Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung durch Rechtsnachfolger. Titel, der Rechtsnachfolger zur Zwangsvollstreckung berechtigt. Titelumschreibung auf Rechtsnachfolger
Leitsatz (amtlich)
Die Zwangsvollstreckung darf auch im Falle der Gesamtrechtsnachfolge auf Seiten des Gläubigers nicht fortgeführt werden, solange dem Schuldner keine Ausfertigung des Titels zugestellt worden ist, aus der sich die Berechtigung des Rechtsnachfolgers des Gläubigers zur Vollstreckung ergibt.
Normenkette
ZPO § 727 Abs. 1, § 750 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Marburg (Beschluss vom 25.01.2006; Aktenzeichen 3 T 296/05) |
AG Frankenberg (Eder) (Entscheidung vom 23.09.2005; Aktenzeichen 32 K 46/03) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerden gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Marburg vom 25.1.2006 werden zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen der Gläubigerin und der Schuldnerin je zur Hälfte zur Last.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 145.000 EUR.
Gründe
I.
[1] Die M. Bank eG (M. Bank) war Berechtigte mehrerer Grundschulden, mit denen das Grundstück der Schuldnerin belastet ist. Aus einer vollstreckbaren Grundschuld und einem zur Vollstreckung weiterer Grundschulden erwirkten Versäumnisurteil betrieb sie die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Das AG ordnete am 3.12.2003 die Versteigerung an.
[2] In der Folgezeit wurde die M. Bank auf die V. bank Mi. eG (Gläubigerin) verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 14.7.2005 in das Genossenschaftsregister eingetragen. Im Hinblick hierauf beantragte die Schuldnerin am 29.7.2005 die Einstellung des Verfahrens. Im Versteigerungstermin vom 6.8.2005 blieb der Ersteher Meistbietender.
[3] Das AG hat den Antrag auf Einstellung des Verfahrens zurückgewiesen und dem Ersteher den Zuschlag erteilt. Das LG hat auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin die Entscheidung des AG aufgehoben und den Zuschlag mit der Maßgabe versagt, dass die rechtskräftige Versagung wie eine einstweilige Einstellung des Verfahrens wirke. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Gläubigerin die Wiederherstellung des Zuschlags; die Schuldnerin will erreichen, dass die Versagung des Zuschlags als Aufhebung des Verfahrens wirkt.
II.
[4] Das Beschwerdegericht sieht den Zuschlag als zu Unrecht erteilt an. Es meint, nach der Verschmelzung der M. Bank auf die Gläubigerin habe das Grundstück nur versteigert werden dürfen, wenn zuvor die Titel, aus denen die Zwangsvollstreckung betrieben werde, auf die Gläubigerin umgeschrieben und die der Gläubigerin zu erteilenden vollstreckbaren Ausfertigungen der Titel der Schuldnerin zugestellt worden wären. Beides könne jedoch nachgeholt werden. Die Versagung des Zuschlags wirke daher gem. § 86 ZVG wie eine einstweilige Einstellung des Verfahrens.
[5] Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
III.
[6] Die Beschwerde der Gläubigerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
[7] 1. Die Entscheidung über den Zuschlag kann nur von den in §§ 97 und 102 ZVG bezeichneten Personen angefochten werden. Zu diesen gehört die Gläubigerin. Mit der Eintragung der Verschmelzung der V. bank M. in das Genossenschaftsregister ist die Gläubigerin gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG als aufnehmende Genossenschaft Gesamtrechtsnachfolgerin der Titelgläubigerin geworden und damit in deren Stellung als Verfahrensbeteiligte eingetreten (Obermaier, DGVZ 1973, 145, 146; BGH v. 16.3.1988 - IVa ZR 163/87, BGHZ 104, 1, 4 f = MDR 1988, 566 für das Erkenntnisverfahren; BGH, Beschl. v. 2.3.1995, BLw 70/94, MDR 1996, 215 = NJW-RR 1995, 705 für das Antragsverfahren nach § 20 Abs. 2 FGG; allgemein Staudinger/Marotzke, BGB [2000], § 1922 Rz. 329 f., 337). Die Beschwerdeberechtigung der M. Bank gem. §§ 9, 97 Abs. 1 ZVG setzt sich in der Beschwerdeberechtigung der Gläubigerin fort. Der Umschreibung des Titels bedarf es hierzu nicht (vgl. Senat, Beschl. v. 5.10.2006 - V ZB 2/06, BGHReport 2007, 80 = WM 2006, 2316, 2317 zur Beschwerdeberechtigung des Einzelrechtsnachfolgers).
