Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldfälschung
Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang des Verbrauchs der Strafklage in Fällen der wiederholten Verwirklichung des Tatbestandes der Geldfälschung.
Normenkette
StGB § 146 Abs. 1 Nrn. 2-3; StPO § 206a
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 22.04.2010) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 22. April 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Anstiftung zur Geldfälschung schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision führt auf die Sachrüge zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Rz. 2
Nach den Feststellungen überließ der Angeklagte dem Zeugen S., dem er bereits im Herbst 2004 „einen falschen 10,– EUR-Schein als Muster” übergeben hatte, „um Weihnachten 2004 herum” mindestens 3.900 falsche 10 Euro-Scheine. Er teilte dem Zeugen hierbei mit, dass es sich um Falschgeld handeln würde; zugleich vereinbarte er mit S., dass das Falschgeld als Sicherheit für einen von ihm – dem Angeklagten – geschuldeten Geldbetrag dienen sollte. „Um die Jahreswende 2005/2006 herum” erklärte der Angeklagte dem Zeugen, dass er seine Schulden nicht begleichen könne; er forderte den Zeugen zum Weiterverkauf des Falschgeldes auf. Dementsprechend verkaufte S. das Falschgeld im Rahmen von drei Absatzgeschäften.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Die erhobene Rüge der Verletzung formellen Rechts ist bereits unzulässig (vgl. insbesondere BGHSt 40, 3, 5; BGH, Beschluss vom 8. Mai 2003 – 5 StR 120/03, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40).
III.
Rz. 4
1. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei mit Blick auf die Aushändigung des Falschgeldes an S. „um Weihnachten des Jahres 2004 herum” wegen Geldfälschung gemäß § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu bestrafen (UA 19), ist rechtsfehlerhaft. Zwar kann die Tatbestandsvariante des Inverkehrbringens auch durch die Hingabe von Falschgeld als Sicherheit erfüllt werden (vgl. Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder StGB 28. Aufl. § 146 Rn. 21). Das Landgericht hat aber nicht bedacht, dass der Angeklagte durch Strafbefehl vom 16. März 2005, rechtskräftig seit dem 20. April 2005, wegen Inverkehrbringens von Falschgeld zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Dem liegt zu Grunde, dass der Angeklagte am 21. März 2004 eine Rechnung mit drei unechten 10-Euro-Scheinen bezahlt hatte. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil hatte der Angeklagte „spätestens im Herbst 2004 … eine größere Summe Falschgeld in Form von nachgemachten 10,– EUR-Scheinen im Nennwert von mindestens 39.000 Euro in seinen Besitz gebracht” (UA 5). Es handelte sich hierbei um dieselbe Fälschungsklasse, der auch die drei unechten, am 21. März 2004 benutzten Banknoten zugehörten (UA 17, 21). Die Strafkammer geht selbst davon aus, dass es „ohne weiteres plausibel (ist), dass der Angeklagte, nachdem er zuvor bei dem Versuch ertappt worden ist, das in seinem Besitz befindliche Falschgeld selbst in Verkehr zu bringen, weitere Absatzgeschäfte als zu risikoreich beurteilt hat und sich dazu entschlossen hat, das Falschgeld zunächst als Sicherheit und später zur Tilgung seiner bei dem Zeugen S. bestehenden und von diesem mit Nachdruck eingeforderten Schulden weiterzugeben” (UA 17).
Rz. 5
2. Danach steht einer Aburteilung der Weitergabe des Falschgeldes um Weihnachten des Jahres 2004 herum die Rechtskraft des Strafbefehls vom 16. März 2005 entgegen (§ 410 Abs. 3 StPO). Es ist nach den Ausführungen des angefochtenen Urteils zumindest nicht auszuschließen, dass das mit dem Strafbefehl abgeurteilte Inverkehrbringen von Falschgeld dieselbe Falschgeldmenge betraf, aus der auch die zu Weihnachten 2004 dem Zeugen S. übergebenen Falsifikate stammten; insoweit ist vom Vorliegen eines Verfahrenshindernisses auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2009 – 3 StR 273/09, NStZ 2010, 160).
Rz. 6
3. Dies führt hier allerdings nicht zu einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 206a StPO, sondern nur zu einer Änderung des Schuldspruchs. Denn der Angeklagte hat den Zeugen S. „um die Jahreswende 2005/2006 herum” aufgefordert, das Falschgeld weiter zu verkaufen. Zwar hat er sich hierdurch nicht einer „erneuten” mittäterschaftlichen Verwirklichung des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig gemacht. Denn Mittäter nach § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB kann nur sein, wer bereits Mittäter des Delikts nach § 146 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 StGB war (Ruß in LK 12. Aufl. § 146 Rn. 29); eine solche Mittäterschaft liegt beim Angeklagten und dem Zeugen S. nicht vor. Jedoch hat der Angeklagte diesen Zeugen durch die vorgenannte Aufforderung dazu bestimmt, das falsche Geld, das der Zeuge sich unter den Voraussetzungen des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB verschafft hatte, als echt in Verkehr zu bringen. Hierunter fällt auch der Absatz durch einen Eingeweihten (vgl. BGHSt 35, 21, 23; 42, 162, 168). Die der Rechtskraft des Strafbefehls zeitlich nachfolgende Anstiftungshandlung wird vom Verbrauch der Strafklage nicht umfasst (vgl. Ruß aaO § 146 Rn. 3). Der Angeklagte hat sich daher gemäß § 26 StGB der Anstiftung zum Verbrechen nach § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig gemacht.
Rz. 7
Der Vorwurf der Anstiftung ist von der zugelassenen Anklage umfasst. Die Aufforderung des Zeugen zum Weiterverkauf des ihm zuvor als Sicherheit überlassenen Falschgeldes ist im konkreten Anklagesatz beschrieben.
Rz. 8
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab; dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil ausgeschlossen werden kann, dass der in der Hauptverhandlung schweigende Angeklagte sich gegen den geänderten Vorwurf erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können. Dazu bietet auch die im angefochtenen Urteil wiedergegebene Aussage des Angeklagten als Zeuge in dem vor dem Landgericht Heidelberg geführten Verfahren gegen S. keinerlei Anhalt.
Rz. 9
Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer den Angeklagten milder bestraft hätte, hätte sie erkannt, dass er sich nicht als Täter, sondern als Anstifter schuldig gemacht hat; nach § 26 StGB wird der Anstifter gleich einem Täter bestraft. Aus den Strafzumessungserwägungen der Strafkammer ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass es sich im konkreten Fall anders verhalten könnte; das gilt auch unter Berücksichtigung des im Urteil vorgenommenen Härteausgleichs (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1990 – 3 StR 59/ 89, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 3; Fischer StGB 57. Aufl. § 55 Rn. 21a).
Unterschriften
Ernemann, Solin-Stojanović, Cierniak, Franke, Bender
Fundstellen
Haufe-Index 2529641 |
NJW 2011, 792 |
BGHR |
EBE/BGH 2010 |
wistra 2011, 27 |
NStZ-RR 2011, 244 |
NJW-Spezial 2010, 729 |
StV 2011, 91 |
StraFo 2011, 103 |