Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 01.10.2001) |
Tenor
1. Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 1. Oktober 2001 zu gewähren, ist gegenstandslos.
2. Das Verfahren wird gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall III B 8 der Urteilsgründe wegen Bestechung verurteilt worden ist. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
3. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, daß die Verurteilung wegen Bestechung im Fall III B 8 der Urteilsgründe entfällt.
4. Die weiter gehende Revision wird als unbegründet verworfen.
5. Der Angeklagte hat die übrigen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechung in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Sachrüge, die er nach fristgerecht eingelegter Revision und nach Zustellung einer unvollständigen Ausfertigung des Urteils binnen Monatsfrist allgemein – verbunden mit einem uneingeschränkten Aufhebungsantrag – erhoben hat. Die Sachrüge hat er auf eine erneute, nunmehr ordnungsgemäße Zustellung des Urteils mit vollständigen Urteilsgründen erst nach Ablauf eines weiteren Monats näher ausgeführt. Insoweit hat der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragt.
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist gegenstandslos, weil die Revision fristgerecht begründet worden ist. Nach Urteilsverkündung kann die Sachrüge gemäß §§ 344 Abs. 2, 345 Abs. 1 StPO („spätestens”) bis zum Ablauf der einmonatigen Revisionsbegründungsfrist in allgemeiner Form erhoben werden. Dies ist mit der ersten Revisionsbegründungsschrift des Verteidigers geschehen. Der Umstand, daß eine wirksame – wegen vorangegangener Mängel erneute – Zustellung des Urteils für den Beginn dieser Begründungsfrist noch ausstand (§§ 343 Abs. 2, 345 Abs. 1 Satz 2 StPO) und erst später nachgeholt wurde, berührt die Zulässigkeit der bereits erhobenen Rüge nicht (vgl. OLG Köln VRS 70, 370, 371; Kuckein in KK 4. Aufl. § 345 Rdn. 9; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 345 Rdn. 3). Dabei steht es dem Beschwerdeführer offen, die Sachrüge bis zur Entscheidung des Revisionsgerichts näher auszuführen (BGH NStZ 1988, 17, 20), ohne nach der erneuten Zustellung des Urteils an die Frist des § 345 Abs. 1 StPO gebunden zu sein. Eine Wiedereinsetzung ist somit weder möglich noch erforderlich, da der Senat auf die ordnungsgemäß erhobene Sachrüge hin verpflichtet ist, das Urteil unter jedem Gesichtspunkt auf eine Verletzung des materiellen Rechts zu prüfen (BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 9, 10 a.E.). Da der Angeklagte in seiner zweiten Revisionsbegründungsschrift darüber hinaus keine weitergehenden Revisionsanträge oder Verfahrensrügen gemäß § 344 Abs. 2 StPO (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 11) erhoben hat, geht sein Wiedereinsetzungsantrag ins Leere. Über diesen war daher nicht zu entscheiden.
2. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte wegen Bestechung im Fall III B 8 der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Die aufgrund dieser Teileinstellung erfolgte Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der wegen dieser Tat verhängten Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten. Der Senat kann im Hinblick auf die Höhe der verbleibenden elf Einzelfreiheitsstrafen (Freiheitsstrafen von drei bis acht Monaten) ausschließen, daß sich der Wegfall dieser Strafe auf den Ausspruch über die Gesamtstrafe ausgewirkt hätte.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen unter Berücksichtigung der teilweisen Verfahrenseinstellung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: Bei der ursprünglichen Datumsangabe „1966” (statt 1996) als Tatzeit im Fall III B 1 der Urteilsgründe (UA 16) handelte es sich um ein für alle Verfahrensbeteiligten aus Urteil und Anklageschrift offenkundiges Schreibversehen, wie dies durch den späteren Berichtigungsbeschluß des Landgerichts klargestellt worden ist (vgl. BGHSt 12, 374, 376 ff.; BGHR StPO § 267 Berichtigung 2 m.w.N.).
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Kuckein, Solin-Stojanović, Ernemann
Fundstellen