Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Vollstreckung aus einer Haftungsschuld gegen eine Organgesellschaft bei gleichzeitiger Unzulässigkeit der Vollstreckung der Steuerschuld gegen den Organträger
Leitsatz (amtlich)
1. Eine statthafte und auch im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat jedoch keinen Erfolg, wenn weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
2. Hat ein Gläubiger aus einer Haftungsschuld gegen eine Organgesellschaft und nicht aus einer Steuerschuld gegen den Organträger vollstreckt, und hat die Gesellschaft unter dem Druck dieser Vollstreckung Zahlungen auf ihre Haftungsschuld geleistet, dann ist es unerheblich, dass nach steuerrechtlichen Grundsätzen eine Zahlung auf die Haftungsschuld noch nicht hätte vollstreckt werden dürfen.
3. Wird eine Divergenz als Zulassungsgrund geltend gemacht, so muss dargelegt werden, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, von einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder von der Entscheidung eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht.
4. Zulassungsgründe, die in der Nichtzulassungsbeschwerde nicht ausgeführt werden, hat der Senat grundsätzlich nicht zu prüfen.
Normenkette
ZPO § 543 Abs. 2 S. 1; InsO § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Fall 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 6. November 2008 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 28.132,39 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Rz. 2
Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Schuldnerin unter dem Druck der Zwangsvollstreckung des Beklagten als Organgesellschaft auf ihre Haftungsschuld und nicht auf die Steuerschuld des Organträgers geleistet. Dem setzt die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nichts entgegen. Zwar wird ausgeführt, dass nach steuerrechtlichen Grundsätzen eine Zahlung auf die Haftungsschuld (noch) nicht hätte vollstreckt werden dürfen. Tatsächlich hat der Beklagte aber aus der Haftungsschuld gegen die Organgesellschaft und nicht aus der Steuerschuld gegen den Organträger vollstreckt. Zulassungsrelevante Fehler bei der Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Schuldnerin auf eine eigene Verbindlichkeit geleistet hat, werden von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerügt.
Rz. 3
Soweit als Zulassungsgrund Divergenz im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO geltend gemacht wird, fehlt es an der erforderlichen Darlegung, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, von einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder von der Entscheidung eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Mai 2002 – V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 45). Mit der – im Übrigen das Berufungsurteil im Ergebnis stützenden – Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, nach welcher der Haftungsanspruch des Steuerfiskus schon entsteht, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen des Haftungstatbestandes erfüllt sind, ohne dass es hierzu des Erlasses eines Haftungsbescheids bedarf (vgl. BFHE 181, 392, 394 f [BFH 15.10.1996 – VII R 46/96]), so dass das Berufungsgericht im Hinblick auf die von dem Beklagten begonnene Vollstreckung auch insoweit von der Erfüllung der eigenen Haftungsschuld ausgehen konnte, befasst sich die Nichtzulassungsbeschwerde nicht.
Rz. 4
Weitere Zulassungsgründe, die in der Nichtzulassungsbeschwerde nicht ausgeführt werden, hat der Senat grundsätzlich nicht zu prüfen (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 – XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 185; Prütting/ Gehrlein/Ackermann, ZPO, § 544 Rn. 14; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 544 Rn. 10a mwN). Eine nachträgliche Divergenz zu der nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 23. September 2009 (BFHE 226, 391 [BFH 23.09.2009 – VII R 43/08]) besteht nicht. Anders als in dem dort entschiedenen Fall, in dem die Organgesellschaft aus freien Stücken auf die Haftungsschuld gezahlt hat, ist in der vorliegenden Sache aus der Haftungsschuld gegen die Schuldnerin vollstreckt worden. Dass der Bundesfinanzhof den seiner Entscheidung vom 15. Oktober 1996 (BFHE 181, 392) zugrundeliegenden Rechtsstandpunkt allgemein aufgegeben hat, nach der für die Entstehung des Haftungsanspruchs die gesetzlichen Voraussetzungen des Haftungstatbestandes ausreichend sind, ist nicht zu erkennen.
Rz. 5
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Fundstellen