Entscheidungsstichwort (Thema)
Warenzeichenanmeldung C 35 412/41 Wz
Leitsatz (amtlich)
Auch nach dem neuen Markenrecht können besondere Umstände die Annahme einer Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen nahelegen, auch wenn Dienstleistungen generell weder mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln noch mit den durch sie erzielten Ergebnissen, soweit sie Waren hervorbringen, für ähnlich zu erachten sind; es ist danach zu fragen, ob der Verkehr der Fehlvorstellung unterliegt, der Hersteller der Waren trete (auch) als Erbringer der in Frage stehenden Dienstleistungen auf oder umgekehrt.
Normenkette
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des 29. Senats (Warenzeichen-Beschwerdesenats VI) des Bundespatentgerichts vom 6. April 1994 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 29. Juli 1986 eingereichten Anmeldung Schutz für das Wortzeichen
CANNON
für die Waren und Dienstleistungen
„auf Videobandkassetten aufgezeichnete Filme (Videofilmkassetten); Produktion, Verleih und Vorführung von Filmen für Lichtspieltheater und Fernsehanstalten”.
Der gemäß § 5 Abs. 2 WZG bekanntgemachten Anmeldung hat die Inhaberin des prioritätsälteren Wortzeichens Nr. 982 522
Canon
aus den Gründen des § 5 Abs. 4 Nr. 1 WZG widersprochen. Das Widerspruchszeichen ist u.a. eingetragen für
„Steh- und Laufbildkameras und -projektoren; Fernsehaufnahme- und Fernsehaufzeichnungsgeräte, Fernsehübertragungsgeräte, Fernsehempfangs- und -wiedergabegeräte, einschließlich Band- und Plattengeräte für Fernsehaufnahme und -wiedergabe”.
Die Prüfungsstelle für Klasse 41 Wz des Deutschen Patentamts hat durch den Erstprüfer die zeichenrechtliche Übereinstimmung der einander gegenüberstehenden Zeichen angenommen und der Anmeldung die Eintragung versagt. Der Erinnerungsprüfer hat diesen Beschluß aufgehoben und den Widerspruch wegen fehlender Gleichartigkeit der Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist erfolglos geblieben.
Dagegen richtet sich die (zugelassene) Rechtsbeschwerde der Widersprechenden, mit der sie ihren Widerspruch weiterverfolgt. Die Anmelderin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Durch Beschluß vom 12. Dezember 1996 hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 177 Abs. 3 EGV folgende Frage zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 lit. b MarkenRL zur Vorabentscheidung vorgelegt (GRUR 1997, 221 = WRP 1997, 557):
„Kann bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen die Kennzeichnungskraft, insbesondere die Bekanntheit der prioritätsälteren Marke (zum Zeitpunkt des für den Zeitrang der jüngeren Marke maßgeblichen Tages), zu berücksichtigen sein, insbesondere dergestalt, daß die Verwechslungsgefahr i.S. des Art. 4 Abs. 1 lit. b Markenrechtsrichtlinie auch dann zu bejahen ist, wenn der Verkehr die Waren und/oder Dienstleistungen unterschiedlichen Herkunftsstätten zuordnet?”
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat hierüber durch Urteil vom 29. September 1998 wie folgt entschieden (GRUR 1998, 922 = WRP 1998, 1165):
„1. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, daß die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke, insbesondere ihre Bekanntheit, bei der Beurteilung zu berücksichtigen ist, ob die Ähnlichkeit zwischen den durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen ausreicht, um eine Verwechslungsgefahr herbeizuführen.
2. Eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/104 kann auch dann bestehen, wenn für das Publikum die betreffenden Waren oder Dienstleistungen an unterschiedlichen Orten hergestellt oder erbracht werden. Dagegen ist das Bestehen einer solchen Gefahr ausgeschlossen, wenn sich nicht ergibt, daß das Publikum glauben könnte, daß die betreffenden Waren oder Erzeugnisse aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.”
