Verfahrensgang
LG Stralsund (Urteil vom 19.01.2004) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 19. Januar 2004 im Schuldspruch dahin geändert, daß in den Fällen II 1 und 2 der Urteilsgründe die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen in zwei Fällen (Fälle II 1 und 2), sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten in zwei Fällen (Fälle II 3 und 4) und Beischlafs zwischen Verwandten (Fall II 5) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich der Fälle II 1 und 2; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. In den Fällen II 1 und 2 der Urteilsgründe bedarf der Schuldspruch der Änderung dahin, daß der Angeklagte jeweils nur des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes schuldig ist. Die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) muß entfallen, weil insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Verjährungsfrist für § 174 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die erste verjährungsunterbrechende Handlung (Erlaß eines Haftbefehls) erfolgte am 29. April 2003, so daß die Verstöße gegen § 174 StGB in den Fällen II 1 und 2 (Tatzeiten: Dezember 1995 bis zum 25. März 1997) verjährt sind. Daß diese Vorwürfe jeweils mit dem nichtverjährten sexuellen Mißbrauch eines Kindes in Tateinheit stehen, steht der Annahme von Verjährung nicht entgegen; denn die Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem Zusammentreffen für jede Gesetzesverletzung gesondert (vgl. BGH NStZ 1990, 80, 81; StV 1990, 404, 405; BGH, Beschluß vom 7. April 2004 – 2 StR 4/04; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 78a Rdn. 5 m.w.N.). Durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007), durch den bestimmt ist, daß nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB nunmehr auch bei Straftaten nach § 174 StGB die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht, hat sich an dieser Rechtslage für den vorliegenden Fall nichts geändert, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. April 2004) bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten war (vgl. hierzu den Senatsbeschluß vom 24. Juni 2004 – 4 StR 165/04).
2. Trotz der Änderung des Schuldspruchs können die in den Fällen II 1 und 2 des Urteils festgesetzten Einzelstrafen bestehen bleiben; denn der Senat kann aufgrund der Strafzumessungserwägungen des Landgerichts, bei denen sich die tateinheitliche Verwirklichung des § 174 StGB nicht strafbestimmend zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, ausschließen, daß der Tatrichter auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn er die Verfolgungsverjährung beachtet hätte.
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Ernemann, Sost-Scheible
Fundstellen