Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 21.08.2008) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und A. wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 21. August 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
- gegen den Angeklagten B. im Strafausspruch,
gegen den Angeklagten A.
aa) im Ausspruch über die Einzelstrafe wegen der Tat 2,
bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, nur insoweit mit den zugehörigen Feststellungen.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten B. und A. und die Revision des Angeklagten G. werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Angeklagten B. und A., an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Der Angeklagte G. hat die Kosten seiner Revision zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten – unter Freisprechung im Übrigen – wegen (besonders) schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Tat 2), die Angeklagten A. und G. ferner wegen Diebstahls (Tat 1) verurteilt: den Angeklagten B. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Monat, den Angeklagten A. unter Einbeziehung einer anderweit rechtskräftig verhängten Einzelstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten (Einsatzstrafe wegen der Tat 2: fünf Jahre und ein Monat Freiheitsstrafe), den Angeklagten G. unter Einbeziehung anderweit rechtskräftig verhängter Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten (Einsatzstrafe wegen der Tat 2: vier Jahre und sieben Monate Freiheitsstrafe); gegen den letztgenannten ist ferner die Unterbringung nach § 64 StGB mit einem Vorwegvollzug von fünf Monaten angeordnet worden. Die Revisionen der Angeklagten B. und A. haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, ihre weitergehenden Revisionen wie die Revision des Angeklagten G. insgesamt sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Bei der Tat 2 ist die Wertung der Strafkammer, die Angeklagten B. und A. seien als Mittäter verantwortlich, zwar rechtsfehlerfrei. Zu beanstanden ist indes bei ihnen die Strafrahmenwahl. Im Gegensatz zum Angeklagten G., bei dem – allerdings unter Verbrauch (§ 50 StGB) des allein bei ihm gegebenen Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB – die Strafkammer einen minder schweren Fall gemäß § 250 Abs. 3 StGB angenommen hat, ist bei B. und A. die Strafe dem Regelstrafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB entnommen worden. Die hierfür gegebene Begründung der Strafkammer ist unvollständig. So wertet sie zugunsten von B. und A. zwar, dass diese teilgeständig waren und dass es sich bei dem Tatgeschehen um eine Abrechnung unter Kriminellen handelte. Unerwähnt lässt die Strafkammer hingegen weitere wesentliche Strafmilderungsgründe: Zum einen war die Beute eher gering; zum anderen war der Mitangeklagte G. …, der allein eine qualifikationsbegründende Waffe mitgeführt und eingesetzt hat, hinsichtlich der Gewaltanwendung, aber auch hinsichtlich der Wegnahme der bei weitem aktivste der Mittäter. Trotz der beträchtlichen, am Schluss des Geschehens freilich abgeflauten Brutalität der Tat und ungeachtet der Vorbelastungen von B. und A. versteht es sich, auch im Blick auf die Beurteilung G. s, nicht von selbst, dass ihnen bei der gebotenen vollständig begründeten Gesamtabwägung zur Strafrahmenwahl nicht doch minder schwere Fälle hätten zugebilligt werden können und ihre Bestrafung danach geringer ausgefallen wäre.