II. Das Bundespatentgericht hat die Gleichartigkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen i.S. von § 5 Abs. 4 Nr. 1 WZG verneint und dazu ausgeführt:
Die Ware „Videofilmkassetten” des angemeldeten Zeichens stehe den Waren „Fernsehaufnahme- und Fernsehaufzeichnungsgeräte, Fernsehübertragungsgeräte, Fernsehempfangs- und -wiedergabegeräte, einschließlich Band- und Plattengeräte für Fernsehaufnahme und -wiedergabe” des Widerspruchszeichens am nächsten. Gleichartigkeit dieser einander gegenüberstehenden Waren sei jedoch zu verneinen; es komme deshalb nicht auf die Frage an, ob die Widersprechende ihr Zeichen für die genannten Waren auch rechtserhaltend benutzt habe. Zwar sei in ständiger Rechtsprechung die Gleichartigkeit von Tonträgern mit entsprechenden Wiedergabegeräten festgestellt worden, da eine Reihe großer Firmen neben audio-akustischen Geräten einschließlich Lautsprechern auch bespielte und unbespielte Tonträger in ihrem Programm führten. Davon könne aber im Bereich der Bildaufzeichnung und -wiedergabe, insbesondere im Videobereich (wie auch bei der Filmproduktion) nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Das Bundespatentgericht habe schon 1989 festgestellt, daß unter den Produzenten von Videobändern im Industriekatalog von Seibt von 1988 kein einziger Hersteller von Geräten der Unterhaltungselektronik zu finden sei. Insoweit hätten sich jedenfalls in bezug auf bespielte Videokassetten zwischenzeitlich keine wesentlichen Änderungen ergeben. Die Nachfrage in einschlägigen Fachgeschäften habe ergeben, daß im Sortiment bespielter Videokassetten kein Name eines Herstellers von Fernsehgeräten oder Videorekordern zu finden sei. Es könne daher nicht angenommen werden, daß der angesprochene Durchschnittskäufer der Meinung sei, bespielte Videobänder und die entsprechenden Aufnahme- und Wiedergabegeräte stammten aus demselben Geschäftsbetrieb.
Insoweit könne offenbleiben, in welchem Umfang Hersteller von Videokameras und -rekordern mit ihren Namen versehene unbespielte Videokassetten anböten, da auch den angesprochenen allgemeinen Verkehrsteilnehmern die davon zu unterscheidenden Voraussetzungen für die Herstellung bespielter Kassetten ausreichend bekannt seien. Soweit führende Hersteller von Videokassetten diese sowohl in bespielter als auch in unbespielter Form anböten, folge daraus nicht, daß auch die bespielten Kassetten denselben Firmennamen oder dasselbe Warenzeichen trügen wie die unbespielten. Auch soweit hier Überschneidungen vorlägen, führe dies nicht ohne weiteres zu der Annahme, daß auch die Hersteller der entsprechenden Aufnahme- und Wiedergabegeräte Videokassetten bespielten.
Auch sei eine Gleichartigkeit der in dem angemeldeten Zeichen genannten Dienstleistungen „Produktion, Verleih und Vorführung von Filmen für Lichtspieltheater und Fernsehanstalten” mit den angeführten Waren des Widerspruchszeichens zu verneinen. Die angesprochenen Fachkreise in den Filmtheatern und Fernsehanstalten seien damit vertraut, daß bei der Produktion, dem Verleih und der Vorführung von Filmen die Verwertung von Urheberrechten im Vordergrund stehe; diese habe aber keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Herstellung der im Warenverzeichnis des Widerspruchszeichens enthaltenen Geräte. Die für die Herstellung und Vorführung von Filmen notwendige Verwendung von Kameras und Projektoren verleite nicht in einem zeichenrechtlich relevanten Umfang zu dem irrtümlichen Schluß, die Produzenten der Geräte stellten regelmäßig auch (bespielte) Filme her und verliehen sie oder führten sie vor. Die Bekanntheit des Widerspruchszeichens sei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
III. Die Rechtsbeschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft und auch im übrigen zulässig. Sie hat in der Sache Erfolg.
Über den vor dem 1. Januar 1995 erhobenen Widerspruch ist gemäß § 158 Abs. 2 Satz 2 MarkenG aufgrund der Vorschriften des § 42 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu entscheiden.
