Verfahrensgang
OLG München (Entscheidung vom 03.02.2022; Aktenzeichen 1 U 5522/21) |
LG München I (Entscheidung vom 14.07.2021; Aktenzeichen 15 O 12990/18) |
Tenor
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München - 1. Zivilsenat - vom 3. Februar 2022 - 1 U 5522/21 - gewährt.
Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts zur Wahrnehmung seiner Rechte im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Beschluss des Oberlandesgerichts München wird abgelehnt.
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den vorbezeichneten Beschluss des Oberlandesgerichts München wird als unzulässig verworfen.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Beschluss des Oberlandesgerichts München wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 25.204 €
Gründe
Rz. 1
1. Dem Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 3 Satz 1 ZPO) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 3. Februar 2022 zu gewähren, da insoweit die Voraussetzungen der § 233 Abs. 1 Satz 1, § 234 Abs. 1 Satz 1 und § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorliegen.
Rz. 2
2. Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78b Abs. 1 ZPO ist unbegründet.
Rz. 3
a) Hat eine Partei - wie hier - einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend beauftragt, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Beiordnung eines Notanwalts nicht deshalb verlangt werden, weil der zunächst mandatierte Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nach Prüfung der Sach- und Rechtslage die Erfolgsaussicht verneint und deshalb nicht bereit ist, ein von ihm bereits eingelegtes Rechtsmittel nach den Vorstellungen und Vorgaben der Partei trotz fehlender Aussicht auf Erfolg zu begründen. So liegt der Fall hier. Der bisherige Prozessbevollmächtigte des Klägers hat diesem mit - vom Kläger vorgelegtem - ausführlichem Schreiben vom 12. August 2022 dargelegt, dass das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg habe, da Zulassungsgründe im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Revision nicht vorlägen. In dem an seinen Prozessbevollmächtigten gerichteten E-Mail-Schreiben vom 17. August 2022 und der Antragsbegründung vom 28. August 2022 bringt der Kläger deutlich zum Ausdruck, dass er die rechtliche Bewertung und negative Beurteilung der Erfolgsaussichten durch seinen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten nicht gelten lassen und seine eigenen Vorstellungen durchsetzen will. Zu diesem Zweck kann jedoch eine Notanwaltsbestellung nicht erfolgen.
Rz. 4
Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof ist es, die Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisions- und Rechtsbeschwerdesachen besonders qualifizierte Anwaltschaft zu stärken. Die Rechtsuchenden sollen kompetent beraten werden und im Vorfeld von aussichtslosen Rechtsmitteln Abstand nehmen können, was ihnen Kosten erspart. Zugleich soll der Bundesgerichtshof von der Bearbeitung solcher Rechtsmittel entlastet werden. Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die ihres - auf das Revisions- und Rechtsbeschwerderecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen und das eingelegte Rechtsmittel entgegen dessen Auffassung durchzuführen (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 16. September 2021 - III ZR 70/21, juris Rn. 4 f und vom 25. Oktober 2018 - III ZR 121/18, juris Rn. 4; jew. mwN).
Rz. 5
b) Die Beiordnung eines Notanwalts scheidet ungeachtet dessen auch aus, weil die Nichtzulassungsbeschwerde aussichtslos ist, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Zulassungsgründe in diesem Sinne sind nicht ersichtlich und könnten demnach auch durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt nicht dargetan werden (vgl. Senat, Beschluss vom 16. September 2021 aaO juris Rn. 6 mwN).
Rz. 6
3. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die versäumte Begründungsfrist ist unzulässig, da er nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) gestellt worden ist. Der Antrag ist zudem unbegründet. Einer Partei, welche trotz der Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, kann Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist nur dann gewährt werden, wenn sie vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt und dabei die Voraussetzungen hierfür substantiiert dargelegt hat (Senat, Beschluss vom 25. Oktober 2018 aaO Rn. 7 mwN). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem eine Notanwaltsbestellung aus den vorstehenden Gründen von vornherein nicht in Betracht kam.
Rz. 7
4. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der Frist des § 544 Abs. 2 ZPO durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) begründet worden ist. Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde kann gleichzeitig mit der Zurückweisung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts erfolgen (Senat, Beschlüsse vom 16. September 2021 aaO Rn. 8 und vom 25. Oktober 2018 aaO; jew. mwN).
Herrmann |
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Fundstellen
Dokument-Index HI15547216 |