Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 29.01.2019) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 29. Januar 2019 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
- in den Fällen 9 und 10 der Urteilsgründe die Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie
- die Einziehung des Wertes des Tatertrages von 44.480 Euro entfallen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln (Fall 10), wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 9) und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Erwerb von Betäubungsmitteln in acht Fällen (Fälle 1 bis 8) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es beim Angeklagten sichergestelltes Bargeld (71.240 Euro) gemäß § 73a StGB eingezogen und die Einziehung von Wertersatz gemäß § 73c StGB in Höhe von 44.480 Euro angeordnet. Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Urteils. Im Übrigen ist die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
Rz. 2
1. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in den Fällen 9 und 10 hat keinen Bestand.
Rz. 3
Im Fall 9 lagerte der Angeklagte in einem „Bunker” neben dem zu seiner Wohnung gehörenden Keller 415,66 Gramm Cannabisharz mit einem THC-Gehalt von 25,82 Gramm, das er gewinnbringend verkaufen wollte. Das Landgericht hat ihn daher zu Recht wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) verurteilt. Es hat aber – worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist – übersehen, dass die Strafbarkeit wegen Besitzes derselben Betäubungsmittel hinter das Handeltreiben zurücktritt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174, 175).
Rz. 4
Im Fall 10 hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte Betäubungsmittel aus seinem in einem Schuppen des Mitangeklagten S. gelagerten Verkaufsvorrat zum gewinnbringenden Verkauf in seine Wohnung verbrachte, wo in unmittelbarer Nähe zu dort sichergestellten Betäubungsmitteln bewusst griffbereit ein Teleskopstock lag. Die vom Landgericht rechtlich als Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bewertete Lagerung in dem Schuppen, die sich isoliert betrachtet als ein Handeltreiben im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG darstellt, wird durch den Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verdrängt, auch wenn dieser nur bei einem Teilakt des Gesamtgeschehens, nämlich beim Handeltreiben in der Wohnung, verwirklicht wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 1996 – 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 2).
Rz. 5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Der Strafausspruch kann in beiden Fällen bestehen bleiben. Im Fall 9 hat das Landgericht dem bloßen Besitz der Betäubungsmittel bei der Strafbemessung keinen eigenständigen Wert beigelegt. Im Fall 10 hat es zwar mit Blick auf die im Vergleich zu Schuss- oder Stichwaffen herabgesetzte Gefährlichkeit eines Teleskopschlagstockes einen minder schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG angenommen. Die von der Strafkammer hinsichtlich der Mindeststrafe angenommene Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG gilt aber auch, wenn das Delikt des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter das bewaffnete Handeltreiben zurücktritt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. August 2013 – 2 StR 144/13, NStZ-RR 2014, 180). Der Senat kann daher ausschließen, dass die Strafaussprüche auf den Rechtsfehlern beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO).
Rz. 6
2. Die Anordnung der Einziehung des Wertes des Tatertrages von 44.480 Euro begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Rz. 7
Soweit das Landgericht gemäß § 74 Abs. 2 StGB die Einziehung eines Geldbetrages von 800 Euro als Wertersatz für die vom Angeklagten selbst konsumierten Betäubungsmittel (Fälle 1 bis 8) angeordnet hat, weist der Generalbundesanwalt zu Recht darauf hin, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Wertersatzeinziehung nach § 74c Abs. 1 StGB voraussetzt, dass dem Täter der ursprünglich einziehungsbetroffene Gegenstand zur Zeit der Tat gehörte oder zustand. Dies ist aber für – wie hier – im Inland erworbene Betäubungsmittel nicht der Fall, weil ein Eigentumserwerb hieran gemäß § 134 BGB nicht möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2019 – 3 StR 194/19 mwN).
Rz. 8
Soweit das Landgericht die Einziehungsentscheidung auf § 73c StGB gestützt hat, hält dies der rechtlichen Prüfung ebenfalls nicht stand. Allerdings ist die Strafkammer zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch den Betäubungsmittelhandel in den Fällen 1 bis 8 insgesamt 43.680 Euro erlangt hat. Sie hat jedoch übersehen, dass es sich bei dem sichergestellten Bargeld von 71.240 Euro naheliegend um Erlöse aus diesen Taten handelt. Insoweit kommt daher weder eine Einziehung des Wertes des Tatertrages nach § 73c StGB noch eine erweiterte Einziehung nach § 73a StGB in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 231/18, NStZ-RR 2018, 380, 382).
Rz. 9
Der Senat ändert die Einziehungsentscheidung entsprechend.
Rz. 10
3. Angesichts des geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, dem Angeklagten die gesamten Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Unterschriften
Mutzbauer, Schneider, Berger, Mosbacher, Köhler
Fundstellen
Haufe-Index 13489866 |
NStZ 2020, 24 |