Entscheidungsstichwort (Thema)
Brandstiftung
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 20. Dezember 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben,
- soweit der Angeklagte wegen Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden ist,
- im gesamten Rechtsfolgenausspruch.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus weiteren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Diebstahls zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt.
Bezüglich des Diebstahls hat die Überprüfung des Urteils keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Dagegen hat die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge Erfolg, soweit der Angeklagte wegen Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil seiner Ehefrau verurteilt worden ist.
Bei beiden Taten stützt das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des bestreitenden Angeklagten maßgeblich auf die Angaben der Ehefrau des Angeklagten, die sie im Ermittlungsverfahren gemacht hat. In der Hauptverhandlung hat sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO Gebrauch gemacht. Bedenken, die über den Ermittlungsrichter in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben der Ehefrau zur tragenden Grundlage der Verurteilung zu machen, ergeben sich schon daraus, daß diese Angaben in den Urteilsgründen in außerordentlich knapper Form wiedergegeben sind. So wird hinsichtlich der Brandstiftung, die der Angeklagte seiner Frau „gestanden” haben soll, weder deutlich, aus welchem Anlaß der Angeklagte seiner Ehefrau von der Tat berichtet hat, noch ob seine Schilderung Details enthielt, die auf Täterwissen schließen lassen, noch ob er seiner Ehefrau von weiteren Straftaten berichtet hat. Angesichts des Fehlens jeglicher Anknüpfungspunkte kann der Senat nicht überprüfen, ob sich der Angeklagte gegenüber seiner Ehefrau zu Unrecht der Tat bezichtigt hat. Allein der Umstand, daß die Ehefrau ihm geglaubt haben will, reicht entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht aus, um die Möglichkeit einer falschen Selbstbezichtigung auszuschließen.
Darüber hinaus hätte das Landgericht auch darlegen müssen, unter welchen Umständen es zu den den Angeklagten belastenden Angaben der Ehefrau gekommen ist. Dies war schon deshalb erforderlich, weil sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, daß die Eheleute seinerzeit in Streit lebten, sich möglicherweise sogar in Unfrieden getrennt hatten. Ein Motiv der Ehefrau, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten, war deshalb nicht von vornherein auszuschließen.
Soweit das Landgericht die Möglichkeit einer Falschbezichtigung aus Verärgerung, Rache oder Haß mit der Erwägung ausschließt, in diesem Falle hätte es angesichts der inzwischen wieder bestehenden Lebensgemeinschaft für die Ehefrau nahegelegen, ihre falschen Angaben in der Hauptverhandlung richtigzustellen, anstatt die Aussage zu verweigern, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Argumentation läßt außer Acht, daß die Ehefrau hätte einräumen müssen, sich selbst wegen einer falschen Verdächtigung strafbar gemacht zu haben (vgl. BGH StV 1991, 450, 451). Dieser Umstand konnte sie dazu veranlassen, von einer Korrektur ihrer Aussage Abstand zu nehmen und statt dessen von der Möglichkeit des ihr zustehenden Aussageverweigerungsrechts Gebrauch zu machen. Damit hat das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung eine naheliegende, dem Angeklagten günstigere Beurteilung des Aussageverhaltens eines Zeugen außer Betracht gelassen. Dieser Fehler ist bei einem Zeugen, der Angehöriger des Angeklagten im Sinne des § 52 StPO ist, wie bei jedem anderen Zeugen, aus dessen Aussageverhalten der Tatrichter Rückschlüsse auf seine Glaubwürdigkeit zieht, auf die Sachrüge hin zu berücksichtigen und führt zur Aufhebung der auf diesem Fehler beruhenden Verurteilungen. Ob der – hier ebenfalls vorliegende – Verstoß gegen § 52 StPO, der darin liegt, daß aus der Zeugnisverweigerung eines Angehörigen grundsätzlich keine Rückschlüsse auf die hierfür maßgeblichen Motive gezogen werden dürfen, weil der Angehörige andernfalls von den ihm zustehenden prozessualen Rechten nicht mehr frei und unbefangen Gebrauch machen könnte (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 22, 113, 114), nur mit einer – hier nicht erhobenen – Verfahrensrüge geltend gemacht werden könnte, kann daher offenbleiben.
Unterschriften
Harms, Basdorf, Tepperwien, Gerhardt, Raum
Fundstellen
Haufe-Index 540939 |
NStZ 2000, 546 |
StV 2002, 3 |