[8] 2. Die Versteigerung des Grundstücks und der Zuschlag waren bzw. sind aus einem sonstigen Grund i.S.v. § 83 Nr. 6 ZVG unzulässig. Es fehlt an den Vollstreckungsvoraussetzungen gem. § 750 ZPO, weil eine die Gläubigerin zur Vollstreckung legitimierende Vollstreckungsklausel bislang weder erteilt noch der Schuldnerin zugestellt worden ist.
[9] Nach § 750 Abs. 1 ZPO müssen der Vollstreckungsschuldner und der betreibende Gläubiger in dem Titel, aus dem die Vollstreckung erfolgen soll, namentlich bezeichnet sein. Daran fehlt es im Fall der Rechtsnachfolge. Der Rechtsnachfolger des benannten Gläubigers benötigt daher eine vollstreckbare Ausfertigung, deren Klausel ihn nach § 727 ZPO als Gläubiger ausweist. Diese Klausel und die ihrer Erteilung zugrunde liegenden Urkunden müssen dem Schuldner gem. § 750 Abs. 2 ZPO zugestellt werden.
[10] a) Das gilt über den Wortlaut von § 750 Abs. 1 ZPO hinaus nicht nur für den Beginn der Zwangsvollstreckung, sondern mit Ausnahme des in § 779 ZPO geregelten Falles auch während der Dauer des Verfahrens (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1963 - III ZR 178/61, WM 1963, 754, 756; OLG Hamm v. 15.2.1989 - 15 W 591/88, Rpfleger 1989, 337, 338 und 2000, 171; LG Oldenburg v. 23.6.1982 - 5 T 208/82, ZIP 1982, 1249; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 15 Rz. 29.7; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 9 Rz. 5; Hagemann in Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 9 Rz. 22; Teufel, ebenda, § 27 Rz. 37; Korintenberg/Wenz, ZVG, 6. Aufl., § 9 Anm. 2; § 27 Anm. 5; Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 9 Rz. 2, § 27 Rz. 1; Wolff, Recht 1910, 654, 655 f.; Brückner, Recht 1908, 283, 284; für die Zwangsvollstreckung im Allgemeinen BSG, Beschl. v. 25.8.1987, 11a BA 26/87, dokumentiert bei Juris; Wieczorek/Schütze/Salzmann, ZPO, 3. Aufl., § 750 Rz. 1; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 750 Rz. 1; Musielak/Lackmann, ZPO, 5. Aufl., § 750 Rz. 2; Jacobi, ZZP 25, 447, 467 f.). Dies folgt aus der Funktion der Klausel und dem Zweck des Zustellungserfordernisses.
[11] Da das Vollstreckungsgericht zu einer materiellen Überprüfung des Titels weder berechtigt noch in der Lage ist, wird ihm dessen Vollstreckbarkeit durch die Vollstreckungsklausel in formalisierter Form vorgegeben (Senat, Beschl. v. 21.9.2006 - V ZB 76/06, BGHReport 2006, 1553 = NotBZ 2006, 427 = MDR 2007, 297 = WM 2006, 2266, 2267). Das ist im Fall der Rechtsnachfolge grundsätzlich nicht anders. Auch hier hat das Vollstreckungsgericht die materielle Rechtslage nicht zu prüfen. Die formelle Legitimation des Rechtsnachfolgers wird vielmehr durch die Rechtsnachfolgeklausel hergestellt (so schon RGZ 7, 332, 334). Ohne eine solche Klausel ist der Titel für ihn nicht vollstreckbar; er kann die Vollstreckung weder beginnen noch fortsetzen.
