Leitsatz (amtlich)
Zu den Mitwirkungspflichten eines Notars, der die Bewilligung von Einkommensergänzung beantragt.
Normenkette
BNotO § 113a Abs. 3 Nr. 1; Einkommensergänzungssatzung der Ländernotarkasse § 11
Verfahrensgang
OLG Dresden (Beschluss vom 28.05.2004; Aktenzeichen DSNot 32/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Notarsenats des OLG Dresden v. 28.5.2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerderechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 8.930,09 EUR
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Notar mit Amtssitz in L. Er beansprucht Einkommensergänzung für das Kalenderjahr 2002. Die Antragsgegnerin hat ihm die Einkommensergänzung durch Abrechnungsbescheid v. 9.12.2003 versagt. Die von dem Antragsteller im Jahr 2002 erzielten Berufseinnahmen (350.620,13 EUR) überstiegen die nach Auffassung der Antragsgegnerin nur i.H.v. 284.603,52 EUR berücksichtigungsfähigen Berufsausgaben um 66.016,61 EUR. Der Unterschiedsbetrag liege über der Besoldung eines Richters am AG der Besoldungsgruppe R 1/O mit gleichem Lebensalter und Familienstand (58.182,06 EUR), so dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Einkommensergänzung nicht gegeben seien.
Der Antragsteller hat gegen den Abrechnungsbescheid der Antragsgegnerin Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Er hält Verschiedene, die Einkommensergänzung betreffende Satzungsbestimmungen für rechtswidrig und begehrt die Anerkennung weiterer Ausgaben als abzugsfähige Berufsausgaben i.S.d. § 4 S. 1 der Einkommensergänzungssatzung.
Das OLG hat den Antrag zurückgewiesen. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag, den Abrechnungsbescheid der Antragsgegnerin aufzuheben, weiter.
II.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das OLG hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Die Ablehnung der Einkommensergänzung war rechtmäßig und verletzte daher den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 111 Abs. 1 S. 2 BNotO).
1. Die Antragsgegnerin hat den für die Frage der Einkommensergänzung maßgeblichen Unterschiedsbetrag zwischen dem Berufseinkommen des Notars und der - ggf. höheren - Besoldung eines Richters am AG der Besoldungsgruppe R 1 durch einen Vergleich des Berufseinkommens des Notars mit der abgesenkten Besoldung der von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendeten Richter ermittelt. Das entspricht der Regelung in Art. 15 Abs. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin (i.V.m. § 2 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung), die sich - wie der Senat (BGH, Beschl. v. 19.7.1999 - NotZ 7/99, ZNotP 1999, 411 [412]) bereits entschieden hat - im Rahmen des dem Satzungsgeber eingeräumten Ermessens hält und auch sonst nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Ergänzend ist zu den Beschwerdeangriffen Folgendes zu bemerken:
a) Mit der Anknüpfung an die Besoldung eines Richters am AG nach § 2 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung durfte die Antragsgegnerin durchaus auf die aus historischen Gründen noch unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse im bisherigen Bundesgebiet und in den neuen Ländern Bedacht nehmen (BGH, Beschl. v. 19.7.1999 - NotZ 7/99, ZNotP 1999, 411 [412], mit Hinweis auf BVerwG v. 25.4.1996 - 2 C 27/95, BVerwGE 101, 116 [120 f.]).
b) Das mittels der Einkommensergänzung zu gewährleistende Berufseinkommen des Notars war nicht (mindestens) in Höhe der Besoldung eines Notarassessors zu bemessen. Die Anwärterbezüge des Notarassessors können wegen grundlegender Unterschiede zwischen dem Notarassessor einerseits, dem Notar andererseits einen geeigneten Vergleichsmaßstab nicht bieten.
Der Notarassessor steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Staat (§ 7 Abs. 4 S. 1 BNotO). Er erhält - ab dem Zeitpunkt der Zuweisung an einen Notar für die Dauer des Anwärterdienstes (§ 7 Abs. 4 S. 3 BNotO) - von der Notarkammer Bezüge, die seiner angemessenen Alimentierung in Anlehnung an die Bezüge eines Richters auf Probe dienen (Schippel, BNotO, 7. Aufl. 2000, § 7 Rz. 73).
