Leitsatz (amtlich)
›Der vom Markenrecht gewährte absolute Schutz an Bezeichnungen von Waren und Dienstleistungen richtet sich nicht gegen die Verwendung von Bezeichnungen, deren Ähnlichkeit allein aus einem irgendwie denkbaren Sinnzusammenhang einzelner klanglich oder schriftbildlich nicht zu verwechselnder Begriffe hergestellt werden kann.‹
Verfahrensgang
Gründe
I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 14. November 1991 eingereichten Anmeldung Schutz für das nachfolgend abgebildete Zeichen für die Waren "Weine, Schaumweine, weinhaltige Getränke".
Der gemäß § 5 Abs. 2 WZG bekanntgemachten Anmeldung hat die Inhaberin des prioritätsälteren Warenzeichens Nr. 2 015 231 "STEPHANSKRONE", eingetragen für "Weine", aus den Gründen des § 5 Abs. 4 Nr. 1 WZG widersprochen.
Die Prüfungsstelle für Klasse 33 Wz des Deutschen Patentamts hat den Widerspruch durch zwei Beschlüsse, einer hiervon ist im Erinnerungsverfahren ergangen, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist erfolglos geblieben (BPatG GRUR 1996, 417).
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Anmelderin beantragt, verfolgt die Widersprechende ihren Widerspruch weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat - unter Anwendung des neuen Markenrechts - markenrechtliche Verwechslungsgefahr verneint und dazu ausgeführt: Das angemeldete Zeichen halte trotz teilweiser Warenidentität einen ausreichenden Abstand von der Widerspruchsmarke ein. Dieser sei allenfalls ein normaler Schutzumfang zuzubilligen, da der Vorname Stephan für alkoholische Getränke wenig originell sei, wie zahlreiche (andere) Marken mit diesem Bestandteil auf dem Warengebiet der Weine zeigten.
Im Gesamteindruck unterschieden sich die einander gegenüberstehenden Zeichen im Aufbau (drei Wörter - ein Wort) deutlich. Der Name "Stephan" allein präge den jeweiligen Gesamteindruck der beiden Zeichen nicht. In der Widerspruchsmarke verschmelze er mit dem weiteren Bestandteil "KRONE" zu einem einheitlichen neuen Wort und zu einem Gesamtbegriff. Letzteres gelte gleichermaßen für das angemeldete Zeichen, in dem die Wörter ebenfalls einen Gesamtbegriff bildeten. Die Marken könnten daher nicht auf ihre jeweiligen Bestandteile "Stephan" reduziert einander gegenübergestellt werden.
Auch den Markenbestandteilen "König" und "KRONE" komme wegen ihrer Einbindung in den jeweiligen Gesamtbegriff keine den Gesamteindruck der Zeichen prägende Wirkung zu. Der Sinngehalt beider Zeichen, der von jedermann auch bei nur flüchtiger Wahrnehmung sofort erfaßt werden könne, trage auch sonst zur Unterscheidbarkeit der Zeichen bei. Deshalb sei auch eine begriffliche Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Eine assoziative Verwechslungsgefahr im Sinne eines gedanklichen Inverbindungbringens der einander gegenüberstehenden Zeichen sei zu verneinen, weil mehrere Gedankenschritte erforderlich seien, um überhaupt eine gedankliche Verbindung herzustellen. An einer mittelbaren Verwechslungsgefahr fehle es, weil der Verbraucher angesichts des unterschiedlichen Zeichenaufbaus (drei Wörter, ein Kompositum) keine Veranlassung habe, das Vorliegen von Serienzeichen zu vermuten.
III. Die infolge ihrer Zulassung statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Bundespatentgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß es für die Beurteilung der markenrechtlichen (unmittelbaren) Verwechslungsgefahr (vgl. § 158 Abs. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens ankommt (EuGH GRUR 1998, 387, 389 = WRP 1998, 39 - Sabél/Puma; BGH, Beschl. v. 28.5.1998 - I ZB 33/95, WRP 1998, 752, 754 - Fläminger, m.w.N.). Frei von Rechtsfehlern hat es des weiteren angenommen, daß keines der Zeichen in seinem Gesamteindruck von einem seiner Bestandteile allein geprägt werde, weil sich der Vorname "Stephan" sowohl mit dem Wort "König" als auch mit dem Bestandteil "-KPONE" je zu einem Gesamtbegriff verbinde - bei der Widerspruchsmarke sogar zu einem einheitlichen neuen Wort -, dessen Gesamteindruck jeweils durch alle Bestandteile gleichermaßen geprägt werde. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde auch nicht.
