Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 13.11.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 13. November 2003 mit den Feststellungen aufgehoben, jedoch bleiben diejenigen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten mit Ausnahme der Feststellungen zur Beschaffenheit der Schere.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wollte der Angeklagte mit der Zeugin H. gegen deren Willen geschlechtlich verkehren. Er riß der sich energisch wehrenden Frau gewaltsam die Kleider vom Leib und schlug ihr, um ihren Widerstand zu brechen, mehrfach heftig ins Gesicht. Wegen der anhaltenden Gegenwehr in Wut geraten, ergriff er eine Schere und schnitt ihre restliche Kleidung, unter anderem ihren Slip, auf. Dabei fügte er ihr – möglicherweise ungewollt – drei etwa fünf Millimeter große Verletzungen zu. Schließlich gelang es der Zeugin, sich dem Zugriff des Angeklagten zu entziehen, indem sie sich in das Badezimmer flüchtete und die Tür verschloß. Nach einiger Zeit konnte sie eine Passantin auf sich aufmerksam machen und dazu veranlassen, die Polizei herbeizurufen.
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Landgericht den Angeklagten ohne Rechtsfehler der vorsätzlichen Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin für schuldig befunden. Im übrigen begegnet die Verurteilung jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Bei dem Schuldspruch wegen versuchter sexueller Nötigung hat das Landgericht nicht berücksichtigt, daß die Gewaltanwendung durch den Angeklagten zu dem Zweck erfolgte, mit der Zeugin geschlechtlich zu verkehren. Da der Angeklagte nach Einsatz des Nötigungsmittels, aber vor Vornahme einer sexuellen Handlung an der weiteren Ausführung der geplanten Vergewaltigung gehindert wurde, ist die Tat im Schuldspruch als versuchte Vergewaltigung zu bezeichnen (vgl. BGH NStZ 1998, 510, 511; BGH bei Pfister NStZ-RR 2001, 356).
b) Darüber hinaus belegen die Feststellungen nicht, daß der Angeklagte die Qualifikation des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB verwirklicht hat.
Zum einen vermag der Senat nicht sicher zu beurteilen, ob es sich bei der von dem Angeklagten benutzten Schere um einen Gegenstand handelt, der nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner Verwendung im konkreten Fall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen, weil sich das Urteil zur Beschaffenheit der Schere nicht verhält. Allein die Tatsache, daß der Angeklagte der Zeugin mit dieser Schere drei kleine Wunden beigebracht hat, reicht für sich genommen nicht aus.
Vor allem aber hat das Landgericht nicht festgestellt, daß der Angeklagte die Schere – soweit diese als gefährliches Werkzeug anzusehen ist – im Sinne des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB bei der Tat verwendet hat. Dazu müßte er sie entweder bei der Nötigung oder bei dem sexuellen Geschehen selbst eingesetzt haben (vgl. BGHSt 46, 225, 228 f.). Hier richtete sich, worauf auch der Generalbundesanwalt hingewiesen hat, die Gewaltanwendung nicht gegen das Opfer selbst, sondern gegen Sachen, was nur dann ausreicht, wenn die gegen die Sachen gerichtete Gewalt eine unmittelbare körperliche Zwangswirkung auch auf das Opfer selbst ausübt (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 177 Rdn. 5; Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 177 Rdn. 9). Dazu verhält sich das Urteil nicht.
Eine Schuldspruchänderung, wie sie vom Generalbundesanwalt beantragt worden ist, kommt nicht in Betracht, da nicht auszuschließen ist, daß der neue Tatrichter Feststellungen dazu zu treffen vermag, daß der Angeklagte die Schere zum Zweck konkludenter Drohung mit einem empfindlichen Übel eingesetzt hat. Allerdings wird es insoweit sorgfältiger Feststellungen zur subjektiven Tatseite bedürfen, zumal der Angeklagte zur Tatzeit alkoholisiert war.
Der aufgezeigte Mangel zwingt auch zur Aufhebung der für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstandenden Verurteilung wegen tateinheitlich begangener vorsätzlicher Körperverletzung (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1).
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
Da insoweit nur die Feststellungen zum objektiven Tatbestand aufrecht erhalten worden sind, wird über die auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zutreffend beurteilte Frage des Rücktritts neu zu entscheiden sein.
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Kuckein, Solin-Stojanović, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 2558028 |
NStZ 2005, 35 |
StV 2005, 135 |