Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.04.2014) |
Tenor
1. Nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28. April 2014 wird dem Angeklagten von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil
- im Schuldspruch dahin geändert und klargestellt, dass der Angeklagte des zweifachen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung jeweils in Tateinheit mit Zuhälterei, in einem Fall zudem in Tateinheit mit Verbreitung jugendpornographischer Schriften, Körperverletzung, Bedrohung, versuchter Nötigung und unerlaubtem Führen eines Butterflymessers, im anderen Fall in zusätzlicher Tateinheit mit dreifacher Körperverletzung und Nötigung, tatmehrheitlich hierzu des versuchten Betrugs sowie der Vergewaltigung in zwei Fällen, hiervon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung, schuldig ist;
- im Adhäsionsausspruch aufgehoben. Von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag wird abgesehen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweifachen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in jeweiliger Tateinheit mit Zuhälterei, in einem Fall in Tateinheit mit Verbreitung jugendpornographischer Schriften, Körperverletzung, zweifacher Bedrohung, versuchter Nötigung und Verstoß gegen das Waffengesetz (Fall II. 1 der Urteilsgründe), im anderen Fall in Tateinheit mit dreifacher Körperverletzung und Nötigung sowie tatmehrheitlich des versuchten Betrugs und der Vergewaltigung in zwei Fällen, wobei eine der Vergewaltigungen in Tateinheit mit Körperverletzung steht, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es der Nebenklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro zugesprochen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Dem Angeklagten war gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil ihn, wie in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ausgeführt, an der Fristversäumung kein Verschulden trifft (§ 44 StPO).
Rz. 3
2. Das Rechtsmittel führt zur Abänderung und Klarstellung des Schuldspruchs.
Rz. 4
Das Landgericht hat im Fall II. 1 der Urteilsgründe die Konkurrenzverhältnisse nicht in jeder Hinsicht zutreffend gewürdigt: Es hat den Angeklagten unter anderem wegen Bedrohung in Tateinheit mit versuchter Nötigung schuldig gesprochen und dabei übersehen, dass der Bedrohungstatbestand (§ 241 Abs. 1 StGB) hinter denjenigen der Nötigung zurücktritt, wenn, wie hier, die Bedrohung sich als Teil der Nötigung erweist. Das gilt auch für den Fall des bloßen Nötigungsversuchs (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 1990 – 3 StR 477/89, BGHR, StGB § 240 Abs. 3 Konkurrenzen 2; Urteil vom 21. Januar 2004 – 1 StR 364/03, insoweit in BGHSt 49, 56 nicht abgedruckt; Beschluss vom 8. November 2005 – 1 StR 455/05, NStZ 2006, 342; Beschluss vom 11. März 2014 – 5 StR 20/14; Rissing-van Saan in LK, StGB, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 105). Die Verurteilung wegen einer der ausgeurteilten Bedrohungen muss daher entfallen. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Die Abänderung des Schuldspruchs im Fall II. 1 der Urteilsgründe lässt die Einzelstrafe unberührt.
Rz. 5
Soweit das Landgericht den Angeklagten auch wegen eines tateinheitlichen „Verstoßes gegen das Waffengesetz” verurteilt hat, stellt der Senat zur gebotenen genauen Bezeichnung des verwirklichten Straftatbestandes (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Oktober 2013 – 3 StR 299/13 und vom 11. März 1998 – 3 StR 591/97) den Schuldspruch insoweit klar.
Rz. 6
3. Der Adhäsionsausspruch hat keinen Bestand.
Rz. 7
Der außerhalb der Hauptverhandlung gestellte Adhäsionsantrag wurde ausweislich der Verfahrensakten entgegen § 404 Abs. 1 Satz 3 StPO dem Angeklagten nicht zugestellt. Damit fehlt es – worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist – an einer von Amts wegen zu prüfenden Verfahrensvoraussetzung (vgl. Senat, Beschlüsse vom 9. Juli 2004 – 2 StR 37/04 und vom 18. August 2010 – 2 StR 242/10). Auch eine Heilung durch die nochmalige Antragstellung in der mündlichen Verhandlung ist nicht eingetreten, weil der Adhäsionsantrag erst nach Beginn des Schlussvortrags der Staatsanwaltschaft und damit nach § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO verspätet erfolgte (Senat, Beschluss vom 9. Juli 2004 – 2 StR 37/04).
Rz. 8
Eine Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung allein über den Entschädigungsanspruch kommt nicht in Betracht. Von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag war abzusehen (vgl. § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO; Senat aaO).
Rz. 9
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1, § 472 Abs. 1, § 472a Abs. 2 StPO. Eine Entscheidung gemäß § 473 Abs. 4 StPO kam angesichts des geringfügigen Erfolgs des Rechtsmittels nicht in Betracht.
Unterschriften
Fischer, Appl, Eschelbach, Ott, Zeng
Fundstellen
Haufe-Index 7674127 |
StV 2015, 474 |