Sie meint aber, die Zeichen seien zwar nicht klanglich oder schriftbildlich, jedoch nach ihrem Sinngehalt verwechslungsfähig. Dem kann nicht beigetreten werden.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Bundespatentgericht keine näheren Ausführungen zu dem unterschiedlichen Sinngehalt der beiden Zeichen "König Stephan" und "STEPHANSKRONE" gemacht hat. Dieser erschließt sich nämlich für jedermann aus den Begriffen selbst, von denen einer eine Person, der andere eine Sache benennt. Deshalb ist die Folgerung des Bundespatentgerichts zutreffend, daß auch die jedermann erkennbare unterschiedliche Bedeutung der verwendeten Begriffe der Umgangssprache eine Verwechslungsgefahr des angemeldeten Zeichens mit der Widerspruchsmarke ausschließt (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1991 - I ZR 136/89, GRUR 1992, 130, 132 = WRP 1992, 96 - Bally/BALL; Urt. v. 10.12.1992 - I ZR 19/91, WRP 1993, 694, 696 - apetito/apitta).
Der Ansicht der Rechtsbeschwerde, eine Verwechslungsgefahr dem Sinngehalt nach sei gleichwohl zu bejahen, weil die "Krone" zum "König" gehöre, verkennt den Umfang des vom Markenrecht gewährten absoluten Schutzes an Bezeichnungen von Waren und Dienstleistungen. Dieser richtet sich nicht gegen die Verwendung von Bezeichnungen, deren Ähnlichkeit allein aus einem irgendwie denkbaren Sinnzusammenhang einzelner klanglich oder schriftbildlich nicht zu verwechselnder Begriffe hergestellt werden kann. Die menschliche Fähigkeit, gedankliche Assoziationen herzustellen, ist so unbegrenzt und unerschöpflich, daß anderenfalls ein sachlich nicht gerechtfertigter Schutz aus dem Markenrecht gewährt würde. Das Bundespatentgericht ist deshalb zutreffend davon ausgegangen, daß die in § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG enthaltene Bestimmung, die Verwechslungsgefahr schließe die Gefahr ein, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden, nicht jede mögliche gedankliche Verbindung erfaßt. Die Bestimmung enthält keinen eigenen, über die Verwechslungsgefahr hinausgehenden Markenverletzungstatbestand (EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 18 = WRP 1998, 39 - Sabél/Puma).
2. Rechtsfehlerfrei hat das Bundespatentgericht des weiteren eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens verneint, weil bereits der Zeichenaufbau so unterschiedlich sei, daß der Verbraucher keine Veranlassung habe, das Vorliegen eines Serienzeichens zu vermuten.
Die Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens, die erst zu erörtern ist, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen nach ihrem Gesamteindruck nicht verwechslungsfähig sind, greift nur dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht und deshalb nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Markeninhaber zuordnet (BGHZ 131, 122, 127 - Innovadiclophlont). Voraussetzung für die Eignung eines Markenbestandteils als Stammbestandteil ist, daß bereits dieser Bestandteil vom Verkehr als Hinweis auf die betriebliche Herkunft und deshalb als Stamm einer Zeichenserie verstanden wird (BGHZ 131, 122, 126 - Innovadiclophlont; BGH, Urt. v. 7.12.1995 - I ZR 130/93, GRUR 1996, 267, 269 = WRP 1997, 453 - AQUA; Beschl. v. 2.4.1998 - I ZB 25/96, Umdr. S. 13 - COMPO-SANA). Daß das Bundespatentgericht im Streitfall die Eignung des Markenbestandteils "STEPHAN" als Stammbestandteil einer Zeichenserie verneint hat, kann aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden.
Die Rechtsbeschwerde verweist insoweit ohne Erfolg auf die Wort-/Bildmarkenanmeldung "St. Stephan's Crown". Der Verkehr kann der Widerspruchsmarke - auch im Zusammenhang mit dieser Anmeldung - nicht entnehmen, daß "Stephan" als Stamm einer Zeichenserie verwendet wird. Denn bei der weiteren Markenanmeldung der Widersprechenden handelt es sich für den Verkehr erkennbar im wesentlichen um eine Übersetzung der Marke "STEPHANSKRONE" in die englische Sprache. In einem solchen Fall bestehen keine Anhaltspunkte für eine Zeichenserie. Sonstige Gründe für die Annahme, der Verkehr werde in dem Bestandteil "Stephan" der Widerspruchsmarke einen Markenstamm der Widersprechenden erkennen, hat diese nicht vorgetragen. Solche Anhaltspunkte sind auch sonst nicht erkennbar, zumal es sich bei dem in Rede stehenden Bestandteil um einen vom Verkehr ohne weiteres erkennbaren männlichen Vornamen handelt, der grundsätzlich zu einer Serienzeichenbildung ungeeignet erscheint.
IV. Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Widersprechenden zurückzuweisen (§ 90 Abs. 2 MarkenG).
Fundstellen
Haufe-Index 2993725 |
BGHR MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2 Markenähnlichkeit 2 |
BGHR MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2 Serienzeichen 1 |
NJW-RR 1999, 113 |
GRUR 1999, 240 |
WRP 1998, 1177 |
NJWE-WettbR 1999, 86 |