Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist verworfen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen und dem Antragsgegner die ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 25.564,59 EUR (= 50.000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist als Rechtsanwalt seit dem Jahre 1995 bei Gerichten des ersten Rechtszuges und seit dem Jahre 2000 beim Oberlandesgericht Dresden zugelassen. Mit Schreiben vom 11. Juni 2001 stellte er beim Bundesministerium der Justiz den Antrag, ihn, ohne daß er seine bestehenden Zulassungen aufgeben müsse, als Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof in Zivilsachen zuzulassen. Das Bundesministerium der Justiz lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26. Juni 2001 ab. Dem Antragsteller wurde dieser Bescheid am 29. Juni 2001 zugestellt.
Am 1. August 2001 ist beim Bundesgerichtshof ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung eingegangen, mit dem der Antragsteller sein Begehren weiterverfolgt. Mit Schriftsatz vom 2. August 2001, beim Bundesgerichtshof eingegangen am 7. August 2001, hat der Antragsteller wegen der Versäumung der Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antragsteller trägt vor, er habe zugleich mit dem Diktat der Antragsschrift auf Band die mit der Fertigung betraute – bis dahin stets zuverlässige – Kanzleimitarbeiterin angehalten, die Adresse und Faxnummer des Bundesgerichtshofs, Senats für Anwaltssachen, herauszusuchen, in das Adreßfeld des Schriftsatzes einzutragen sowie die Antragsschrift sodann noch am 30. Juli 2001 per Fax an den BGH abzusenden. Die Mitarbeiterin habe versehentlich die Telefaxnummer des Bundesverfassungsgerichts statt derjenigen des Bundesgerichtshofs herausgesucht und in der Antragsschrift eingetragen. Bevor er diese endgültig zur Übermittlung per Telefax freigegeben habe, habe er – Antragsteller – die Benennung des Gerichts und die Adresse überprüft. Die Telefaxnummer habe er anhand der ihm geläufigen Vorwahl als eine Karlsruher Nummer erkannt; aufgrund dieser Plausibilitätskontrolle habe er sich darauf verlassen, daß auch die Teilnehmernummer stimme. Nach Absendung, die am 30. Juli 2001 nach 20.00 Uhr erfolgt sei, habe er den Sendebericht daraufhin überprüft, ob das Telefax an die in dem Schriftsatz angegebene Nummer abgegangen sei. Aus dem Sendebericht sei der Empfänger namentlich nicht ersichtlich gewesen. Daß das Telefax nicht an den Bundesgerichtshof, sondern an das Bundesverfassungsgericht gelangt sei, habe er erst durch einen Anruf seitens des Bundesverfassungsgerichts am 1. August 2001 erfahren.
III.
Der Antragsteller hat die Antragsfrist von einem Monat (§ 21 Abs. 2 Satz 1 BRAO) versäumt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann ihm nicht gewährt werden, weil er nicht ohne sein Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten (§ 40 Abs. 4 BRAO i.V.m. § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG).
1. Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß ein Rechtsanwalt, der fristgebundene Schriftsätze zulässigerweise per Telefax einreicht, gehalten ist, durch organisatorische Anweisungen sicherzustellen, daß die für das angeschriebene Gericht zutreffende Telefaxnummer verwendet wird (BGH, Beschl. v. 3. Dezember 1996 – XI ZB 20/96, NJW 1997, 948; v. 20. Dezember 1999 – II ZB 7/99, NJW 2000, 1043; v. 10. Januar 2000 – II ZB 14/99, NJW 2000, 1043, 1044; v. 28. März 2001 – XII ZB 32/01, NJW-RR 2001, 1071; v. 7. Mai 2001 – II ZB 16/00, BGH-Report 2001, 809; v. 12. März 2002 – IX ZR 220/01, z.V.b.; ebenso BAGE 79, 379; BAG NJW 2001, 1594, 1595; OLG Stuttgart OLGR Stuttgart 2000, 332). Bei der erforderlichen Ausgangskontrolle muß ein Sendebericht ausgedruckt und auf die korrekte Angabe des Adressaten geachtet werden; dazu gehört auch die richtige Empfängernummer.
2. Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, daß er sein Büropersonal allgemein angewiesen habe, den Sendebericht auf die Eingabe der richtigen Empfängernummer zu kontrollieren.
Dies würde nichts schaden, wenn er selbst im konkreten Fall die erforderliche Kontrolle vorgenommen hätte. Daran hat es der Antragsteller jedoch fehlen lassen. Da er lediglich kontrolliert hat, ob die im Sendebericht wiedergegebene Empfängernummer mit derjenigen übereinstimmte, die von der Bürokraft im Adreßfeld des Schriftsatzes vermerkt worden war, war nicht gewährleistet, daß ein etwaiger Fehler bei der Ermittlung der Empfängernummer aufgedeckt wurde. Das ist jedoch erforderlich, weil das Risiko eines Versehens bei der Ermittlung der Empfängernummer hoch ist. Es ist besonders hoch, wenn die Empfängernummer von Fall zu Fall aus gedruckten Listen oder elektronischen Dateien herausgesucht werden muß und an einem und demselben Ort mehrere Empfänger in Betracht kommen. In einem derartigen Fall versagt eine „Plausibilitätskontrolle”, die sich auf die Vorwahlnummer beschränkt.
IV.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist deshalb als unzulässig zu verwerfen. Diese Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, wie vom Antragsteller beantragt.
Unterschriften
Deppert, Ganter, Otten, Frellesen, Schott, Frey, Wosgien
Fundstellen
Haufe-Index 744964 |
BRAK-Mitt. 2002, 171 |
Mitt. 2002, 475 |
NJOZ 2002, 1832 |