Der Notar ist anders als der Notarassessor unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO); als solcher steht er in einem - dem öffentlichen Dienst nahegerückten - öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis (Schippel, BNotO, 7. Aufl. 2000, § 1 Rz. 10). Er wird nicht besoldet, sondern erwirtschaftet sein - i.d.R. die Anwärterbezüge übersteigendes - Einkommen im Wesentlichen aus den bei seiner Amtstätigkeit anfallenden Gebühren. Erst, wenn dieses Einkommen in "schwierigen Zeiten" ausnahmsweise nicht ausreicht, erhält er - so ist die gesetzliche Regelung (§ 113a Abs. 3 Nr. 1 BNotO; s. auch § 113 Abs. 3 Nr. 1 BNotO) angelegt - unterstützend Einkommensergänzung aus Mitteln, die von den Notaren des Bezirks der Notarkasse aufgebracht wurden. Die dem Notar zufließende Einkommensergänzung bezweckt zwar auch dessen hinreichende Alimentation. Die Einrichtung der Einkommensergänzung beruht aber in erster Linie auf den Erfordernissen einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege; sie soll die angemessene Versorgung der Rechtsuchenden in strukturschwachen Gebieten (vgl. § 4 S. 2 BNotO) sowie die Stellung des Notars als unabhängiger und unparteiischer Betreuer der Parteien sichern (vgl. § 1, § 14 Abs. 1 S. 2 BNotO; BGH, Beschl. v. 25.4.1994 - NotZ 8/93, BGHZ 126, 16 [28]; Beschl. v. 19.7.1999 - NotZ 7/99, ZNotP 1999, 411 [412]). Diese Belange - und nicht etwa eine den Anwärterbezügen vergleichbare "Besoldung" - stehen bei der Einkommensergänzung, die ein Notar beanspruchen kann, im Vordergrund.
c) Die Einkommensergänzung wird nur auf Antrag des Notars gewährt (§ 11 Abs. 1 S. 1 Einkommensergänzungssatzung). Dem Antrag ist eine Versicherung des Notars beizufügen, dass er mindestens 40 Wochenstunden in dem maßgeblichen Zeitraum in seinem Notariat gearbeitet hat (§ 11 Abs. 1 S. 4 Einkommensergänzungssatzung); urlaubsbedingte Fehlzeiten dürfen höchstens einen Zeitraum von zwei Wochen im Jahr betragen (§ 11 Abs. 1 S. 6 Einkommensergänzungssatzung). In diesen Satzungsregelungen sieht der Antragsteller einen unzulässigen Eingriff in seine Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Ob dem zu folgen ist, bedarf hier indes keiner Entscheidung. Das OLG hat diese Erfordernisse für erfüllt angesehen. Davon ist auch im Beschwerdeverfahren auszugehen.
2. Zu der Berechnung des für den Vergleich mit der Richterbesoldung maßgeblichen Berufseinkommens des Antragstellers im Kalenderjahr 2002 im Einzelnen ist - soweit im Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung - auszuführen:
a) Entsprechend den unangegriffenen Feststellungen des OLG sind Berufseinnahmen (§ 2 Abs. 1 Einkommensergänzungssatzung) i.H.v. 349.973,43 EUR (geringfügig höherer Betrag im Abrechnungsbescheid: 350.620,13 EUR) anzunehmen. Dem sind zunächst, dem angefochtenen Beschluss folgend, Berufsausgaben i.H.v. 284.809,20 EUR (= 284.603,52 EUR gemäß Abrechnungsbescheid + 117,63 EUR Kopierkarten + 60,20 EUR Werbungsanzeige + 27,85 EUR Kapitalierungstabelle) gegenüberzustellen. Danach übersteigt das Berufseinkommen des Antragstellers (349.973,43 EUR Berufseinnahmen - 284.809,20 EUR Berufsausgaben = 65.164,23 EUR [nicht: 65.174,23 EUR, wie es in dem Beschluss des OLG heißt]) die zu vergleichende Richterbesoldung R 1/O (58.182,06 EUR) um 6.982,17 EUR (= 65.164,23 EUR - 58.182,06 EUR).
