Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 20.07.2018) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 20. Juli 2018, soweit es diese Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. W. wegen bewaffneter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten O. wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Des Weiteren hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen.
Rz. 2
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
Rz. 3
1. Die Verurteilung des Angeklagten D. W. wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Feststellung des Landgerichts, das Einhandklappmesser, welches der Angeklagte während der Einfuhrfahrt griffbereit verstaut in einer Tasche seiner im Fahrzeug liegenden Jacke mit sich führte, sei jedenfalls auch zur Verteidigung in Konfliktfällen vorgesehen gewesen, in den Ausführungen des angefochtenen Urteils zur Beweiswürdigung nicht belegt wird.
Rz. 4
a) Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt unter anderem voraus, dass der Täter den bei der Tat mit sich geführten Gegenstand, wenn es sich bei diesem nicht um eine Schusswaffe handelt, zur Verletzung von Personen bestimmt hat. Um dieses Qualifikationsmerkmal zu verwirklichen, bedarf es einer darauf gerichteten Zweckbestimmung des Täters, die vom Tatrichter grundsätzlich näher festgestellt und begründet werden muss (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 6. September 2017 – 2 StR 280/17; vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Waffe 2; Beschluss vom 9. Oktober 1997 – 3 StR 465/97, BGHSt 43, 266; vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 30a Rn. 119 ff.).
Rz. 5
b) Das Landgericht hat zwar festgestellt, dass das mitgeführte Einhandklappmesser vom Angeklagten jedenfalls auch zur Verteidigung in Konfliktfällen vorgesehen war, diese Feststellung aber nicht – wie geboten – näher begründet. Die Urteilsgründe lassen vielmehr beweiswürdigende Ausführungen zur Zweckbestimmung durch den Angeklagten in Gänze vermissen. Bei dem Einhandklappmesser handelt es sich auch nicht um eine Hieb- oder Stoßwaffe im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2a WaffG oder um eine gekorene Waffe nach § 1 Abs. 2 Nr. 2b WaffG i.V.m. Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 2.1 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG, bei der eine Zweckbestimmung zur Verletzung von Personen so naheliegt, dass es näherer Darlegungen hierzu im tatrichterlichen Urteil nicht bedarf (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 – 3 StR 78/17, StV 2018, 516, 517; Urteil vom 6. September 2017 – 2 StR 280/17 aaO; Beschlüsse vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13; vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466).
Rz. 6
2. Die Verurteilung des Angeklagten O. wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 27 Abs. 1 StGB, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG hat ebenfalls keinen Bestand. Denn die Ausführungen des Landgerichts zu der dem Angeklagten als psychische Beihilfe angelasteten Unterstützung der Einfuhrfahrt erweisen sich als widersprüchlich.
Rz. 7
Im Rahmen der rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer die Unterstützungsleistung des Angeklagten auf die Fahrt selbst bezogen und ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Tätern der Einfuhr durch seine bloße Anwesenheit das Gefühl der Sicherheit vermittelte und insoweit psychische Beihilfe geleistet hat. Demgegenüber hat sie zum Inhalt der von den Tatbeteiligten vor Fahrtantritt in Polen getroffenen Absprache festgestellt, dass der Angeklagte ob seines robusten körperlichen Erscheinungsbildes die vom Mitangeklagten D. W. durchzuführende Betäubungsmittelübergabe moralisch unterstützen sollte, wobei es angesichts des Umstands, dass der Angeklagte O. bei der Übernahme der Betäubungsmittel in den Niederlanden absprachegemäß nicht mitwirkte, nach den Feststellungen offenbleibt, welche Betäubungsmittelübergabe von den Beteiligten gemeint war. Dieser Widerspruch wird durch die weiteren Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht aufgelöst. Soweit das Landgericht im Rahmen der Ausführungen zur Beweiswürdigung mitteilt, dass sich aus in der Hauptverhandlung verlesenen Briefen des Angeklagten O. die Kenntnis von der strafrechtlichen Relevanz der Kurierfahrt und der Eindruck einer ehrlichen und ernsthaften Beichte des Angeklagten gegenüber Angehörigen ergäben, wird dies in den Urteilsgründen weder näher ausgeführt noch in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise belegt.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Cierniak, Bender, Feilcke
Fundstellen
Dokument-Index HI12512765 |