Entscheidungsstichwort (Thema)
schwerer Raub
Tenor
1. Auf die Revision
- des AngeklagtenPeter L. wird das Urteil des Landgerichts Siegen vom 17. November 1999 im Schuldspruch dahin abgeändert, daß er des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, des Diebstahls in vier Fällen, des versuchten Diebstahls und der Sachbeschädigung in Tateinheit mit versuchter Nötigung schuldig ist;
- des AngeklagtenSch. wird das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin abgeändert, daß er des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, des Diebstahls in fünf Fällen und des versuchten Diebstahls schuldig ist;
- beider Angeklagter wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen in den Aussprüchen über die in den Fällen II 4, 5, 7 und 8 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und die Gesamtstrafen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere – allgemeine – Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den AngeklagtenPeter L. unter Freisprechung im übrigen wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, versuchten Diebstahls [im besonders schweren Fall], Bandendiebstahls in vier Fällen und Sachbeschädigung in Tateinheit mit versuchter Nötigung in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren, den AngeklagtenSch. wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls [im besonders schweren Fall], versuchten Diebstahls [im besonders schweren Fall] und Bandendiebstahls in vier Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Außerdem hat es gegen beide Angeklagte Maßregeln nach den §§ 69, 69 a StGB angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen; der Angeklagte Sch. beanstandet darüber hinaus auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge teilweise Erfolg, im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten in den Fällen II 4, 5, 7 und 8 der Urteilsgründe bandenmäßig gehandelt, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand:
a) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen waren die miteinander befreundeten Angeklagten „irgendwann” im Jahre 1996 übereingekommen, „in Zukunft miteinander Einbrüche zu begehen”. Sie wollten „bei sich bietenden Gelegenheiten”, ähnlich wie bei einem im Oktober 1995 gescheiterten Einbruch in eine Bank (Fall II 2), „gemeinsam vorgehen” und die Beute teilen (UA 27). In Ausführung dieses Vorhabens begingen sie in der Nacht zum 2. Dezember 1997 einen Einbruch in ein Firmengebäude (Fall II 4), am 21. Februar 1998 einen Einbruch in einen „Aldi-Markt” (Fall II 5), in der Nacht zum 28. März 1998 einen Einbruch in ein Basaltwerk (Fall II 7) und in der Nacht zum 13. Juni 1998 einen Einbruch in ein Firmenbüro (Fall II 8).
b) Das Landgericht geht davon aus, daß die Angeklagten bandenmäßig im Sinne des § 244 Abs. 1 StGB [folgerichtig wäre: des § 244 a Abs. 1 StGB] gehandelt haben, weil sie sich „seit Anfang 1996 zu einer Gruppe von zwei Mitgliedern zusammengeschlossen (hatten), die sich zumindest stillschweigend zur Verübung fortgesetzter, im einzelnen noch ungewisser Diebestaten verbunden hatte” (UA 37). Das genügt zur Begründung bandenmäßigen Handelns jedoch nicht und zwar unabhängig von der Frage, ob schon zwei Personen eine Bande bilden können (verneinend BGH StV 2000, 315 [Anfragebeschluß]; BGH, Beschluß vom 4. April 2000 – 5 ARs 20/00; Engländer JZ 2000, 630 f.; Otto StV 2000, 313, 314 f.). Die Annahme bandenmäßiger Begehung setzt vielmehr – über eine mittäterschaftliche Begehungsweise hinaus – ein Handeln mit gefestigtem Bandenwillen voraus (BGHSt 42, 255, 259; BGH NStZ 1996, 339, 340), wobei für den der jeweils gemeinschaftlich begangenen Tat zugrunde liegenden, auf eine gewisse Dauer angelegten und verbindlichen „Gesamtwillen” kennzeichnend ist, daß sich der Bandentäter im übergeordneten Interesse der bandenmäßigen Verbindung betätigt (vgl. BGH NStZ 1996, 443; NJW 1998, 2913; StV 1998, 599; Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 244 Rdn. 13). Einen solchen „gefestigten Bandenwillen” hat die Strafkammer nicht festgestellt. Auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist nicht zu entnehmen, daß die Angeklagten bei ihren Taten – über ihr individuelles Interesse am Erlangen von Beute hinaus – ein übergeordnetes Bandeninteresse verfolgt haben.
c) Da weitere Feststellungen, die den Vorwurf bandenmäßiger Begehung tragen könnten, in einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten sind, ändert der Senat die Schuldsprüche dahin ab, daß die Angeklagten in den Fällen II 4, 5, 7 und 8 der Urteilsgründe lediglich des Diebstahls [die Worte „im besonders schweren Fall” werden in die Urteilsformel nicht aufgenommen, vgl. BGHSt 23, 254, 256 f.; 27, 287, 289 f.] schuldig sind. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil die Angeklagten sich gegen die geänderten Schuldsprüche nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können und mit dem Fortfall bandenmäßiger Begehung lediglich ein erschwerender Umstand wegfällt.
d) Die Änderung der Schuldsprüche führt zur Aufhebung der in den genannten Fällen festgesetzten Einzelstrafen und der Gesamtstrafen, weil nicht sicher auszuschließen ist, daß die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Bewertung niedrigere Strafen verhängt hätte.
2. Im Fall II 3 der Urteilsgründe hat das Landgericht den AngeklagtenPeter L. vom Vorwurf der Sachbeschädigung (in Tateinheit mit versuchter Nötigung) aus tatsächlichen Gründen freigesprochen (UA 35), in den Schuldspruch aber versehentlich auch diese Tat aufgenommen und eine Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt (UA 103 f.). Der Schuldspruch ist daher auf die Revision des Angeklagten Peter L. dahin abzuändern, daß er der Sachbeschädigung in Tateinheit mit versuchter Nötigung nur in einem Fall (Fall II 6 der Urteilsgründe) schuldig ist. Die gegen ihn im Fall II 3 verhängte Einzelstrafe entfällt. Eines gesonderten Freispruchs bedarf es nicht, weil der Angeklagte bereits „im übrigen” freigesprochen ist.
3. Die weiter festgesetzten Einzelstrafen und die Maßregelanordnungen können bestehen bleiben; sie werden von den Rechtsfehlern nicht berührt.
Unterschriften
Meyer-Goßner, Richter am BGH Maatz ist wegen Urlaubs an der Unterzeichnung verhindert Meyer-Goßner, Kuckein, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 512531 |
StraFo 2000, 375 |