Verfahrensgang
LG Cottbus (Urteil vom 13.02.2009) |
Tenor
1. Das Verfahren wird, soweit es den Angeklagten H. betrifft, im Fall II. 5 der Urteilsgründe (Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr) eingestellt.
Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts wird das Verfahren gemäß § 154 a Abs. 2 StPO beschränkt,
- soweit es den Angeklagten S. betrifft, im Fall II. 1 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der schweren Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl und Sachbeschädigung, im Fall II. 2 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung sowie im Fall II. 3 der Urteilsgründe auf den Vorwurf des Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung und Sachbeschädigung,
- soweit es den Angeklagten H. betrifft, im Fall II. 1 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der schweren Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl und Sachbeschädigung sowie im Fall II. 3 der Urteilsgründe auf den Vorwurf des Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung und Sachbeschädigung.
3. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 13. Februar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben,
- soweit es den Angeklagten S. betrifft, im gesamten Strafausspruch,
- soweit es den Angeklagten H. betrifft, im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 1 und II. 3 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, soweit es den Angeklagten H. betrifft, über die weiteren Kosten seines Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
5. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, schwerem Diebstahl und Sachbeschädigung, wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl sowie wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Den Angeklagten H. hat es wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, schwerem Diebstahl und Sachbeschädigung, wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl, wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung, wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt; ferner hat es gegenüber dem Angeklagten H. Maßregeln nach §§ 69, 69 a StGB angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen und rügen die Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
I.
Rz. 2
Die Verurteilung des Angeklagten H. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr im Fall II. 5 der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben, weil es insoweit an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt.
Rz. 3
Das Landgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklage vom 28. Mai 2008 in der Hauptverhandlung beschlossen, in der die Strafkammer mit zwei Berufsrichtern und zwei Jugendschöffen besetzt war. Damit hat es entgegen der gesetzlich vorgesehenen Besetzung – drei Berufsrichter unter Ausschluss der Schöffen – entschieden, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrenshindernis führt (BGHSt 50, 267, 269; Senatsbeschlüsse vom 28. August 2007 – 4 StR 212/07 und vom 31. Juli 2008 – 4 StR 251/08) und die Einstellung des Verfahrens zur Folge hat (§ 206 a Abs. 1 StPO analog).
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
1. Die von den Angeklagten S. und H. erhobenen Verfahrensrügen bleiben aus den vom Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften vom 6. November 2009 dargelegten Gründen ohne Erfolg.
Rz. 5
2. a) In dem nach Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 a Abs. 2 StPO verbleibenden Umfang sind die Schuldsprüche rechtsfehlerfrei. Auch insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts.
Rz. 6
b) Die Rechtsfolgenaussprüche können in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang nicht bestehen bleiben. Die Verfahrensbeschränkung führt beim Angeklagten S. zur Aufhebung sämtlicher Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Beim Angeklagten H. haben die Einzelstrafen in den Fällen II. 1 und 3 der Urteilsgründe sowie die Gesamtstrafe keinen Bestand. Es bedarf insoweit der Zumessung der Strafe durch den neuen Tatrichter, da der Senat nicht mit letzter Sicherheit ausschließen kann, dass sich die aus der Beschränkung ergebenden Änderungen der Schuldsprüche Einfluss auf die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafen haben.
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Solin-Stojanović, Ernemann, Franke
Fundstellen
Haufe-Index 2420141 |
NStZ-RR 2010, 187 |
NStZ-RR 2010, 6 |
StV 2010, 287 |