[12] Das Zustellungserfordernis sichert den Anspruch des Schuldners auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Senat, Beschl. v. 21.9.2006, a.a.O., 2267). Die in § 750 Abs. 1 ZPO vorgeschriebene Zustellung des Titels macht dem Schuldner nicht nur unmissverständlich klar, dass der Gläubiger die titulierte Forderung zwangsweise durchsetzen wird. Sie unterrichtet ihn über die förmlichen Grundlagen der Zwangsvollstreckung und gibt ihm Gelegenheit, deren Zulässigkeit zu prüfen und Einwendungen geltend zu machen. Aus dem gleichen Grund sind dem Schuldner im Fall der Rechtsnachfolge auch die Vollstreckungsklausel und die ihrer Erteilung zugrunde liegenden Urkunden zuzustellen. Denn nur so wird er vollständig über die Grundlagen der Zwangsvollstreckung unterrichtet und in die Lage versetzt, deren Voraussetzungen zu prüfen (Senat, Beschl. v. 21.9.2006, a.a.O., 2267; ferner BGH, Beschl. v. 5.7.2005 - VII ZB 14/05, MDR 2005, 1433 = BGHReport 2005, 1282 m. Anm. Schuschke = WM 2005, 1995, 1996).
[13] Die förmliche Unterrichtung ist auch dann geboten, wenn die Rechtsnachfolge während des Vollstreckungsverfahrens eintritt. Auch in diesem Fall muss der Schuldner die Möglichkeit haben, die Voraussetzungen der Rechtsnachfolge zu überprüfen und seine Einwendungen in den dafür vorgesehenen Verfahren nach § 732 ZPO oder § 768 ZPO geltend zu machen. Allein die Zustellung der dem Rechtsnachfolger erteilten Vollstreckungsklausel gewährleistet, dass der Schuldner von der Rechtsnachfolge erfährt und Gelegenheit erhält, persönliche Einwendungen gegen den neuen Gläubiger geltend zu machen (vgl. Wolff, Recht 1910, 654, 656; und Brückner, Recht 1908, 283, 285).
[14] b) Das ist im Fall der Gesamtrechtsnachfolge nicht anders (Teufel in Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, a.a.O., § 27 Rz. 37). Die Zwangsvollstreckung durch einen Gesamtrechtsnachfolger beginnt nicht erst mit einer Handlung des Rechtsnachfolgers. Der Gesamtrechtsnachfolger tritt mit dem Ausscheiden des Titelgläubigers aus dem Verfahren in dieses in dem Stand ein, den das Verfahren bei dem Ausscheiden des Titelgläubigers erreicht hat. Die von dem Titelgläubiger erwirkten Handlungen des Vollstreckungsgerichts wirken für den Gesamtrechtsnachfolger fort. Das Verfahren wird von diesem weitergeführt. Der Schuldner ist ggü. dem Gesamtrechtsnachfolger des Titelgläubigers nicht weniger schützenswert als gegenüber einem Einzelrechtsnachfolger. Er hat die Zwangsvollstreckung nur hinzunehmen, wenn die Berechtigung zur Zwangsvollstreckung des nicht in dem Titel benannten Gläubigers durch die Umschreibung der Vollstreckungsklausel auf den Rechtsnachfolger nachgewiesen worden und ihm die Rechtsnachfolgeklausel zugestellt worden ist. Ansonsten fehlte es an der zur Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung grundsätzlich notwendigen Gewähr dafür, dass der Schuldner in jeder Lage des Verfahrens den betreibenden Gläubiger kennt und wenigstens formell sichergestellt ist, dass er sich an diesen wenden kann. Der Nachweis der Rechtsnachfolge und die Zustellung der Rechtsnachfolgeklausel sind daher Voraussetzung jeder weiteren Maßnahme des Vollstreckungsgerichts gegen den Schuldner und nicht erst dann notwendig, wenn der Rechtsnachfolger des Titelgläubigers durch einen Antrag auf das Verfahren einwirkt (a.M. OLG Darmstadt HRR 1939 Nr. 1055; OLG Hamm JMBlNRW 1963, 132; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., vor § 704 Rz. 79; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 7. Aufl., S. 21; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl., S. 391; Obermaier, DGVZ 1973, 147; ferner Storz ZIP 1980, 159, 163).
