Verfahrensgang
LG Krefeld (Urteil vom 12.02.2014) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 12. Februar 2014 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen gemäß § 182 Abs. 3 StGB begegnet keinen Bedenken; insbesondere steht nicht entgegen, dass die Nebenklägerin sich gegen die sexuellen Übergriffe des Angeklagten sträubte und ihn mehrfach bat, damit aufzuhören.
Zwar wird in der Literatur und in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – allerdings nur in nicht tragenden Erwägungen – vereinzelt vertreten, nur einverständlich vorgenommene sexuelle Handlungen könnten den Tatbestand des § 182 Abs. 3 StGB erfüllen (Fischer, StGB, 61. Aufl., § 182 Rn. 11; BGH, Beschlüsse vom 18. April 2007 – 2 StR 589/06 und vom 20. Juli 2010 – 4 StR 304/10).
Dieser Auffassung vermag der Senat jedoch nicht zu folgen:
Eine solche einschränkende Auslegung ist nicht durch den Wortlaut der Vorschrift veranlasst, denn ein „Ausnutzen” ist nicht nur dann gegeben, wenn der Jugendliche infolge seiner fehlenden Selbstbestimmungsfähigkeit keinen der sexuellen Handlung entgegenstehenden Willen entwickeln kann, sondern auch dann, wenn das jugendliche Opfer seinen noch unterentwickelten und deshalb nur bedingt vorhanden entgegenstehenden Willen nicht verwirklichen, etwa aufgrund der Dominanz des Täters bzw. eines bestehenden „Machtgefälles” nicht durchsetzen kann (S/S-Eisele, StGB, 29. Aufl., § 182 Rn. 14; LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 182 Rn. 65; SSW-StGB/Wolters, 2. Aufl., § 182 Rn. 22); allein diese Auffassung entspricht im Übrigen derjenigen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 12/4584, S. 8).
Auch das „Überspielen” bzw. die Missachtung des zwar gebildeten, aber infolge der Reifemängel nicht durchsetzbaren entgegenstehenden Willens des Opfers stellt eine in den Schutzbereich der Norm fallende Fremdbestimmung dar. Auch der Jugendliche, bei dem die nicht abgeschlossene Entwicklung der sexuellen Selbstbestimmungsfähigkeit dazu führt, dass er einen entgegenstehenden Willen nicht verwirklichen kann, erweist sich nicht als „eigenverantwortlich” (vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. August 2013 – 3 StR 222/13, NStZ-RR 2014, 10, 11).
Unterschriften
Becker, Schäfer, Mayer, Gericke, Spaniol
Fundstellen
Haufe-Index 7199180 |
NJW 2014, 3673 |
NStZ 2014, 573 |
NStZ-RR 2014, 364 |
Kriminalistik 2015, 286 |
NJW-Spezial 2014, 602 |