Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 05.05.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 5. Mai 2003 mit den Feststellungen, mit Ausnahme der Feststellungen zu den einzelnen Verkaufsfällen, aufgehoben.
2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Personen unter 18 Jahren in 58 Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 43 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen Erfolg; im übrigen erweist es sich als unbegründet.
Das Urteil kann keinen Bestand haben, da das Landgericht bei der rechtlichen Bewertung des Konkurrenzverhältnisses der einzelnen Verkaufs- und Abgabefälle untereinander nicht bedacht hat, daß sämtliche Betätigungen, die sich auf den Absatz derselben, in einem Akt erworbenen Betäubungsmittel beziehen, als eine Tat anzusehen sind (st. Rspr., vgl. nur BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 11, 13 und 15). Zwar ist es nicht geboten, festgestellte Einzelverkäufe zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen, nur weil die nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, daß sie ganz oder teilweise aus einem Verkaufsvorrat stammen (vgl. BGHR aaO Bewertungseinheit 11 bis 14). Doch ist es rechtsfehlerhaft, allein auf die Anzahl der Veräußerungsgeschäfte abzustellen, wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, daß an sich selbständige Rauschgiftgeschäfte dieselbe Rauschgiftmenge betreffen. So liegt es hier: Nach den Feststellungen veräußerte der Angeklagte im Zeitraum März bis November 2002 in insgesamt 100 Fällen jeweils Kleinstmengen von 1 bis 2 g Marihuana an Abnehmer, davon in 58 Fällen an Personen unter 18 Jahren. Bei seiner Festnahme konnten bei ihm insgesamt 19,6 g Marihuana, überwiegend bereits verkaufsfertig abgepackt, sichergestellt werden. Es liegt daher – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im einzelnen zutreffend ausgeführt hat – nahe, daß der Angeklagte nicht jede der veräußerten Kleinstmengen seinerseits einzeln erworben hat, sondern seinen Bedarf durch den Einkauf von größeren Mengen gedeckt hat.
Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des Urteils. Eine Schuldspruchänderung durch den Senat kommt nicht in Betracht, da die Urteilsfeststellungen hierfür keine genügende Grundlage bieten. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu den einzelnen Verkaufsfällen können jedoch bestehen bleiben.
Über den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Haftbefehls wird das Landgericht zu entscheiden haben (vgl. Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 126 Rdn. 6, 9); die Voraussetzungen des § 126 Abs. 3 i.V.m. § 120 Abs. 1 StPO liegen nicht vor.
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanović, Ernemann
Fundstellen