Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 20.02.2019) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 20. Februar 2019 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie des unerlaubten Besitzes einer verbotenen Waffe schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Fall II. 1. der Urteilsgründe), wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in zwei Fällen (Fälle II. 2. und II. 4. der Urteilsgründe), davon im Fall II. 4. der Urteilsgründe in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, sowie wegen unerlaubten Besitzes einer verbotenen Waffe (Fall II. 3. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Der Senat hat den Schuldspruch in den Fällen II. 2. und II. 4. der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte anstelle der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren (Fall II. 2. der Urteilsgründe) sowie anstelle der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Fall II. 4. der Urteilsgründe) jeweils der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 2
Nach den für die rechtliche Bewertung der Fälle II. 2. und II. 4. der Urteilsgründe relevanten Feststellungen verfügte der über 21 Jahre alte Angeklagte in beiden Fällen jeweils über eine größere Menge Marihuana, das er sukzessive an Personen unter 18 Jahren veräußerte, um sich dadurch eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen; im Fall II. 4. der Urteilsgründe veräußerte er Teile des Rauschgifts auch an Personen über 18 Jahren. In beiden Fällen bezog sich die Tat auf eine nicht geringe Menge Marihuana.
Rz. 3
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 11. Juni 2019 ausgeführt:
„Der Senat wird […] erwägen können, den Schuldspruch dahingehend zu berichtigen, dass sich der Angeklagte in den Fällen II.2 und II.4 neben der gewerbsmäßigen unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren tateinheitlich jeweils auch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar gemacht hat. Zwar verdrängt die Strafbarkeit wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG die Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG, soweit der Verkauf allein an Minderjährige erfolgt, weil der im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegende Unrechtsgehalt in diesem Fall bereits von der Verurteilung nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfasst wird (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Oktober 2010, 3 StR 353/10, Rn. 6, juris; BGH, NStZ 2018, 227). Dies gilt indes, unabhängig von der Frage des Verkaufes auch an Erwachsene, nicht für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, da bei Zurücktreten dieses Tatbestands das besondere Unrecht, das sich aus der Größe der gehandelten Menge ergibt, nicht zum Ausdruck käme (vgl. Patzak in Körner/Patzak/ Volkmer, 9. Auflage, § 30 Rn. 81 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 8. Januar 2015, 2 StR 252/14; ebenso Weber, 5. Auflage, § 30 Rn. 132; Oğlakcioğlu in MüKo StGB, 3. Auflage, § 30 BtMG Rn. 118; Becker in BeckOK BtMG, 2. Edition, § 30 Rn. 16; offen gelassen bei Senat, Beschluss vom 5. Oktober 2010, 3 StR 353/10, Rn. 6, juris).”
Rz. 4
Dem schließt sich der Senat an und ändert den Schuldspruch entsprechend.
Rz. 5
Das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO hindert den Senat an einer Verschärfung des Schuldspruchs nicht (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 8 f.; KK-Gericke, StPO, 8. Aufl., § 358 Rn. 18). Auch § 265 StPO steht der Änderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
Unterschriften
Schäfer, Tiemann, Berg, Anstötz, Erbguth
Fundstellen
Haufe-Index 13473509 |
NStZ 2019, 6 |
NStZ 2020, 43 |