Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 24.05.2016) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 24. Mai 2016
- im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, dass von der Einziehung der unter Nummer 33 des Asservatenverzeichnisses aufgeführten Medikamente (Anabolika) abgesehen und die Verfolgung der Tat auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt wird;
- im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen „gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an Personen unter 18 Jahren in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge” unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Passau vom 16. Juni 2014 – 4 Ds 26 Js 1794/14 – nach Auflösung der darin gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es eine umfangreiche Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.
Rz. 2
1. Der Senat hat auf Antrag des Generalbundesanwalts das Verfahren eingestellt (vgl. § 430 Abs. 1 StPO), soweit das Landgericht auch die sichergestellten und unter Nr. 33 des Asservatenverzeichnisses im Einzelnen aufgeführten Medikamente (Anabolika) eingezogen hat.
Rz. 3
2. Die Nachprüfung des Urteils hat zu den Schuldsprüchen und zu den Aussprüchen über die Einzelstrafen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Rz. 4
Jedoch begegnet die Bildung der Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen für die verfahrensgegenständlichen Taten (zwei Mal zwei Jahre und sechs Monaten und zwei Jahre) und den im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Hauptverhandlung noch nicht erledigten Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Passau vom 16. Juni 2014 durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Rz. 5
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts hat das Amtsgericht Passau den Angeklagten mit Urteil vom 16. Juni 2014 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten mit Bewährung verurteilt. Das Amtsgericht hat für die beiden am 23. November 2009 begangenen Taten Einzelstrafen von zwei Monaten und vier Monaten festgesetzt. Der Zeitpunkt der Rechtskraft dieses Urteils ist nicht festgestellt.
Rz. 6
b) Entgegen der Annahme des Landgerichts liegen die Voraussetzungen für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) nicht vor, weil die Taten am 23. November 2009 und damit vor der noch unerledigten Vorverurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Waldbröl vom 15. September 2010 begangen worden sind, das Zäsurwirkung entfaltet. Die unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Waldbröl vom 6. Januar 2010 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr wurde im Jahr 2011 zwar teilweise vollstreckt; ein Strafrest ist jedoch durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer Dortmund zur Bewährung ausgesetzt und war im Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch nicht erlassen.
Rz. 7
Der hierin liegende Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Bei der neu vorzunehmenden Gesamtstrafenbildung wird das Landgericht das Verschlechterungsverbot gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO zu beachten haben (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2017 – 4 StR 388/16).
Unterschriften
Appl, Krehl, Bartel, Wimmer, Grube
Fundstellen
Dokument-Index HI10764452 |