Entscheidungsstichwort (Thema)
Verabredung zum Mord
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 16. Juli 1999, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
- im Schuldspruch mit den Feststellungen, soweit der Angeklagte wegen Diebstahls in zwei Fällen, wegen Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung sowie wegen Beleidigung (Fälle II. 1a bis d der Urteilsgründe) verurteilt worden ist,
- im Ausspruch über die Jugendstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen
- hinsichtlich der Fälle II. 1a bis d der Urteilsgründe an das Amtsgericht – Jugendschöffengericht – Regensburg,
- hinsichtlich des Falles II. 2 der Urteilsgründe (Verabredung zum Mord in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge und Raub) an eine andere Jugendkammer des Landgerichts Traunstein, die auch über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden hat.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht Traunstein hat den Angeklagten wegen in Regensburg und Umgebung begangenen Diebstahls in zwei Fällen, wegen Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung, wegen Beleidigung (Fälle II. 1a bis d der Urteilsgründe) sowie wegen einer in der Justizvollzugsanstalt Laufen-Lebenau begangenen Verabredung zum Mord in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge und Raub zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
1. Der Schuldspruch in den Fällen II. 1a bis d der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben. Die Jugendkammer des Landgerichts Traunstein war für die Entscheidung nicht zuständig. Die Verbindung von Strafsachen, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betrifft, kann nicht durch eine Vereinbarung der beteiligten Gerichte nach § 13 Abs. 2 StPO verbunden werden (BGHSt 22, 232; Pfeiffer in KK 4. Aufl. § 13 Rdn. 3). Eine die sachliche Zuständigkeit verändernde Verbindung kann nur durch Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts herbeigeführt werden (§ 4 Abs. 2 StPO). Daran fehlt es, so daß die Verbindung der beiden Verfahren unwirksam ist (vgl. BGHR StPO § 4 Verbindung 9, 12; vgl. zu allem auch Felsch NStZ 1996, 163 ff.). Das Verfahren ist deshalb noch beim Amtsgericht – Jugendschöffengericht – Regensburg rechtshängig.
2. Die Überprüfung des Schuldspruchs im Fall II. 2 der Urteilsgründe aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt. Der Ausspruch über die verhängte Jugendstrafe hat schon wegen des Wegfalls der Verurteilung in den Fällen II. 1a bis d der Urteilsgründe keinen Bestand. Im übrigen rügt die Revision zu Recht, das Landgericht habe der erziehungsberechtigten Mutter des Angeklagten nicht das ihr zustehende letzte Wort gewährt.
Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:
„Neben einem jugendlichen Angeklagten ist gemäß § 67 Abs. 1 JGG i.V. m. § 258 Abs. 2 und 3 StPO dessen Erziehungsberechtigten oder gesetzlichem Vertreter stets von Amts wegen – und nicht nur auf Verlangen – das letzte Wort zu erteilen (BGHSt 21, 288, 289; BGH NStZ 1996, 612). Angesichts der dienstlichen Stellungnahmen des Richters am Landgericht Dr. S. sowie der Urkundsbeamtin Justizsekretärin L. ist davon auszugehen, dass die Mutter des Angeklagten nach Schließung der Beweisaufnahme am 16. Juli 1999 in der Hauptverhandlung anwesend war, als dem Angeklagten nach den Schlussvorträgen das letzte Wort erteilt wurde. Da die (negative) Beweiskraft des Protokolls gemäß § 274 StPO sich nicht auf die Abwesenheit von Personen, deren Anwesenheit das Gesetz nicht zwingend vorschreibt, erstreckt, kann daraus, dass dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob die Mutter des Angeklagten bis zum Ende der Hauptverhandlung anwesend war, nicht geschlossen werden, dass sie den Sitzungssaal vorzeitig verlassen hat. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Schlussvorträge und des letzten Wortes sowie des anschließend verkündeten Urteils ist es vielmehr nahe liegend, dass die Mutter des Angeklagten der Hauptverhandlung bis zu deren Schluss beigewohnt hat (vgl. hierzu BGH NStZ 1999, 426). Ihr hätte als Erziehungsberechtigter (§ 1626 Abs. 1 BGB) daher ebenfalls das letzte Wort erteilt werden müssen.
Dieser Verfahrensverstoß führt jedoch nur zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil das Urteil lediglich insoweit auf ihm beruhen kann. Den Schuldspruch lässt er unberührt. Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten – auch hinsichtlich des Falles II. 2 – weitgehend eingeräumt. Die Mutter des Angeklagten war nicht Zeugin der Geschehnisse in der Justizvollzugsanstalt Laufen-Lebenau. Auch dem Revisionsvorbringen ist nicht zu entnehmen, welche entlastenden Umstände zur Schuldfrage die Mutter des Angeklagten – die im übrigen in der Hauptverhandlung angehört wurde (SA Bd. II Bl. 185) – hätte vortragen können. Der Verfahrensverstoß kann sich aber auf die Entscheidung zum Strafausspruch ausgewirkt haben. Die Schlussvorträge hätten der Mutter des Angeklagten möglicherweise Anlass zu ihre bisherigen Angaben ergänzenden Ausführungen gegeben, wäre ihr das letzte Wort erteilt worden. Das Landgericht hat bei der Strafzumessung, vor allem bei der Feststellung schädlicher Neigungen, ausdrücklich auf die Lebensumstände des Angeklagten Bezug genommen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die diesbezüglichen Erwägungen der Jugendkammer anders ausgefallen wären, wäre der Mutter des Angeklagten das letzte Wort gewährt worden.”
Unterschriften
Maul, Granderath, Boetticher, Schomburg, Schluckebier
Fundstellen
Haufe-Index 540147 |
NStZ 2000, 435 |
StV 2001, 172 |