Tenor
Die Untersuchung und Entscheidung der Sache wird gemäß § 13a StPO dem Landgericht Wiesbaden übertragen.
Gründe
Rz. 1
Der Senat hat dem Antrag, gemäß § 13a StPO das zuständige Gericht zu bestimmen, stattgegeben.
Rz. 2
Ein zuständiges Gericht in der Bundesrepublik Deutschland ist nach gegenwärtiger Aktenlage nicht ermittelt.
Rz. 3
Der Senat bestimmt das Landgericht Wiesbaden, bei dem die vorlegende Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat.
Rz. 4
1. § 13a StPO ermöglicht eine Bestimmung des Gerichtsstandes, d.h. der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszugs, für die Untersuchung und Entscheidung einer Strafsache, wenn es im Geltungsbereich der Strafprozessordnung an einem zuständigen Gericht (§§ 7 ff. StPO) fehlt oder ein solcher nicht ermittelt ist und deutsches Strafrecht nicht offenkundig unanwendbar ist. Die Regelung setzt – ebenso wie die sonstigen Vorschriften über den Gerichtsstand – eine durch Sachverhaltsmerkmale wie etwa Ort, Zeit, Art der Ausführung und Täter hinreichend konkretisierte und individualisierte Tat als Bezugsgegenstand des Verfahrens voraus (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Oktober 1993 – 2 ARs 164/93, juris Rn. 7; Beschluss vom 12. Februar 1997 – 2 ARs 62/97, juris Rn. 1; BGH, Beschluss vom 12. August 1999 – 3 ARs 9/99, juris Rn. 7 f.; Senat, Beschluss vom 28. März 2018 – 2 ARs 97/18, juris Rn. 2; Beschluss vom 12. Mai 2020 – 2 ARs 121/20, juris Rn. 3).
Rz. 5
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Tatopfer, ein deutscher Staatsbürger, ist am 17. April 2020 gegen 15.30 Uhr in G. (Mexiko) nach einem Streit mit Anrainern seines Grundstücks mit Waffengewalt verschleppt und am Nachmittag des 18. April 2020 ermordet in einem Auto aufgefunden worden. Damit liegt eine hinreichend bestimmte und individualisierte Tat vor, auch wenn der oder die Täter bislang noch nicht ermittelt sind.
Rz. 6
2. Eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 13a StPO ist auch nach der Ergänzung des § 143 Abs. 1 GVG durch das Gesetz für einen Gerichtsstand bei besonderer Auslandsverwendung der Bundeswehr vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 89) nicht entbehrlich geworden. Gemäß dem neu eingeführten § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG ist nunmehr stets die erstbefasste Staatsanwaltschaft zuständig, wenn es im Geltungsbereich der Strafprozessordnung an einem zuständigen Gericht fehlt oder ein solches nicht ermittelt ist. Die nur für das Ermittlungsverfahren einschlägige Neuregelung soll Lücken schließen, insbesondere dann, wenn eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Bundesgerichtshof nach § 13a StPO ausscheidet, etwa weil die Tat nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterfällt und es deshalb an einem für die Durchführung eines strafgerichtlichen Verfahrens zuständigen deutschen Gericht fehlt (BT-Drucks. 17/9694, S. 8; KK-StPO/Mayer, 8. Aufl., GVG § 143 Rn. 1; weitere Beispiele vgl. Senat, Beschluss vom 28. März 2018 – 2 ARs 97/18; Beschluss vom 12. Mai 2020 – 2 ARs 121/20).
Rz. 7
Wenn hingegen – wie hier – die Voraussetzungen des § 13a StPO vorliegen, obliegt es dem Bundesgerichtshof, das zuständige Gericht und daran anknüpfend die für das Ermittlungsverfahren zuständige Staatsanwaltschaft zu bestimmen. Weder überlagert noch schmälert § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG insoweit den Anwendungsbereich des § 13a StPO.
Unterschriften
Franke, Appl, Zeng, Grube, Schmidt
Fundstellen
Haufe-Index 14033483 |
NStZ-RR 2020, 320 |
StV 2020, 809 |