 FamFG herbeizuführen, denn für diesen Antrag fehlt ihr die erforderliche Antragsberechtigung.
Rz. 7
Ein Antragsrecht ergibt sich für die Betreuungsbehörde insb. nicht aus § 303 Abs. 1 Nr. 1 FamFG, wonach ihr das Recht der Beschwerde gegen Entscheidungen u.a. über die Bestellung eines Betreuers eingeräumt ist. Denn § 62 Abs. 1 FamFG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der "Beschwerdeführer" selbst durch die erledigte Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist. Demgemäß kann nur derjenige Beteiligte nach § 62 Abs. 1 FamFG antragsbefugt sein, dessen eigene Rechtssphäre betroffen ist und der ein berechtigtes Feststellungsinteresse nach § 62 Abs. 2 FamFG hat. Hieraus hat der Senat bereits abgeleitet, dass dem Verfahrenspfleger des Betroffenen trotz seines Beschwerderechts kein eigenes Antragsrecht nach § 62 Abs. 1 FamFG zusteht (BGH v. 15.2.2012 - XII ZB 389/11, FamRZ 2012, 619 Rz. 13). Dasselbe gilt für den nach § 303 Abs. 2 FamFG privilegierten Personenkreis bestimmter Angehöriger und Vertrauenspersonen des Betroffenen (BGH v. 24.10.2012 - XII ZB 404/12, FamRZ 2013, 29 Rz. 6 ff.; vgl. auch BGH vom 13.11.2013 - XII ZB 681/12, FamRZ 2014, 108 Rz. 4). Ebenso wie diesen Verfahrensbeteiligten steht auch der Betreuungsbehörde das Antragsrecht nach § 62 FamFG nicht zu.
Fundstellen
Haufe-Index 7281924 |
EBE/BGH 2014 |
FamRZ 2014, 1916 |
FuR 2015, 43 |
FGPrax 2014, 281 |
BtPrax 2014, 274 |
JZ 2014, 665 |
MDR 2014, 1340 |