Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 18.06.2019; Aktenzeichen 36 Js 220/18 8 KLs 1/19) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 18. Juni 2019 wird als unbegründet verworfen.
Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen; jedoch hat er die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen schuldig gesprochen, gegen ihn einen Dauerarrest von vier Wochen verhängt und eine Anordnung hinsichtlich der Einziehung seines Mobiltelefons getroffen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte „die Verletzung formellen und materiellen Rechts”. Das Rechtsmittel ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Rz. 2
1. Das schriftliche Urteil wurde wirksam zugestellt und die Revisionsbegründungsfrist mit der Zustellung in Gang gesetzt.
Rz. 3
Bedenken gegen eine wirksame Zustellung bestehen nicht deshalb, weil die Urteilsformel in der zugestellten Urteilsurkunde gänzlich fehlte (BGH, Urteile vom 11. November 1998 – 5 StR 325/98, BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 7; vom 5. September 2007 – 2 StR 306/07, StraFo 2007, 502). Die Urteilsformel ist nach § 268 Abs. 2 Satz 1 StPO bei der Verkündung zu verlesen und nach § 273 Abs. 1 StPO in die Sitzungsschrift aufzunehmen. Die maßgebliche Information über den Inhalt der Urteilsformel ergibt sich aus der protokollierten Verkündung (§§ 268 Abs. 2 Satz 1, 273 Abs. 1, 274 StPO; vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1955 – 5 StR 43/55, BGHSt 8, 41; Urteil vom 11. November 1998 – 5 StR 325/98, BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 7). Die fehlende Wiedergabe der Urteilsformel in der Urteilsurkunde beruht deshalb ersichtlich auf einem offensichtlichen Versehen, das sowohl für die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägervertreterin als auch die Angeklagten und ihre Verteidiger, die sämtlich bei der Urteilsverkündung zugegen waren, offenkundig war. Damit war der Berichtigungsbeschluss des Landgerichts vom 26. September 2019 zulässig. Seiner Zustellung bedurfte es im vorliegenden Fall zur Ingangsetzung der Revisionsbegründungsfrist nicht (BGH, Urteil vom 5. September 2007 – 2 StR 306/07, StraFo 2007, 502).
Rz. 4
2. Zu dem Rechtsmittel des Angeklagten K. hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift ausgeführt:
„…Die Revision ist zulässig (§ 344 Abs. 1 StPO); die Anfechtungsbeschränkung gemäß § 55 Abs. 1 JGG greift hier nicht ein.
Werden im angefochtenen Urteil lediglich Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel angeordnet, stellt es zwar gemäß § 55 Abs. 1 JGG ein unzulässiges Ziel der Anfechtung dar, wenn nur die Auswahl der Maßnahmen angefochten wird, die Anordnung anderer oder weiterer Erziehungsmaßnahmen oder Zuchtmittel erreicht werden soll oder das Rechtsmittel sich gegen den Umfang der angeordneten Maßnahmen wendet, wobei es auch einen unzulässigen Angriff gegen den Umfang der Maßnahmen bedeutet, wenn mit dem Rechtsmittel nicht nur ein geringeres Ausmaß, sondern ein gänzliches Absehen davon erreicht werden soll. Wegen dieser sachlichen Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeit, nach der die Anfechtung nur darauf gestützt werden kann, dass die Schuldfrage rechtlich oder tatsächlich falsch beantwortet oder die Sanktion selbst rechtswidrig ist, muss das Anfechtungsziel so eindeutig mitgeteilt werden, dass die Verfolgung eines unzulässigen Ziels sicher ausgeschlossen werden kann (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2013 – 1 StR 278/13, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 6; vom 22. Oktober 2013 – 3 StR 323/13 [insow. in NStZ-RR 2014, 11 nicht abgedr.] und vom 17. September 2017 – 5 StR 407/17; Meyer-Goßner/Schmitt StPO, 62. Aufl., § 344 Rn. 3a).
Hier hat das Landgericht neben dem Zuchtmittel des Jugendarrests (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 JGG) allerdings auch eine Einziehungsentscheidung gemäß § 74 Abs.1, § 74f Abs. 1 StGB getroffen. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut („lediglich”) ist die Beschränkungsvorschrift des § 55 Abs. 1 Satz 1 JGG deshalb vorliegend nicht einschlägig. Damit entfällt das Erfordernis der eindeutigen Benennung eines danach zulässigen Angriffsziels; die Erhebung der allgemeinen Sachrüge genügt.
Die Revision ist allerdings unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Verfahrensrüge ist nicht zulässig erhoben worden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf…”
Rz. 5
Dem schließt sich der Senat an.
Rz. 6
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 74, 109 Abs. 2 JGG, § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Bender, Quentin, Bartel
Fundstellen
Dokument-Index HI13857713 |