Rz. 3
2. Die Aufhebung der Einsatzstrafe bei dem Angeklagten A. zieht die Aufhebung der gegen ihn ausgesprochenen Gesamtstrafe nach sich. Für die wieder erforderliche Gesamtstrafbildung weist der Senat auf Folgendes hin:
Rz. 4
Bei dem Angeklagten A. ist in dem angefochtenen Urteil die Anwendung des § 55 StGB insoweit zutreffend erfolgt, als allein die seiner Vorverurteilung zu e zugrunde liegende Tat nach der zäsurbegründenden Vorverurteilung zu b (vgl. den Beschluss des Amtsgerichts Grimma vom 27. März 2008 zu § 55 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB, UA S. 9; dazu Fischer, StGB 56. Aufl. § 55 Rdn. 9a), begangen worden ist. Es wäre indes zugleich die bei der Vorverurteilung zu e ausgesprochene nachträgliche Gesamtstrafbildung aufzuheben gewesen, und die hiervon betroffenen beiden Einzelstrafen aus der Vorverurteilung zu d wären einer weiteren neuen Gesamtstrafbildung zuzuführen gewesen (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Strafen, einbezogene 2 und 7; Fischer aaO § 55 Rdn. 11). Unter der Voraussetzung, dass die Vorverurteilung zu a zur Zeit des angefochtenen Urteils vollstreckt war, wären sämtliche Einzelfreiheitsstrafen aus den Vorverurteilungen zu c, d und f unter fortbestehender Aufrechterhaltung der bei der zäsurbegründenden Vorverurteilung zu b verhängten Geldstrafe auf eine einzige weitere Gesamtfreiheitsstrafe zurückzuführen gewesen. Mit Aufhebung der nicht ganz vollständig getroffenen Feststellungen zur Gesamtstrafe (hinsichtlich der Einsatzstrafen liegt ein reiner Wertungsfehler vor, so dass insoweit eine Aufhebung von Feststellungen unterbleibt) gibt der Senat dem neuen Tatgericht Gelegenheit, die notwendigen Daten und Fakten zur nachträglichen Gesamtstrafbildung bei dem Angeklagten A. nochmals selbst zu überprüfen, festzustellen und hiernach die gebotene mehrfache (auch nachträgliche) Gesamtstrafbildung vorzunehmen. Eine etwa vollständige Vollstreckung einer der hierfür in Betracht kommenden Sanktionen nach dem ersten Urteil wäre für die gleichwohl gebotene Einbeziehung ohne Bedeutung (vgl. Fischer aaO § 55 Rdn. 37). Ohne Bedeutung bleibt die vollständige Vollstreckung der bei der zäsurbegründenden Verurteilung verhängten Geldstrafe, die im Rahmen des § 55 StGB trotz Anwendung des § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB im Zusammenhang mit den prinzipiell einbeziehungsfähigen Freiheitsstrafen zu betrachten ist (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 232; Fischer aaO § 55 Rdn. 6).
Rz. 5
3. Bei dem Angeklagten G., dessen Revision insgesamt erfolglos bleiben muss, hat die Strafkammer allerdings hinsichtlich der Bestimmung des Teilvorwegvollzugs nach § 67 Abs. 2 StGB nicht bedacht, dass die auf die Strafe anzurechnende Untersuchungshaft ohne weiteres in die Dauer eines angeordneten Vorwegvollzugs einzurechnen ist, der mithin nicht um die Dauer der bisherigen Untersuchungshaft abzukürzen ist (vgl. BGH NJW 1991, 2431; Fischer aaO § 67 Rdn. 9). Bezogen auf den maßgeblichen Halbstrafenzeitpunkt hätte der Teilvorwegvollzug mithin mit acht, nicht fünf Monaten bemessen werden müssen. Da der Angeklagte G. indes seit seiner Inhaftierung nunmehr sogar über ein Jahr auf die Strafe anzurechnenden Freiheitsentzug (Untersuchungshaft, § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB, Strafhaft in einer nach § 55 StGB einbezogenen Sache, § 51 Abs. 2 StGB) erlitten hat, ist er jetzt ohnehin wegen des hieraus folgenden Ablaufs des angeordneten (auch des längeren, eigentlich korrigierungsbedürftigen) Vorwegvollzugs unverzüglich in den Vollzug der Unterbringung nach § 64 StGB zu überführen. Eine Korrektur – oder auch die Anordnung des Wegfalls – des angeordneten Teilvorwegvollzugs ist bei dieser Sachlage entbehrlich.
Unterschriften
Basdorf, Schaal, Schneider, Dölp, König
Fundstellen
Haufe-Index 2562766 |
StRR 2009, 230 |