Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 19.07.2017) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt
aa) hinsichtlich des Vorwurfs des unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall der ersten Ernte der Plantage „T.” (Fall II.2 der Urteilsgründe),
bb) hinsichtlich des Vorwurfs des unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Fall der ersten Ernte der Plantage „Ba.” (Fall II.4 der Urteilsgründe),
cc) hinsichtlich des Vorwurfs der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen II.5, II.6 und II.7 der Urteilsgründe;
insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;
- das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO eingestellt im Fall des weiteren Anbaus von Cannabis in der Plantage „Ba.” (Fall II.4 der Urteilsgründe); insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;
- das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. Juli 2017 im Schuldspruch und im Ausspruch über die Einziehung dahin geändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 108.914 EUR angeordnet ist.
2. Die weiter gehende Revision wird mit der Maßgabe verworfen, dass die in Kroatien erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1: 1 auf die verhängte Strafe anzurechnen ist.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 23 Fällen und wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt und u.a. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 345.247 EUR angeordnet. Die dagegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler erkennen lassen.
I.
Rz. 2
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils betrieben der Angeklagte A. und der gesondert verfolgte J. in H. eine Marihuanaplantage („T.”), an deren Errichtung sich auch der Mitangeklagte Ak. beteiligte. Der Reinerlös sollte zu gleichen Teilen aufgeteilt werden. Beim ersten Anbau im Mai 2014 wurden die Cannabispflanzen von Schädlingen befallen, die gesamte Ernte wurde für 15.000 EUR verkauft. In der Folgezeit kam es nach Anschluss eines „Fachmanns” an die Bande zu elf weiteren Ernten, bei denen insgesamt 47,7 kg Marihuana mit 8.641,4 g Wirkstoffgehalt gewonnen wurden. Dem Angeklagten A. oblag in erster Linie der Verkauf des Marihuanas. Er erhielt von dem Verkaufserlös ein Viertel, insgesamt 66.780 EUR. Eine weitere Plantage, „L.”, wurde Anfang 2015 in W. eingerichtet, an der sich zusätzlich noch ein Bekannter des J. beteiligte. Der Angeklagte A. partizipierte dementsprechend zu einem Fünftel an den Verkaufserlösen aus dieser Plantage. Er erhielt aus neun Ernten von jeweils 4,275 kg Marihuana mit 778 g Wirkstoffgehalt einen Anteil am Verkaufserlös von insgesamt 42.134 EUR. Die dritte Plantage, „Ba.”, wurde ohne Beteiligung des Mitangeklagten Ak. durch den Angeklagten und J. in E. eingerichtet. Hier kam es nur zu einer einzigen Ernte; als weitere Tat hat das Landgericht den erneuten Anbau von Marihuanapflanzen gewertet (UA S. 39).
Rz. 3
Im Oktober 2015 beteiligte sich der Angeklagte an dem Kauf von einem kg Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 70 % durch J. in Am.. Er verkaufte es gewinnbringend an einen ihm bekannten Abnehmer in E. (Fall II.5 der Urteilsgründe). Im November 2015 kam es zur Einfuhr und zum Verkauf von 18 kg Marihuana aus Belgien (Fall II.6 der Urteilsgründe). Anfang Dezember 2015 kauften der Angeklagte und J. in Am. acht kg Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 70 %, das von einem unbekannten Kurier nach Deutschland transportiert wurde. Von dem Kokain entnahm der Angeklagte 100 g zum Eigenverbrauch, die restlichen 7,9 kg verkaufte er gewinnbringend (Fall II.7 der Urteilsgründe).
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts in den Fällen II.2 – Plantage „T.” erste Ernte –, II.4 – Plantage „Ba.” erste Ernte –, II.5, 6 und 7 der Urteilsgründe aus verfahrensökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein. Bei der Tat II.2 der Urteilsgründe – Plantage „T.” erste Ernte – lassen die bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht erkennen, welche Menge Marihuana mit welchem Wirkstoffgehalt geerntet wurde. Hinsichtlich der Tat II.4 der Urteilsgründe – Plantage „Ba.” – fehlen Feststellungen, welche Personen außer dem Angeklagten und dem gesondert verfolgten J. an der Bande beteiligt waren. In beiden Fällen ist ein bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 1 BtMG nicht belegt. In den Fällen II.5 und II.7 der Urteilsgründe belegen die Feststellungen keine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten A. an der Einfuhr des Kokains (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 259 mwN). Im Fall II.6 der Urteilsgründe (UA S. 20) sind die Feststellungen so verworren und widersprüchlich, dass ihnen keine konkrete Tathandlung des Angeklagten A. zu entnehmen ist.
Rz. 5
2. Den Fall II.4 – Plantage „Ba.” weiterer Anbau – stellt der Senat gemäß § 206a StPO ein, weil es insoweit an der Verfahrensvoraussetzung einer zugelassenen Anklage fehlt. In der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage vom 8. Februar 2017 wird dem Angeklagten hinsichtlich der Plantage „Ba.” lediglich eine Ernte zur Last gelegt. Auf die Frage, ob der Grundsatz der Spezialität gewahrt ist, kommt es demgemäß nicht mehr an.
Rz. 6
3. Die Teileinstellung des Verfahrens hat eine Änderung des Schuldspruchs zur Folge. Die Gesamtstrafe kann bestehen bleiben. Der Senat kann angesichts der verbleibenden 20 Einzelstrafen – 19 Freiheitsstrafen von je sechs Jahren und eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten – ausschließen, dass die Strafkammer ohne die die eingestellten Taten betreffenden Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtstrafe als sieben Jahre und sechs Monate erkannt hätte. Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen ist auf den Betrag von 108.914 EUR, welche der Angeklagte aus den noch verfahrensgegenständlichen Taten erlangt hat, zu korrigieren.
Rz. 7
4. Das Landgericht hat es allerdings entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB unterlassen, für die von dem Angeklagten in dieser Sache in Kroatien erlittene Auslieferungshaft den Anrechnungsmaßstab zu bestimmen, der vom erkennenden Gericht festzusetzen ist. Da hier nur ein solcher von 1: 1 in Betracht kommt, setzt der Senat diesen in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst fest (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2016 – 3 StR 245/16; vom 12. Juli 2016 – 2 StR 440/15, jew. mwN).
Rz. 8
5. Wegen des nur geringfügigen Erfolges des Rechtsmittels besteht für eine Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO kein Anlass.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Cierniak, Bender, Feilcke
Fundstellen
Dokument-Index HI11844731 |