Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob dem Rechtsnachfolger des Klägers in den Fällen des § 265 ZPO ein Recht auf die Vollstreckungsklausel zusteht.

 

Normenkette

ZPO §§ 727, 724, 265

 

Verfahrensgang

OLG München

LG München I

 

Tenor

Die Erinnerung der Streithelferin zu 7) gegen den Beschluß des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 28. Oktober 1983 – IVa ZR 161/83 wird zurückgewiesen.

Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Streithelferin zu 7).

 

Gründe

Die Klägerin stand in einem Arbeitsverhältnis zu der Streithelferin zu 4). Nach fristloser Kündigung durch die Arbeitgeberin erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht München. Dieses Verfahren endete durch einen Vergleich, in dem die Kosten gegeneinander aufgehoben wurden.

In diesem Arbeitsgerichtsprozeß wurde die Klägerin, durch die Streithelfer zu 1) bis 3), in einer Kanzlei verbundene Rechtsanwälte, vertreten. Deren Honoraranspruch gegen die Klägerin ist durch rechtskräftigen Vollstreckungsbefehl des Amtsgerichts München auf 58.054,– DM nebst Zinsen tituliert. Dieser Titel wurde nach Pfändung und Überweisung an Zahlungs Statt auf den Streithelfer zu 6) als Rechtsnachfolger der Streithelfer zu 1) bis 3) umgeschrieben.

Die Klägerin war bei der Beklagten rechtsschutzversichert. Mit ihrer Klage verlangt sie von der Beklagten Versicherungsschutz wegen der genannten Honoraransprüche, die der Streithelfer zu 6) hatte pfänden und sich an Zahlungs Statt hatte überweisen lassen. Dieser ließ im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits auch den eingeklagten Anspruch der Klägerin aus dem Versicherungsvertrag durch das Amtsgericht Eggenfelden pfänden und sich an Zahlungs Statt überweisen. Danach trat der Streithelfer zu 6) die durch Pfändung und Überweisung an Zahlungs Statt erworbenen Ansprüche gegen die Klägerin und gegen die Beklagte an die Streithelferin zu 7) ab.

Durch Urteil vom 25. Mai 1983 hat das Oberlandesgericht die Beklagte vorläufig vollstreckbar verurteilt, 50.000, – DM nebst Zinsen an die Streithelferin zu 7) zu zahlen und 6/7 der durch den Rechtsstreit und die Nebeninterventionen verursachten Kosten zu tragen. In dem Urteil ist der Beklagten nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 125.000,– DM und diejenige durch jeden Streithelfer durch Sicherheitsleistung in Höhe von je 9.500,– DM abzuwenden, wenn nicht von der Klägerin oder den Streithelfern Sicherheit jeweils in gleicher Höhe geleistet werde. Durch Beschluß vom 10. Oktober 1983, hat das Oberlandesgericht dem Urteil ferner angefügt, wenn die Streithelferin zu 7) die Zwangsvollstreckung als Rechtsnachfolgerin der Klägerin auch wegen des Zahlungsanspruchs von 50.000,– DM nebst Zinsen betreibe, dürfe die Beklagte diese durch Sicherheitsleistung in Höhe von 125.000,– DM abwenden, wenn nicht die Streithelferin zu 7) Sicherheit in dieser Höhe leiste.

Gegen das Urteil vom 25. Mai 1983 richten sich die Revision der Beklagten und die von der Klägerin und der Streithelferin zu 7) eingelegte Anschlußrevision.

Die Streithelferin zu 7) wünscht eine vollstreckbare Ausfertigung des angefochtenen Urteils. Sie ist der Meinung, sie könne eine vollstreckbare Ausfertigung gemäß §§ 724, 725 ZPO und nicht nur eine solche gemäß § 727 ZPO) beanspruchen. Das habe für sie den Vorteil, daß sie die Zwangsvollstreckung gegen die Beklagte auch wegen des Zahlungsanspruchs in Höhe von 50.000,– DM nebst Zinsen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.500, – DM durchsetzen könne, während sie bei einem Vorgehen nach § 727 ZPO gegebenenfalls Sicherheit in Höhe von 125.000,– DM aufbringen müsse. Daran habe sich auch durch den Beschluß des Oberlandesgerichts vom 10. Oktober 1983 nichts geändert.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts hat die Klausel gemäß §§ 724, 725 ZPO antragsgemäß erteilt; das Oberlandesgericht hat sie für unzulässig erklärt. Die Streithelferin hat die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung zu den Akten zurückgereicht. Inzwischen begehrt die Streithelferin die Vollstreckungsklausel vom Bundesgerichtshof, und zwar zunächst ausdrücklich gemäß §§ 724, 725 ZPO, nicht gemäß § 727 ZPO. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofes hat die Erteilung abgelehnt. Die Streithelferin beantragt die Entscheidung des Senats. Hilfsweise stütz sie ihren Antrag nunmehr auch auf § 727 ZPO.

Die Erinnerung ist nicht begründet.

Die Beklagte hält den Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gemäß §§ 724, 725 ZPO, den die Streithelferin beim Bundesgerichtshof gestellt hat, für unzulässig, weil das Oberlandesgericht einen inhaltsgleichen Antrag bereits für unbegründet erklärt habe und weil die Entscheidung des Oberlandesgerichts gemäß § 567 Abs. 5 Satz 1 ZPO unanfechtbar sei.