Die Eintragung der angemeldeten Marke kann danach auf den Widerspruch nur dann versagt werden, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu erfolgen hat, impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Beschl. v. 8.10.1998 - I ZB 35/95, WRP 1999, 196, 198 - LIBERO, m.w.N.).
1. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist im Streitfall davon auszugehen, daß die beiden Zeichen „CANNON” und „Canon” klanglich identisch sind.
Außerdem ist für das Rechtsbeschwerdeverfahren – mangels abweichender Feststellungen durch das Bundespatentgericht – das Vorbringen der Widersprechenden zu unterstellen, daß die Widerspruchsmarke „Canon” eine bekannte Marke ist, die im November 1985 76,6 % der Bevölkerung dem Namen nach kannten. Daß die zu unterstellende Bekanntheit der Widerspruchsmarke allein aus Rechtsgründen nicht geeignet ist, die Annahme der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit zu rechtfertigen, kann der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften entnommen werden, wenn es dort heißt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 22 - Canon), daß bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL – selbst wenn eine Identität mit einer Marke bestehe, deren Kennzeichnungskraft besonders ausgeprägt sei – weiterhin der Beweis erbracht werden müsse, daß eine Ähnlichkeit zwischen den Waren und Dienstleistungen bestehe.
Angesichts dieser Umstände kann eine Verwechslungsgefahr nur verneint werden, wenn die einander gegenüberstehenden Waren/Dienstleistungen untereinander (absolut) unähnlich sind (BGH WRP 1999, 196, 200 - LIBERO). Das ist bezüglich der Waren der Anmeldung nicht der Fall und bedarf hinsichtlich der angemeldeten Dienstleistungen weiterer Aufklärung.
2. Bei der Auslegung des Begriffs der Warenähnlichkeit – es handelt sich bei der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG um die unmittelbare Übernahme der Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL – ist nach der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auch der Inhalt des 10. Erwägungsgrundes zur Markenrechtsrichtlinie heranzuziehen (GRUR 1998, 922, 923 Tz. 15 - Canon). Dort heißt es, daß es der Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes ist, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten, wobei der Schutz im Fall der Identität zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den Waren oder Dienstleistungen absolut ist, sich aber ebenfalls auf Fälle der Ähnlichkeit von Zeichen und Marken und der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erstreckt. Dabei ist es erforderlich, den Begriff der Ähnlichkeit auch bezüglich der Waren im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen.
Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 23 - Canon). Die im Streitfall in Rede stehenden Waren ergänzen sich in diesem Sinn; sie sind im Gebrauch sogar aufeinander bezogen.
Bezüglich der Waren „Videofilmkassetten” hat das Bundespatentgericht – zum nunmehr nicht mehr maßgeblichen Begriff der Warengleichartigkeit – zwar festgestellt, daß unter den Produzenten von Videobändern in einschlägigen Katalogen kein einziger Hersteller von Geräten der Unterhaltungselektronik zu finden sei, und hat deshalb angenommen, daß der angesprochene Durchschnittskäufer nicht der Meinung sei, bespielte Videobänder und die entsprechenden Aufnahme- und Wiedergabegeräte stammten aus demselben Geschäftsbetrieb. Lediglich aufgrund dieser Gegebenheiten kann allerdings die nunmehr maßgebliche Frage nach der Ähnlichkeit der Waren nicht verneint werden.
Denn damit würde der Frage, in welchem Umfang die einander gegenüberstehenden Waren in denselben Betriebsstätten hergestellt werden, eine Bedeutung beigemessen, die ihr nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL und § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht zukommt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH GRUR 1998, 922, 924 Tz. 28, 29 - Canon; vgl. auch BGH WRP 1999, 196, 199 f. - LIBERO), besteht die Hauptfunktion der Marke darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware ohne Verwechslungsgefahr von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden. Die Marke muß also Gewähr dafür bieten, daß alle Waren, die mit ihr versehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Daher liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, daß die betreffenden Waren aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Diesen Grundsätzen entsprechend ist für die Ähnlichkeit von Waren, anders als bei der Prüfung der Warengleichartigkeit, nicht die Feststellung gleicher Herkunftsstätten entscheidend (EuGH GRUR 1998, 922, 924, Tz. 29 - Canon), sondern die Erwartung des Verkehrs von einer Verantwortlichkeit desselben Unternehmens für die Qualität der Waren, wie dies etwa bei den vom Bundespatentgericht dem Umfang nach offengelassenen Fällen gegeben ist, in denen Hersteller von Videokameras und -rekordern unter ihrem Namen auch unbespielte Videobänder anbieten.
