Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergewaltigung

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten D gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30. Juni 2000 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Der Schriftsatz des Verteidigers vom 22. Januar 2001 hat vorgelegen. Gleichwohl hält der Senat zur Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 5 i.V.m. § 247 StPO die Zweifel des Generalbundesanwalts an der Einhaltung der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO für durchgreifend.

Dem Revisionsvorbringen ist nicht hinreichend deutlich folgende maßgebliche Besonderheit der Verfahrensgestaltung zu entnehmen: Aus sachgerechten Erwägungen des Opferschutzes hat das Landgericht die – bei der Beweiswürdigung dann maßgeblich verwerteten – Angaben der Nebenklägerin hier primär ihrer Zeugenvernehmung vor der Polizei entnommen. Deren Videoaufzeichnung wurde zunächst mit dem ausdrücklich erklärten Ziel einer eventuell gänzlichen Vermeidung ihrer persönlichen Vernehmung zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht (vgl. Protokollband Bl. 14). Dieser Vorlauf vor der persönlichen Zeugenvernehmung – die dann weitgehend nach § 247 StPO in Abwesenheit des Beschwerdeführers erfolgte – begründet einen Sonderfall. Im Rahmen der persönlichen Zeugenvernehmung der Nebenklägerin kam es danach möglicherweise nur noch zu einer vorher festgelegten ganz punktuellen Befragung, bei deren Thema von vornherein weitere Nachfragen fernlagen. Jedenfalls bei einem derartigen Verfahrensgang – der auch nach der protokollierten Dauer der Unterrichtung der Angeklagten gemäß § 247 Satz 4 StPO von höchstens zwei Minuten nicht fernliegt – wäre die Verhandlung über die Entlassung der Zeugin nicht als wesentlicher Teil der Hauptverhandlung im Sinne des § 338 Nr. 5 StPO zu bewerten; denn das persönliche Fragerecht des Angeklagten wäre dann von vornherein nicht tangiert gewesen (vgl. BGHR StPO § 247 – Abwesenheit 20; BGH, Beschluß vom 10. August 1995 – 5 StR 272/95 –). Daher war in diesem Zusammenhang ein eindeutiger Vortrag des Beschwerdeführers zu den Einzelheiten jener besonderen Vernehmungsgestaltung unverzichtbar (vgl. auch BGH NStZ 2001, 48).

Abgesehen hiervon ergibt sich aus dem Revisionsvorbringen auch kein konkreter Hinweis dazu, daß – gegebenenfalls zu welchem Thema – dem Beschwerdeführer durch die beanstandete Verfahrensweise eine zulässige ergänzende Befragung der Nebenklägerin durch ihn persönlich entgangen wäre. Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob in der Nichtvereidigungsentscheidung nach § 60 Nr. 1 StPO, die in Anwesenheit der Angeklagten wiederholt wurde, auch eine Wiederholung der Entlassungsentscheidung – jeweils mit unmittelbar vorangegangener Verhandlung hierüber – liegt (vgl. auch BGHR StPO § 247 – Abwesenheit 18; BGH, Beschluß vom 24. August 2000 – 1 StR 317/00 –).

Der Senat wiederholt, daß er in der Verhandlung über die Entlassung eines Zeugen nach wie vor – gegen ihn bindende Rechtsprechung anderer Senate des Bundesgerichtshofs (auch eingedenk der mittlerweile ergangenen in NStZ 2000, 440 abgedruckten Entscheidung des 4. Strafsenats) – generell keinen wesentlichen Teil der Hauptverhandlung im Sinne des § 338 Nr. 5 StPO sieht (so bereits BGHR StPO § 247 – Abwesenheit 20; vgl. dazu Kuckein StraFo 2000, 397, 398). Einer entsprechenden Anfrage nach § 132 Abs. 3 GVG steht auch in dem hier vorliegenden Sonderfall die fehlende Entscheidungserheblichkeit entgegen.

 

Unterschriften

Harms, Häger, Basdorf, Gerhardt, Raum

 

Fundstellen

Haufe-Index 547131

StV 2004, 306

StraFo 2001, 128

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