Verfahrensgang
LG Bayreuth (Urteil vom 05.12.2016) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 5. Dezember 2016 im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte des unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in drei Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz hinsichtlich eines Betrages von 500 Euro angeordnet.
Rz. 2
Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat nur in dem oben bezeichneten Maße Erfolg und ist im Übrigen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Rz. 3
Hinsichtlich der teilweisen Abänderung des Schuldspruchs hat der Generalbundesanwalt in seinem Antragsschreiben vom 21. Februar 2017 u.a. ausgeführt:
„Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat einen Rechtsfehler bei der rechtlichen Einstufung der unter II. 1. b) und c) geschilderten Taten (zwei Fahrten nach Tschechien mit dem Zeugen S. im Oktober/ November 2015) ergeben, der eine Schuldspruchberichtigung erfordert, den Strafausspruch indes unberührt lässt.
In den genannten Fällen tragen die Feststellungen des Urteils nicht die Annahme (tateinheitlich zur unproblematisch gegebenen täterschaftlichen Einfuhr von Betäubungsmitteln im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verwirklichten) mittäterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sondern lediglich die Annahme einer Beihilfe.
- Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Beschränkt sich die Beteiligung des Täters am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt. Erschöpft sich die Tätigkeit im bloßen Transport von Betäubungsmitteln, besteht in der Regel auch dann keine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit, wenn Handlungsspielräume hinsichtlich der Art und Weise des Transports verbleiben, so dass von einer Beihilfe auszugehen ist. Anderes kann nur gelten, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 01. Oktober 2015 – 3 StR 287/15, juris).
Gemessen an diesen Vorgaben hält die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens in den Fällen II. 1. d) (drei Fälle des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) und II. 2. (tateinheitlich zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
In den Fällen, für die sich der Angeklagte mit S. und Se. zusammengeschlossen hatte, erhielt er zwar lediglich 200 Euro pro Fahrt nach Tschechien (siehe UA Seite 10). Jedoch handelte er in diesen Fällen ausweislich der Urteilsgründe in der Erwartung eines sich bei konsequenter Beteiligung erhöhenden Anteils an den Gelderlösen aus den gemeinsam mit Se. und S. getätigten Geschäften (UA Seite 10, 12). Hierin ist ein, für jede Einzelfahrt feststellbares (aus der Mitgliedschaft in einer Bande kann nicht schematisch auf eine mittäterschaftliche Beteiligung an einzelnen Bandentaten geschlossen werden; vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2006 – 5 StR 386/06, wistra 2007, 100 ff.), erhöhtes über die Erwartung eines bloßen Kurierlohns hinausgehendes Interesse des Angeklagten am Gesamtgeschäft und damit eine zureichende Grundlage für die Annahme mittäterschaftlichen Handelns zu erblicken. Dafür streitet auch, dass der Angeklagte in mindestens einem Fall bei dem in der Küche des Zeugen R. abgewickelten Weiterverkauf des Rauschgifts zugegen war (siehe UA Seite 9), die Ortskenntnisse des Angeklagten von allen Beteiligten für wichtig erachtet wurden (aaO) und der Angeklagte ausweislich der Bekundungen des Zeugen R. auch Geld für die Gruppierung entgegennahm (UA Seite 13).
Die Annahme mittäterschaftlichen Handeltreibens in Fall II. 2. (gemeinschaftlicher Ankauf von Crystal mit G.) erweist sich als rechtlich unproblematisch. Der Angeklagte hatte in diesem Fall einen Teil des für den Ankauf der Betäubungsmittel erforderlichen Geldes vorgestreckt, war in Tschechien gemeinsam mit G. bei den Verkäufern vorstellig geworden und hatte eine Gewinnbeteiligung vereinbart (siehe UA Seite 10).
Keine tragfähige Grundlage für die Annahme mittäterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge besteht dagegen in den Fällen II. 1. b) und c) des Urteils. Neben dem von dem Angeklagten vereinnahmten (ersichtlich pauschalisierten) Kurierlohn in Höhe von 200 Euro pro Fahrt, der nach den eigenen Feststellungen der Kammer einen nur geringen Anteil an der Tatbeute darstellte (siehe UA Seite 17) und für sich genommen ein auf das Gesamtgeschäft bezogenes weiteres Interesse des Angeklagten nicht zu begründen vermag, lassen sich dem Urteil keine Feststellungen zu auf das Gesamtgeschäft bezogenen über den Transport von Dealer und Rauschgift hinausgehenden Beiträgen des Angeklagten entnehmen. Es handelte sich hier der Sache nach um Geschäfte zwischen S. und R. (siehe UA Seite 8). Dass der Angeklagte gegenüber diesen Personen eine irgendwie geartete nennenswerte Verhandlungsposition hätte einnehmen können, ist nicht ersichtlich.
Der Schuldspruch ist daher wie oben aufgeführt zu korrigieren; die Feststellungen tragen lediglich die Annahme (tateinheitlich zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verwirklichter) Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
§ 265 StPO steht der Schuldspruchberichtigung nicht entgegen, da nicht davon auszugehen ist, dass der Angeklagte sich gegen den Vorwurf der Beihilfe anders hätte verteidigen können als geschehen.
- Mit der Schuldspruchberichtigung kann es sein Bewenden haben. Das Landgericht hat die für die Fälle II. 1. b) und c) verhängten Strafen dem Strafrahmen des tateinheitlich begangenen Einfuhrdelikts gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG entnommen (siehe UA Seite 16). Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne hat es selbst den Umstand, dass zwei Delikte in Tateinheit verwirklicht wurden, nicht ausdrücklich strafschärfend verwertet (siehe UA Seite 18). Die verhängten Einzelstrafen sind deutlich im unteren Bereich des Strafrahmens angesiedelt, so dass vorliegend ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht die Strafhöhe maßgeblich auf die rechtliche Bewertung der jeweils tateinheitlich abgeurteilten Delikte als täterschaftlich gestützt hat.”
Rz. 4
Dem kann sich der Senat nicht verschließen.
Unterschriften
Graf, Jäger, Bellay, Cirener, Radtke
Fundstellen
Dokument-Index HI10871760 |