[15] Dies wird für die Zwangsversteigerung durch § 28 Abs. 2 ZVG ausdrücklich klargestellt. Hiernach hat das Vollstreckungsgericht ihm bekannte Vollstreckungsmängel, zu denen das Fehlen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen gehört (vgl. Senat, Beschl. vom 14.4.2005 - V ZB 25/05, BGH v. 14.4.2005 - V ZB 25/05, NotBZ 2005, 257 = WM 2005, 1324, 1325), in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen. Bei der Entscheidung über den Zuschlag folgt die von Handlungen des Gläubigers unabhängige Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts darüber hinaus aus § 83 Nr. 6 ZVG (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1963, a.a.O., 757; Beschl. v. 30.1.2004, IXa ZB 285/03, BGHReport 2004, 919 = MDR 2004, 774 = NJW-RR 2004, 1366, 1367). Denn im Unterschied zu § 83 Nr. 1, 2, 4 und 7 ZVG setzt § 83 Nr. 6 ZVG keinen Verfahrensfehler voraus. Es kommt mithin nicht darauf an, ob sich der Mangel der Vollstreckungsvoraussetzungen bereits auf die Wirksamkeit des Versteigerungsantrags oder auf die Maßnahmen des Vollstreckungsorgans ausgewirkt hat. Entscheidend ist allein, dass im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung keine Maßnahme gegen den Schuldner erfolgen darf.
[16] c) Die Umschreibung der Klausel und ihre Zustellung sind nur dann nicht erforderlich, wenn der Rechtsnachfolger des Gläubigers die Einstellung des Verfahrens bewilligt (Senat, Beschl. v. 5.10.2006 - V ZB 2/06, BGHReport 2007, 80 = WM 2006, 2316, 2317) oder den Vollstreckungsantrag zurücknimmt, weil dies keine Maßnahme gegen den Schuldner bedeutet. Etwas anderes kann auch nicht mit einer entsprechenden Anwendung von § 779 ZPO begründet werden. Die Vorschrift bedeutet eine allein für den Fall des Todes des Schuldners nach dem Beginn der Zwangsvollstreckung geschaffene Ausnahme von § 750 ZPO (Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 2 S. 443), die auf den Fall der Gesamtrechtsnachfolge auf Seiten des Gläubigers keine entsprechende Anwendung finden kann (Wieczorek/Schütze/Salzmann, a.a.O., § 779 Rz. 2).
[17] 3. Auch die von der Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hilfsweise erhobene Rüge, das Beschwerdegericht habe der Gläubigerin weder im Beschwerdeverfahren selbst noch mittelbar durch Zurückverweisung der Sache Gelegenheit gegeben, die Umschreibung der Vollstreckungsklausel nachzuholen, hat keinen Erfolg.
