Leitsatz (amtlich)
Ist die Klage auf den Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrags gerichtet, bemisst sich das Interesse der klagenden Partei gem. § 3 ZPO im Grundsatz nach der in der Vertragszeit zu entrichtenden Miete bzw. Pacht; es wird aber nach der Wertung des § 9 ZPO regelmäßig auf die dreieinhalbfache Jahresmiete bzw. -pacht begrenzt.
Normenkette
ZPO §§ 3, 9
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 23. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des OLG Köln vom 4.6.2020 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 13.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Mit Vertrag vom 1.11.2013 verpachtete der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 1) landwirtschaftliche Flächen an den Rechtsvorgänger des Klägers mit einer Laufzeit bis zum 31.10.2019. Mit der Behauptung, am 18.11.2016 sei hinsichtlich der Folgejahre ein Pachtvorvertrag geschlossen worden, verlangt der Kläger mit der Klage den Abschluss eines Pachtvertrags für weitere sechs Jahre nach Maßgabe des bisherigen Pachtvertrags. Widerklagend begehrt die Beklagte zu 1) die Räumung und Herausgabe der Flächen nach Ablauf der Pachtzeit. Das AG - Landwirtschaftsgericht - hat unter Abweisung der Klage der Widerklage stattgegeben. Das OLG - Senat für Landwirtschaftssachen - hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er seine Klageanträge weiterverfolgt und die Abweisung der Widerklage erreichen will.
II.
Rz. 2
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 20.000 EUR nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Rz. 3
1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend, wobei die Wertberechnung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen ist (vgl. Senat, Beschl. v. 16.4.2015 - LwZR 4/14, juris Rz. 2 f.). Der Kläger will - gestützt auf einen behaupteten Vorvertrag - mit der Klage den Abschluss eines Landpachtvertrags über sechs Jahre erreichen. Da es an einem Pachtvertrag (noch) fehlt, ist § 8 ZPO nicht einschlägig. Gegenstand der Klage ist vielmehr die Abgabe einer Willenserklärung, und das Interesse der klagenden Partei ist gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen des Gerichts zu bewerten (vgl. BGH, Beschluss vom 27.9.1990 - III ZR 45/90, juris Rz. 4; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 8 Rz. 9; a.A. Wieczorek/Schütze/Reuschle, 5. Aufl., § 8 Rz. 5). Anerkannt ist insoweit einerseits, dass das Interesse der klagenden Partei den Gesamtbetrag des auf die vorgesehene Vertragsdauer entfallenden Pachtzinses nicht übersteigen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 27.9.1990 - III ZR 45/90, juris Rz. 4), und dass andererseits regelmäßig die Wertung des § 9 ZPO zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Saarbrücken, NJOZ 2010, 1515; OLG Bremen, BeckRS 2009, 19635; OLG Hamburg, MDR 1970, 333; OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 685; MAH MietR/Lutz, 5. Aufl., § 3 Rz. 11 ff.; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 17. Aufl., § 3 Rz. 31a "Mietstreitigkeiten" a.E.; PGG/Beumers, ZPO, 12. Aufl., § 8 Rz. 8; Schneider/Herget/Kurpat, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rz. 4021). Ist die Klage auf den Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrags gerichtet, bemisst sich das Interesse der klagenden Partei daher gem. § 3 ZPO im Grundsatz nach der in der Vertragszeit zu entrichtenden Miete bzw. Pacht; es wird aber nach der Wertung des § 9 ZPO regelmäßig auf die dreieinhalbfache Jahresmiete bzw. -pacht begrenzt. Denn der Gebrauchsgewährungsanspruch als solcher ist nicht Streitgegenstand, so dass über ihn keine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht, und zudem steht selbst bei einem befristeten Pachtvertrag nicht sicher fest, wie lange er tatsächlich durchgeführt werden wird (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O.; OLG Bremen, a.a.O.).
Rz. 4
2. Daran gemessen übersteigt das Interesse des Klägers 20.000 EUR nicht. Die Jahrespacht beträgt 3.500 EUR, das dreieinhalbfache hiervon beläuft sich auf 12.500 EUR. Klage und Widerklage betreffen denselben Gegenstand, so dass die Verteidigung gegen die Widerklage das Interesse des Klägers nicht erhöht. Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass die Herausgabe frei von Bewuchs erfolgen soll, schätzt der Senat die daraus erwachsende zusätzliche Beschwer mangels anderer Anhaltspunkte auf 500 EUR.
III.
Rz. 5
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Gegenstandswert hat der Senat gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO festgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 14449530 |
NJW 2021, 8 |
NZM 2021, 434 |
JZ 2021, 348 |
MDR 2021, 711 |
WuM 2021, 320 |
WuM 2021, 541 |
AGS 2021, 330 |
MietRB 2021, 206 |
NJW-Spezial 2021, 443 |