Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 31.03.2004) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 31. März 2004 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchtem schwerem Raub zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit der gegen seine Verurteilung gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge in vollem Umfang Erfolg.
Die Rüge, es liege ein absoluter Revisionsgrund nach § 338 Nr. 5 StPO vor, greift durch.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift vom 16. August 2004 ausgeführt:
„Der Revisionsführer rügt einen Verstoß gegen § 247 StPO. Zwar ist der von ihm bemängelte Beschluss der Kammer, durch den die Angeklagten während der Vernehmung des Zeugen G. aus dem Sitzungszimmer entfernt wurden, nicht zu beanstanden. Zu Recht rügt der Revisionsführer jedoch, dass die Angeklagten bei der Entscheidung über die Vereidigung des Zeugen G. nicht anwesend waren. Nach ständiger Rechtsprechung gehört die Verhandlung über die Vereidigung nicht mehr zur Vernehmung des Zeugen, während derer der Angeklagte gemäß § 247 StPO entfernt gehalten werden kann (vgl. BGHR, StPO § 338 Nr. 5, Angeklagter 5 m.w.N.). Die Entscheidung über die Vereidigung ist ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung (vgl. KK-Kuckein, StPO, 5. Auflage, § 338, Rn. 74). Dies gilt auch, wenn der Zeuge als Verletzter nach § 61 Nr. 2 StGB unvereidigt geblieben ist (vgl. BGHR, StPO § 338 Nr. 5, Angeklagter 11). Somit liegt ein absoluter Revisionsgrund gemäß 338 Nr. 5 StPO vor.”
Dem schließt sich der Senat an. Er bemerkt ergänzend:
Ob an dieser zur Annahme des absoluten Revisionsgrundes nach § 338 Nr. 5 StPO führenden Rechtsprechung (vgl. Maier NStZ 2003, 676) angesichts der Änderung des § 59 StPO durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz (BGBl 2004 I S. 2198 ff.), nach der Zeugen nur vereidigt werden, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage nach seinem Ermessen für notwendig hält, festzuhalten ist, bedarf hier noch keiner Entscheidung, da der Senat seiner Nachprüfung das bisherige Recht zugrundezulegen hat (BGH GA 1971, 86; BayObLGSt 1954, 92; Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. Einl. Rdn. 203). Im Hinblick auf die Änderung des § 59 StPO könnte die Frage, ob die vorschriftswidrige Abwesenheit des Angeklagten in den hier in Frage stehenden Fällen einen wesentlichen Teil der Hauptverhandlung betrifft, neuer Betrachtung bedürfen. Die Neuregelung des Vereidigungsrechts könnte zur Folge haben, daß in den Fällen, in denen die Verfügung des Vorsitzenden nicht zum Gegenstand von Erörterungen gemacht, insbesondere keine gerichtliche Entscheidung nach § 238 Abs. 2 StPO beantragt wurde, die Abwesenheit des Angeklagten keinen wesentlichen Verfahrensteil betrifft.
Unterschriften
Tolksdorf, Miebach, Winkler, Becker, Hubert
Fundstellen
Haufe-Index 2557882 |
JR 2005, 78 |
NStZ-RR 2004, 368 |
PA 2005, 33 |
StV 2005, 7 |
StraFo 2005, 34 |