[18] a) Das Beschwerdegericht hat die Gläubigerin darauf hingewiesen, dass das Vollstreckungsgericht § 83 Nr. 6 ZVG verletzt hat. Weitere Maßnahmen schieden aus, weil der Beschwerdegrund durch die nachträgliche Erteilung und Zustellung einer Rechtsnachfolgeklausel nicht mehr beseitigt werden kann. Aus der Entscheidung des BGH vom 30.1.2004 (IXa ZB 285/03, BGH v. 30.1.2004 - IXa ZB 285/03, BGHReport 2004, 919 = MDR 2004, 774 = NJW-RR 2004, 1366 f.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 5.11.2004, IXa ZB 76/04, BGHReport 2005, 401 = FamRZ 2005, 200 f.) ergibt sich nichts anderes. Danach führt ein Verfahrensmangel nach § 83 Nr. 6 ZVG zwar nicht in jedem Fall zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und zur Versagung des Zuschlags (so etwa OLG Hamm v. 29.11.1999 - 15 W 290/99, OLGReport Hamm 2000, 115 = Rpfleger 2000, 171, 172, Stöber, a.a.O., § 83 Rz. 2.1; Alff, Rpfleger 2001, 385). Eine andere Entscheidung kommt aber nur in Betracht, wenn in der Beschwerdeinstanz sicher festgestellt werden kann, dass die Rechte des Schuldners trotz des Verfahrensmangels nicht verkürzt worden sind. Nur aus diesem Grund hat der BGH die vorübergehende Entnahme des Vollstreckungstitels aus den Vollstreckungsakten als unschädlich angesehen, weil im Beschwerdeverfahren nachgewiesen worden war, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen während des gesamten Versteigerungsverfahrens unverändert vorgelegen hatten (Beschl. v. 30.1.2004, a.a.O., 1367).
[19] So liegt es hier nicht. Das Vollstreckungsgericht hat das Erfordernis der Erteilung und Zustellung der Rechtsnachfolgeklausel missachtet und dadurch den Anspruch der Schuldnerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs und effektiven Rechtsschutzes verkürzt.
[20] b) Die Sache konnte von dem Beschwerdegericht auch nicht an das Vollstreckungsgericht zurückverwiesen werden. Die Zurückverweisung ist in dem Verfahren der Zuschlagsbeschwerde nicht zulässig (vgl. nur Stöber, a.a.O., § 96 Rz. 2.2 und § 101 Rz. 1). Nach § 101 Abs. 1 ZVG hat das Beschwerdegericht, wenn es die Beschwerde für begründet erachtet, in der Sache selbst zu entscheiden. Das schließt die Anwendung von § 572 Abs. 3 ZPO aus (§ 96 ZVG), um eine Verzögerung des Verfahrens zu vermeiden (vgl. Denkschrift, abgedruckt bei Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 5, S. 57). Ob hiervon eine Ausnahme für den Fall zu machen ist, dass die Zurückverweisung einen neuen Versteigerungstermin entbehrlich macht, bedarf keiner Entscheidung. Denn das Vollstreckungsgericht könnte das Verfahren nicht mehr nach § 28 Abs. 2 ZVG einstweilen einstellen und der Gläubigerin dadurch Gelegenheit geben, die Umschreibung der Vollstreckungsklausel nachzuholen. Gemäß § 33 ZVG hätte es vielmehr durch sofortige Versagung des Zuschlags zu entscheiden, weil die Versteigerung bereits geschlossen ist.
IV.
[21] Die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin ist aufgrund der - den Senat bindenden - Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Auch sie hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat zu Recht ausgesprochen, dass die rechtskräftige Versagung des Zuschlags gem. § 86 ZVG wie eine einstweilige Einstellung des Verfahrens wirkt.
[22] 1. a) Zu diesem klarstellenden Ausspruch war das Beschwerdegericht nach § 101 Abs. 1 ZVG befugt. Die einstweilige Einstellung des Versteigerungsverfahrens erfolgt zwar grundsätzlich durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts (§§ 1 Abs. 1, 32 ZVG). Nach § 86 ZVG wirkt aber auch die rechtskräftige Versagung des Zuschlags wie eine einstweilige Einstellung oder wie die Aufhebung des Verfahrens. Da diese Wirkung das Vollstreckungsgericht bindet und nur durch Anfechtung der den Zuschlag versagenden Entscheidung beseitigt werden kann, ist sie zur Klarstellung in den Tenor dieser Entscheidung aufzunehmen (vgl. Stöber, a.a.O., § 86 Rz. 2.1; Böttcher, a.a.O., § 86 Rz. 1; aber auch Jäckel/Güthe, a.a.O., § 86 Rz. 1 und 3; Storz in Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, a.a.O., § 86 Rz. 1; Dassler/Schiffhauer/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 86 Rz. 2). Das gilt auch dann, wenn das Beschwerdegericht nach § 101 Abs. 1 ZVG über die Versagung des Zuschlags entscheidet.
