Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ist auch dann nicht anwendbar, wenn ein Angehöriger der Stationierungsstreitkräfte bei einer dienstlichen Fahrt mit einem Militärfahrzeug, für das die deutschen Zulassungsvorschriften grundsätzlich nicht gelten, im Straßenverkehr schuldhaft einen Verkehrsunfall verursacht.
Verfahrensgang
OLG Hamm (Entscheidung vom 08.06.1979; Aktenzeichen 9 U 47/79) |
LG Münster |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Juni 1979 - 9 U 47/79 - wird nicht angenommen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 58.110 DM
Gründe
1.
Die Revision wirft keine der Klärung bedürfenden Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Ob Ansprüche auf Rentenleistungen eines Sozialversicherers einen anderweiten Ersatz im Sinne von § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB darstellen, wird im Ausgangsfall nicht entscheidungserheblich, weil das Verhalten des Fahrers des belgischen Militärfahrzeuges sich als "Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr" darstellt, für welche die Beklagte das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Anspruch nehmen kann (BGHZ 68, 217, 222). Das hat der Senat für einen im wesentlichen gleich liegenden Fall bereits ausgesprochen (vgl. Urteil vom 28. September 1978 - III ZR 203/74 = VersR 1979, 348).
2.
Die Revision bietet im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg. Nach dem unstreitigen Unfallhergang hat der Fahrer des Militärfahrzeuges namentlich keine Sonderrechte aus § 35 StVO in Anspruch genommen. Allein die grundsätzliche Befreiung solcher Fahrzeuge der Stationierungsstreitkräfte von deutschen Zulassungsvorschriften (Art. 57 Abs. 5 ZANTS) rechtfertigt es nicht, die Pflichten des Jeweiligen Fahrers abweichend von denen zu bestimmen, die auch jeder andere Verkehrsteilnehmer in der gleichen Verkehrslage zu erfüllen hat (BGHZ 68, 217, 222).
3.
Die vom OLG angenommene Haftungsquote des Militärfahrers von 75 % beruht allerdings zu einem nicht unwesentlichen Teil darauf, daß dieser Fahrer gegen die (allgemeine) Verpflichtung verstoßen hat, nach Eintritt der Dämmerung zwei Schlußleuchten einzuschalten (§ 17 Abs. 2 StVO in Verb. mit § 53 StVZO). Dies ergeben die Entscheidungsgründe des Urteils des 9. Senats des OLG Hamm in der Sache Peisert ./. Bundesrepublik - 9 U 58/75 (Bl. 145 d. Beiakten). Insoweit kommt in Betracht, daß der Fahrer des Panzerfahrzeugs wegen der Dispensierung der Stationierungsstreitkräfte von den Ausrüstungsvorschriften der StVZO durch Art. 57 Abs. 5 ZA-NTS überhaupt nicht rechtswidrig gehandelt hat. Diese Betrachtungsweise ist jedoch haftungsrechtlich ohne Bedeutung.
Gemäß Art. 41 Abs. 8 ZA-NTS wird die Haftung der Stationierungsstreitkräfte dadurch, daß ihnen Befreiungen von deutschen Vorschriften zustehen, nicht berührt. Es ist in diesen Fällen zwar richtig, daß die Streitkräfte, wenn sie von der Befreiung Gebrauch machen, nicht rechtswidrig handeln. Für die Beurteilung der Haftung ist dies jedoch belanglos. Haftungsrechtlich ist der Schadensfall so zu beurteilen, als ob der deutsche Lastzug auf ein mangelhaft beleuchtetes gepanzertes Fahrzeug der Bundeswehr aufgefahren wäre. In diesem Fall hätte der Fahrer des Militärfahrzeuges die Vorschriften der StVO über die Einschaltung der Beleuchtung verletzt. Denn die Einschaltung nur einer Schlußleuchte entsprach nicht den deutschen Verkehrsvorschriften (vgl. dazu BGHZ 38, 21, 24 f).
Die unter 3. angestellte Erörterung gibt im Hinblick auf BGHZ 38, 21 im übrigen keinen Anlaß, eine Annahme der Revision wegen Rechtsgrundsätzlichkeit ins Auge zu fassen.
Beschluss:
Streitwert: 58.110 DM
Fundstellen
Haufe-Index 3018793 |
DÖV 1981, 708 (amtl. Leitsatz) |
MDR 1980, 912-913 (amtl. Leitsatz) |