Die sofortige Beschwerde macht weitere Ausgabenpositionen - Treibstoffkosten, Abschreibungen - geltend. Sie können indes nicht berücksichtigt werden.
aa) Bei der Berechnung der Berufsausgaben waren diejenigen Treibstoffkosten - als Teil der privaten Lebensführung (vgl. § 4 S. 2 Einkommensergänzungssatzung) - auszuscheiden, die nach den einzelnen Tankbelegen auf den ersten Blick nicht im Zusammenhang mit der Amtsführung des Antragstellers stehen konnten (Sachkonto Pkw Anlage 3; Beschl. v. 19.7.1999 - NotZ 7/99, ZNotP 1999, 411 [413]). Die sofortige Beschwerde legt einen solchen Zusammenhang auch nicht dar.
bb) Auf Abschreibungen kann sich der Antragsteller nicht berufen, weil er sie nicht fristgerecht geltend gemacht hat.
Der Antragsteller hatte den Antrag auf Einkommensergänzung für 2002 mit einer detaillierten Aufstellung der Berufseinnahmen, sonstigen Einnahmen und Berufsausgaben samt den Ausgabenbelegen und der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit bis zum 31.3.2003 zu stellen. Dieser - in § 11 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 der Satzung der Antragsgegnerin hinreichend klar bestimmten - Mitwirkungspflicht ist der Antragsgegner hinsichtlich der Abschreibungen nicht nachgekommen. Die von der Antragsgegnerin vorbereiteten Formulare, die der eine Einkommensergänzung beantragende Notar nach § 11 Abs. 2 S. 2 der Satzung zu verwenden hat, enthalten jeweils eine Rubrik "Sachkosten gem. § 5 Abs. 1-3", die in Anschaffungskosten für Büroeinrichtung, Büromaschinen und Software untergliedert ist. Hier ist die Sp. "Betrag - ohne Mehrwertsteuer" jeweils mit einem Strich versehen. Demgegenüber ist zwar in dem dem Antrag beigefügten Anschreiben des Antragstellers - auf das sich dieser in seinem an das OLG gerichteten Schriftsatz v. 1.4.2004 berufen hat - pauschal von Abschreibungen i.H.v. 9.367,40 EUR die Rede; diese werden aber nirgends aufgeschlüsselt. Lediglich in der beigefügten "Abschlussrechnung 31.12.2001" ist ein Jahresbetrag von 128,45 EUR für "Abschreibungen auf Sachan- " angegeben. Angesichts dieser völlig unzureichenden und widersprüchlichen Angaben war die Antragsgegnerin berechtigt, die nicht fristgerecht nachgewiesenen Abschreibungen bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen (vgl. § 11 Abs. 3 der Satzung).
Mit der am 21.6.2004 eingegangenen Beschwerdeschrift hat der Antragsteller eine genauer untergliederte "Entwicklung des Anlagevermögens v. 1.1.2002 bis 31.12.2002" sowie - erstmals - Ausgabenbelege vorgelegt. Von den dort genannten Positionen können jedoch die Abschreibungen betreffend
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anhand der in der "Entwicklung" in Bezug genommenen Rechnungen betragsmäßig nicht nachvollzogen und auch deshalb - unabhängig von der Verfristung - nicht anerkannt werden. Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die - eingeräumten - Diskrepanzen nicht klären können. Berücksichtigungsfähig wären mithin allenfalls Abschreibungen i.H.v. 2.300,24 EUR (= 9.367,40 EUR - 7.067,16 EUR). Sie verminderten - zusammen mit den o.g., im Beschwerdeverfahren nicht streitigen Berufsausgaben (284.809,20 EUR) - das Berufseinkommen nicht in einem Maße, dass ein Anspruch auf Einkommensergänzung bestünde (349.973,43 EUR Berufseinnahmen - 2.300,24 EUR Abschreibungen - 284.809,20 EUR unstreitige Berufsausgaben = 62.863,99 EUR - zu vergleichende Besoldung R 1/O: 58.182,06 EUR).
Fundstellen
Haufe-Index 1297242 |
BGHR 2005, 475 |
EBE/BGH 2005, 5 |
NJW-RR 2005, 1001 |
ZNotP 2005, 194 |
ZNotP 2005, 275 |