Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Entscheidung vom 14.06.2006; Aktenzeichen 2 T 6/06) |
AG Halle-Saalkreis (Entscheidung vom 05.12.2005; Aktenzeichen 59 IN 1527/03) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 14. Juni 2006 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Schuldners auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5 000 EUR.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Auf Antrag des Schuldners vom 10. Dezember 2003 wurde über sein Vermögen am 26. Januar 2004 das (Regel-)Insolvenzverfahren eröffnet, in dem er Restschuldbefreiung begehrt. Das durch das Finanzamt N. vertretene beteiligte Land hat im Schlusstermin beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Es hat den Antrag unter anderem darauf gestützt, dass der seit Juli 2002 beim staatlichen Schulamt W. als Gewerbelehrer angestellte Schuldner am 9. September 2002 gegenüber dem Vollziehungsbeamten des beteiligten Landes schriftlich erklärt habe, selbständig als Kaufmann tätig zu sein und seine Einkünfte aus Provisionen für die „A. „ zu bestreiten. Seine Tätigkeit als Gewerbelehrer habe er verschwiegen. Das Insolvenzgericht hat den Versagungsantrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Landes hat das Landgericht dem Antrag stattgegeben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Begehren auf Restschuldbefreiung weiter.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 2
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig, weil sie keinen Zulässigkeitsgrund aufdeckt.
Rz. 3
1. Die Rechtsbeschwerde meint, die von dem Vollziehungsbeamten anlässlich des Vollstreckungsversuchs gegen den Schuldner am 9. September 2002 gestellten Fragen zu seinen Vermögensverhältnissen seien unzulässig gewesen, weil die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung auf der Grundlage des für das Rechtsbeschwerdeverfahren maßgeblichen Sachverhalts nicht vorgelegen hätten. Indes fehlt es an dieser Prämisse, weil der Schuldner in den Tatsacheninstanzen nicht in Abrede gestellt hatte, dass gegen ihn mit Recht vollstreckt wurde. Bei dieser Sachlage durften die Vorinstanzen davon ausgehen, dass der Schuldner die unrichtigen Angaben seiner Einkommensverhältnisse gegenüber einem zuständigen Vollstreckungsorgan in der von § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorausgesetzten Form abgegeben hat (vgl. BGH, Beschl.v. 9. Februar 2006 – IX ZB 19/05, WM 2006, 1296, 1297).
Rz. 4
2. Nach der bereits ergangenen Rechtsprechung des Senats ist auch hinreichend klar, dass die Berichtigung unrichtiger Angaben vor dem Schlusstermin die Anwendung des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO jedenfalls im vorliegenden Fall nicht ausschließt. Der zweigliedrige subjektive Tatbestand der Vorschrift erfordert, dass der Schuldner vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht hat, um einen Kredit oder öffentliche Leistungen zu erhalten oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden. Neben vorsätzlich oder grob fahrlässig gemachten unrichtigen Angaben verlangt die Vorschrift, wie der Wortlaut „um … zu” verdeutlicht, ein finales Handeln zur Verwirklichung der Zielsetzung, hier einer Leistungsvermeidung. Nach der eindeutigen Tatbestandsfassung kann auch im Fall grob fahrlässiger Falschangaben auf diesen – eher mit vorsätzlichem Handeln korrespondierenden – finalen Zusammenhang nicht verzichtet werden. Da sich die Unredlichkeit des Schuldners in dem zielgerichteten Handeln bereits hinreichend manifestiert, ist es, wenn zwischen den unrichtigen Angaben und den vom Schuldner erstrebten Leistungen ein objektiver Zusammenhang besteht, ohne Bedeutung, ob der Schuldner mit Hilfe der Falschangaben sein Ziel tatsächlich erreicht hat (BGH, Beschl.v. 20. Dezember 2007 – IX ZB 189/06, ZInsO 2008, 157, 158). Wäre, wie von der Rechtsbeschwerde gefordert, eine Berichtigung der Angaben noch bis zum Schlusstermin möglich, nachdem die Sachverständige das unredliche Verhalten des Schuldners bereits in ihrem Gutachten aufgedeckt hatte, liefe die Bestimmung weitgehend leer und könnte ihren Zweck nicht erfüllen, den Kreis von Schuldnern, die innerhalb der Drei-Jahres-Frist vor dem Eröffnungsantrag Krediterschleichungen durch falsche schriftliche Erklärungen zumindest versucht haben, von den Vergünstigungen der Restschuldbefreiung auszuschließen. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung und bedarf keiner (weiteren) höchstrichterlichen Klarstellung.
Rz. 5
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).
Fundstellen