[23] b) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist auch im Ergebnis nicht zu beanstanden. Nach § 86 ZVG wirkt die Versagung des Zuschlags, wenn die Fortsetzung des Verfahrens zulässig ist, wie eine einstweilige Einstellung, anderenfalls wie die Aufhebung des Verfahrens. Der Wortlaut des Gesetzes legt damit den Schluss nahe, dass die Wirkung als Aufhebung stets eintritt, wenn der Zuschlag aus einem sonstigen Grund i.S.v. § 83 Nr. 6 ZVG versagt wird. Das trifft jedoch nicht zu. Denn ein solcher Grund liegt auch dann vor, wenn der Entscheidung zugunsten des Meistbietenden ein behebbarer Verfahrensmangel entgegensteht. Nach dem in § 28 ZVG zum Ausdruck kommenden Grundsatz ist die Aufhebung des Verfahrens nur dann gerechtfertigt, wenn dem Gläubiger zuvor durch einstweilige Einstellung des Verfahrens Gelegenheit zu ihrer Behebung gegeben wurde. Dieser Wertung ist bei der Auslegung von § 86 ZVG dadurch Rechnung zu tragen, dass die Versagung des Zuschlags nach § 83 Nr. 6 ZVG auch dann nur wie eine einstweilige Einstellung wirkt, wenn der Gläubiger hierdurch die Gelegenheit erhält, den Versagungsgrund zu beseitigen und so die Voraussetzungen für die Fortsetzung des Verfahrens zu schaffen.
[24] Das Beschwerdegericht hat deshalb zu Recht darauf abgestellt, dass die Fortsetzung des Verfahrens zulässig wird, sobald die Gläubigerin die erforderliche Umschreibung der Vollstreckungsklausel erreicht hat (vgl. OLG Hamm v. 29.11.1999 - 15 W 290/99, OLGReport Hamm 2000, 115 = Rpfleger 2000, 171, 172; Stöber, a.a.O., § 86 Rz. 2.2). Das wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandet. Sie rügt lediglich, dass das Beschwerdegericht dem Erlöschen der M. Bank im Rahmen von § 86 ZVG keine Bedeutung beigemessen hat. Damit habe die M. Bank die Parteifähigkeit verloren. Dies bedeute einen nicht behebbaren Mangel des Verfahrens, der zur Aufhebung führen müsse. Dies geht schon deshalb fehl, weil die M. Bank an dem Verfahren nicht mehr beteiligt und die Gläubigerin an deren Stelle in das Verfahren eingetreten, als Genossenschaft rechtsfähig und damit gem. § 50 Abs. 1 ZPO parteifähig ist.
[25] 2. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht keine Frist bestimmt hat, binnen welcher die Gläubigerin die Erteilung und Zustellung einer Rechtsnachfolgeklausel nachzuweisen hat. Die rechtskräftige Versagung des Zuschlags wirkt wie eine einstweilige Einstellung und hat darum gem. § 31 Abs. 1 Satz 2 ZVG zur Folge, dass das Verfahren aufzuheben ist, wenn die Gläubigerin nicht binnen sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft einen Fortsetzungsantrag stellt (vgl. Stöber, a.a.O., § 86 Rz. 2.6).
IV.
[26] Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet für Beschwerden in Zwangsversteigerungssachen grundsätzlich aus (Senat, Beschl. v. 21.9.2006 - V ZB 76/06, BGHReport 2006, 1553 = NotBZ 2006, 427 = MDR 2007, 297 = WM 2006, 2266, 2267 m.w.N.). Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist im Hinblick auf das Rechtsschutzziel der Schuldnerin, das Zwangsvollstreckungsverfahren aufzuheben, nach dem das Meistgebot übersteigenden Verkehrswert des Grundstücks zu bestimmen.
Fundstellen