Bei dieser Argumentation wird übersehen, daß das Oberlandesgericht, wenn es – etwa nach einer theoretisch möglichen Zurückverweisung – mit der Sache erneut befaßt würde, möglicherweise nicht gehindert wäre, seine eigene Entscheidung auf entsprechende Gegenvorstellungen zu überprüfen und aufgrund besserer Erkenntnis umgekehrt zu entscheiden (vgl. z.B., Zöller/Schneider, ZPO 13. Aufl. § 567 Anm. IX). Jedenfalls dann, wenn das Oberlandesgericht eine solche Befugnis haben sollte, könnte es dem Bundesgerichtshof schwerlich verwehrt sein nach dem Übergang der Zuständigkeit für die Klauselerteilung auf ihn (§ 724 Abs. 2 ZPO) die Befugnis zu einer entsprechenden Prüfung auch seinerseits für sich in Anspruch zu nehmen. Indessen kann die Frage hier offen bleiben, weil die Streithelferin zu 7) auch nach der Auffassung des erkennenden Senats einen Anspruch auf Erteilung einer Klausel gerade gemäß §§ 724, 725, ZPO nicht hat.

Das Recht auf die Vollstreckungsklausel gemäß §§ 724, 725 ZPO steht grundsätzlich der Partei zu, die das zu vollstreckende Urteil erstritten hat (vgl. §§ 725, 734 ZPO „Partei”). Hatte die Partei den eingeklagten Anspruch nach Eintritt der Rechtshängigkeit abgetreten, und hätte sie den Rechtsstreit in gesetzlicher Prozeßstandschaft für den neuen Gläubiger gemäß § 265 Abs. 2 ZPO fortgeführt, dann wirkt das Urteil gemäß § 325 ZPO für und gegen den Rechtsnachfolger. Vielfach wird angenommen, daß auch in einer derartigen Lage die Partei, die nicht mehr Rechtsinhaber ist, die Vollstreckungsklausel zu beanspruchen hat (vgl. z.B. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 19. Aufl. § 727 Anm. VI 1 m. w. N., aber auch BGH Urteil vom 6.7.1967 – VII ZR 93/67 =ZZP 81, 289 mit Anmerkung von Grunsky und OLG Kiel HRR 1928 Nr. 686). Immerhin geht es in solchen Fällen zumindest in erster Linie um die Interessen des neuen Gläubigers, der zur Durchsetzung seines bereits titulierten Rechts auf eine vollstreckbare Ausfertigung angewiesen ist. Deshalb muß dem Rechtsnachfolger ein Recht (RG 57, 329) auf die Vollstreckungsklausel gemäß § 727 ZPO oder, wenn dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, gemäß § 731 ZPO zugebilligt werden (vgl. RGZ 167, 321, 328).

Das gilt jedenfalls dann, wenn der alte Gläubiger nicht auch seinerseits eine vollstreckbare Ausfertigung beansprucht und wenn der Schuldner der Gefahr der Doppelvollstreckung daher nicht ausgesetzt ist. Für eine vollstreckbare Ausfertigung zugunsten des neuen Gläubigers aufgrund der §§ 724, 725 BGB ist daneben kein Raum.

Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Mindermeinung (Bley JW 1933, 1779; Kion JZ 1965, 56; Thomas/Putzo, ZPO 12. Aufl., § 727 Anm. 3 c aa – anders § 265 Anm. 4 a –; Mohrbutter, Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts, 1. Aufl., S. 45 FN 128; anders in der 2. Aufl. S. 66 FN 16) ist der neue Gläubiger auch dann nicht unmittelbar Klauselberechtigter gemäß §§ 724, 725 BGB, wenn der Schuldner zur Zahlung an ihn verurteilt worden ist (RGZ 167, 321, 323). Wie Münzberg in Stein/Jonas, ZPO 19. Aufl. § 727 Anm. II FN 21 zutreffend hervorhebt, berücksichtigen die angeführten Schriftsteller nicht hinreichend, daß das Urteil die Rechtsnachfolge nicht zugunsten des neuen Gläubigers rechtskräftig feststellt und sie – abgesehen von den Fällen der §§ 313 b Abs. 1 Satz 1, 313 a Abs. 1, 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO – auch sonst nicht stets in der von § 727 ZPO geforderten Form nachzuweisen geeignet sein muß. Überdies müssen die – vielfach nicht ganz einfachen – Fragen der Rechtsnachfolge nach dem Willen des Gesetzgebers von dem Klauselerteilungsverfahren vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 724 Abs. 2 ZPO) ferngehalten und dem insoweit zuständigen (§ 20 Nr. 12 RPflG) Rechtspfleger vorbehalten bleiben.

Daß die Streithelferin zu 7) sich auch selbst am Rechtsstreit beteiligt und der Klägerin zu ihrer Unterstützung beigetreten ist, ändert diese Lage nicht. An der von der Streithelferin zu 7) angeführten Stelle bei Zöller, ZPO 13. Aufl. § 724 Anm. I 3 scheint Scherübl die gegenteilige Meinung zu vertreten; diese ist jedoch nicht weiter begründet, wird durch die angeführten Zitate nicht belegt und ist im Ergebnis nicht überzeugend.

Unter diesen Umständen muß die Erinnerung mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zurückgewiesen werden. Wegen des nunmehr hilfsweise gestellten Antrages, die Klausel gemäß § 727 ZPO zu erteilen, wird zunächst der Rechtspfleger zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609545

ZIP 1984, 370

JZ 1984, 199

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