Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 23.04.2004) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 23. April 2004 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zu der das Selbstleseverfahren betreffenden Verfahrensrüge:
Zu Recht rügt die Revision eine Verletzung der Vorschriften über das Selbstleseverfahren (§ 249 Abs. 2 StPO). Die Schöffen hatten der Sitzungsniederschrift zufolge nur „Gelegenheit”, das schriftliche Gutachten von Prof. Dr. F. zur Kenntnis zu nehmen. Nach § 249 Abs. 2 StPO ist jedoch erforderlich, daß die Schöffen tatsächlich vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis nehmen, diese also lesen. Der Vorsitzende muß die entsprechende Feststellung über die Kenntnisnahme in das Protokoll aufnehmen (§ 249 Abs. 2 Satz 3 StPO). Dabei handelt es sich um eine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 StPO (vgl. BGHR StPO § 249 Kenntnisnahme 1; BGH, Beschluß vom 21. September 1999 – 1 StR 389/99 = NStZ 2000, 47; BGH, Beschluß vom 7. Juni 2000 – 3 StR 84/00 – unter Ziff. IV. 1.; Beschluß vom 24. Juni 2003 – 1 StR 25/03).
Der Senat schließt jedoch aus, daß das Urteil auf diesem verfahrensrechtlichen Mangel beruhen kann. Das Selbstleseverfahren war hinsichtlich der „Äußerungen des Angeklagten” angeordnet worden, die im schriftlichen Gutachten des Prof. Dr. F. festgehalten sind. Diese werden in der Beweiswürdigung – jedenfalls nicht ausdrücklich mit dieser Quellenangabe – nicht aufgeführt. Die Feststellungen zum Werdegang des Angeklagten und zu seinen persönlichen Verhältnissen beruhen vielmehr den Urteilsgründen zufolge auf seiner eigenen Einlassung (vgl. UA S. 25). Dabei können ihm durchaus auch Vorhalte aus seinen Angaben bei Prof. Dr. F. gemacht worden sein, die nicht protokollierungspflichtig sind. Jedenfalls dem Sachverständigen Dr. S. ist das vorläufige schriftliche Gutachten von Prof. Dr. F. in der Hauptverhandlung teilweise vorgehalten worden (UA S. 40/41). Die Besonderheiten in der Entwicklung des Angeklagten und in seiner Persönlichkeit sind in den Urteilsgründen wiedergegeben. Der Sachverständige hat narzißtische Persönlichkeitszüge gefunden und weiter ausgeführt, der Angeklagte leide an „keinerlei psychiatrisch relevanter Erkrankung”; auch liege „keine psychiatrisch relevante Persönlichkeitsstörung” vor.
Selbst wenn – wie die Revision meint – hinzugenommen würde, daß man ihm „eine zutiefst zerrissene Persönlichkeit”, „Züge zwanghaften Verhaltens” und „Depressionen” attestieren würde, was die Revision dem schriftlichen Gutachten von Prof. Dr. F. entnehmen möchte, ist sicher auszuschließen, daß dann die besondere Schwere der Schuld von der Strafkammer nicht angenommen worden wäre. Darauf aber will die Revision hinaus. Da der Angeklagte seinen Tatentschluß bereits am Vortag faßte und ihn am nächsten Morgen konsequent umsetzte, weiter eingedenk dessen, daß er nicht nur heimtückisch … K. mit seinem Samuraischwert erschlug und anschließend dasselbe bei weiteren Frauen versuchte, die nur knapp und aufgrund glücklicher Umstände dem Tod entrinnen konnten und zum Teil fortan für ihr Leben auf das Schwerste gezeichnet sind, steht die besondere Schwere der Schuld nach revisionsrechtlichen Maßstäben außer jeder Frage (vgl. im übrigen auch § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO).
Unterschriften
Nack, Wahl, Boetticher, Schluckebier, Elf
Fundstellen