Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 24.11.2011) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 24. November 2011 mit den Feststellungen zur Beschaffenheit der bei den Taten verwendeten Schreckschusswaffe – unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen im Übrigen – aufgehoben
hinsichtlich des Angeklagten M.
aa) soweit er wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen (Fälle II. 2 bis 5 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist,
bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
- hinsichtlich des Angeklagten R. im gesamten Schuld- und Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen schweren Raubes und besonders schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten R. wegen besonders schweren Raubes und besonders schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichteten Revisionen führen jeweils auf die allgemeine Sachrüge zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Verurteilungen wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen und bezüglich des Angeklagten R. darüber hinaus die Verurteilung wegen besonders schweren Raubes im Fall 1 der Urteilsgründe halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 3
Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft keine näheren Feststellungen zur Beschaffenheit der von den Angeklagten bei den Taten verwendeten geladenen Schreckschusswaffe getroffen. Die Voraussetzungen des Qualifikationstatbestands des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sind deshalb nicht belegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfällt eine geladene Schreckschusspistole nur dann dem Waffenbegriff des § 250 StGB, wenn feststeht, dass beim Abfeuern der Waffe der Explosionsdruck nach vorne aus dem Lauf austritt und deshalb die Waffe nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 – GSSt 2/02, BGHSt 48, 197, 201 f.). Hierzu hat der Tatrichter grundsätzlich besondere Feststellungen zu treffen, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne mag zwar üblich sein, kann aber nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 – 3 StR 17/10, NStZ 2010, 390).
Rz. 4
Dieser Rechtsfehler wirkt sich auf den Schuldspruch aus, da infolge der lückenhaften Feststellungen zur Tatwaffe nicht erkennbar ist, ob die Angeklagten lediglich den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB verwirklicht haben. Das Urteil ist deshalb im vorgenannten Umfang aufzuheben. Von der Aufhebung werden jedoch nur die Feststellungen zur Beschaffenheit der Tatwaffe erfasst; hingegen können im Übrigen die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind.
Unterschriften
Becker, Fischer, Schmitt, RiBGH Dr. Eschelbach befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Berger, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 3340064 |
NStZ-RR 2013, 364 |