Angesichts dieser engen Verbindung zwischen den in Rede stehenden Waren, insbesondere wegen ihrer Bezogenheit aufeinander, d.h. weil die Geräte, für die das Widerspruchszeichen Schutz genießt, gerade die technischen Mittel darstellen, mit denen die auf den bespielten Videokassetten aufgezeichneten Signale sicht- und hörbar gemacht werden können, kann eine – wenn auch geringe – Warenähnlichkeit nicht verneint werden.
Deshalb kann der angefochtene Beschluß, soweit die angemeldeten Waren betroffen sind, keinen Bestand haben. Das Bundespatentgericht wird die Frage der Verwechslungsgefahr, gegebenenfalls unter Feststellung des Bekanntheitsgrades der Widerspruchsmarke, erneut zu beurteilen haben.
3. Eine Ähnlichkeit der angemeldeten Dienstleistungen mit den Waren der Widerspruchsmarke kann derzeit noch nicht verneint werden.
Es ist allgemein anerkannt, daß – obwohl eine dahingehende eigene Bestimmung anders als früher in § 1 Abs. 2 WZG im Markengesetz nicht enthalten ist – auch die Markenrechtsrichtlinie und das Markengesetz von einer möglichen Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen ausgehen (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 5. Aufl., § 9 Rdn. 56; Fezer, Markenrecht, § 14 Rdn. 396; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rdn. 301; vgl. auch Nr. 5 Buchst. a MarkenRL Protokoll, ABl. (HABM) 1996, 606; a.A. Corte di Cassazione GRUR Int. 1997, 479, 480 - Zucchet).
Obwohl Dienstleistungen generell weder mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln noch mit den durch sie erzielten Ergebnissen, soweit sie Waren hervorbringen (hier: etwa die produzierten Filme), für ähnlich zu erachten sind, können doch besondere Umstände die Feststellung der Ähnlichkeit nahelegen (vgl. zum Warenzeichengesetz: BGH, Beschl. v. 7.11.1985 - I ZB 12/84, GRUR 1986, 380, 382 - RE-WA-MAT; Beschl. v. 23.2.1989 - I ZB 11/87, GRUR 1989, 347, 348 - MICROTONIC). Danach stellt sich die Frage, ob der Verkehr der Fehlvorstellung unterliegt, der Hersteller der Waren, für die die Widerspruchsmarke Schutz genießt, trete (auch) als Produzent, Verleiher oder Vorführer von Filmen auf. Das hat das Bundespatentgericht verneint, weil die notwendige Verwendung von Kameras und Projektoren bei der Herstellung und der Vorführung von Filmen nicht in relevantem Umfang zu dem irrtümlichen Schluß verleite, die Produzenten der Geräte würden regelmäßig auch Filme herstellen, verleihen und vorführen. Diese Annahme beruht allerdings, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt, nicht auf tatsächlichen Ermittlungen, zu denen das Bundespatentgericht von Amts wegen verpflichtet war (vgl. § 13 Abs. 3 WZG i.V. mit § 87 PatG, jetzt: § 73 MarkenG), sondern auf einer bloßen Unterstellung. Die Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse, nämlich ob bereits im Anmeldezeitpunkt namhafte Hersteller von Videoaufnahme- und -abspielgeräten auch bespielte Videofilmkassetten hergestellt und unter ihrer Marke vertrieben haben, wird das Bundespatentgericht nachzuholen haben.
IV. Danach war der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 MarkenG).
Unterschriften
Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Starck, Bornkamm, Pokrant
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.01.1999 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538457 |
BB 1999, 1680 |
NJW 1999, 3490 |
BGHR |
NJW-RR 1999, 1128 |
GRUR 1999, 731 |
Nachschlagewerk BGH |
EuZW 1999, 478 |
MDR 1999, 1399 |
WRP 1999, 928 |
NJWE-WettbR 1999, 256 |
Mitt. 1999, 380 |