Leitsatz (amtlich)
Erfüllt der Schuldner einen Werkvertrag, für den ein Dritter eine Anzahlungsbürgschaft übernommen hat, liegt darin gegenüber dem Gesellschafter, der dem Dritten für die Bürgschaft eine Sicherheit gestellt hat, keine Rückgewähr einer gleichgestellten Forderung.
Normenkette
InsO § 135 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Beschluss vom 30.04.2015; Aktenzeichen 2 U 685/14) |
LG Koblenz (Entscheidung vom 29.04.2014; Aktenzeichen 4 HKO 71/13) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den die Berufung zurückweisenden Beschluss des 2. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 30.4.2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 364.714,48 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Die L. GmbH (fortan: Schuldnerin) schloss am 7.8.2008 mit der Beklagten einen Vertrag über eine atypisch stille Gesellschaft. Danach hatte die Beklagte eine Einlage von 1.000.000 EUR zu erbringen. Die O. (fortan: Bank) räumte der Schuldnerin am 3.9.2008 einen Avalkreditrahmen über 1.000.000 EUR ein. Als Sicherheit für diesen Kredit verpfändete die Beklagte der Bank ein Kontoguthaben über 1.000.000 EUR.
Rz. 2
Die Schuldnerin schloss verschiedene Werkverträge ab, deren Auftraggeber der Schuldnerin Anzahlungen leisteten. Die Bank übernahm zugunsten einzelner Auftraggeber bis zum 16.4.2009 Anzahlungsbürgschaften für die Schuldnerin; darin verbürgte sich die Bank jeweils für die Rückzahlung eines bestimmten Anzahlungsbetrags aus einem einzelnen Werkvertrag. Am 10.6.2009 belief sich der Gesamtbetrag der von der Bank übernommenen Bürgschaften einschließlich der Anzahlungsbürgschaften auf 2.026.960,54 EUR. Aufgrund eines Eigenantrags der Schuldnerin vom 14.5.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin am 1.8.2009 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Bank zahlte nach Insolvenzeröffnung auf drei Bürgschaften insgesamt 635.285,52 EUR. Der Kläger erklärte gegenüber dem Beklagten die Anfechtung hinsichtlich der freigewordenen Avalbeträge.
Rz. 3
Der Kläger behauptet, die Schuldnerin habe bestimmte Werkverträge gegenüber den Auftraggebern erfüllt. Er meint, die Schuldnerin habe durch die von ihr erbrachten Werkleistungen insoweit für eine Rückgewähr der von der Bank übernommenen Bürgschaften gesorgt, als diese aus den Anzahlungsbürgschaften nicht in Anspruch genommen worden ist. Der Avalkreditrahmen über 1.000.000 EUR habe letztlich nur zu Zahlungen i.H.v. 635.285,52 EUR geführt. Die Differenz von 364.714,48 EUR habe die Beklagte deshalb gem. § 135 Abs. 2 InsO als in anfechtbarer Weise freigewordene Sicherheit zur Insolvenzmasse zurück zu gewähren.
Rz. 4
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt der Kläger die Zulassung der Revision.
II.
Rz. 5
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Rz. 6
Ob die Ausführungen des Berufungsgerichts zur objektiven Gläubigerbenachteiligung in jedem Punkt richtig sind, kann dahinstehen. Offen bleiben kann auch, ob die Beklagte einem Gesellschafter der Schuldnerin gleichsteht. Es fehlt für die gegenüber der Beklagten allein geltend gemachte Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO jedenfalls daran, dass die Schuldnerin einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens Befriedigung gewährt hat oder Leistungen auf Forderungen eines Dritten erbracht hat, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Dies scheidet im Streitfall im Verhältnis zur Bank schon deshalb aus, weil die Schuldnerin weder eine Darlehensforderung noch eine einem Darlehen gleichgestellte Forderung der Bank erfüllt hat.
Rz. 7
Die von der Schuldnerin erbrachten Werkleistungen, auf die der Kläger seine Anfechtung stützt, sind im Streitfall keine zur Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO führenden Leistungen auf die allein von der Beklagten besicherten Ansprüche der Bank. Die Anzahlungsbürgschaften der Bank sicherten nur den bedingten Anspruch auf Rückgewähr der von dem Auftraggeber geleisteten Anzahlungen. Es geht um den Fall des Scheiterns der Vertragserfüllung (Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., 4. Aufl., § 91 Rz. 460). Der Anspruch auf Rückzahlung einer Vorleistung oder einer Abschlagszahlung ist ein aufschiebend bedingter Anspruch (vgl. BGH, Urt. v. 27.5.2003 - IX ZR 51/02, BGHZ 155, 87, 93 f.). Soweit die Schuldnerin die den jeweiligen Dritten geschuldeten Werke fertiggestellt hat und die Vertragserfüllung nicht gescheitert ist, sind die von den Anzahlungsbürgschaften gesicherten Forderungen nicht entstanden. In der Fertigstellung der Werke liegt daher keine Erfüllung eines hinsichtlich der Anzahlungsbürgschaften bestehenden Rückzahlungsanspruchs der Bank oder eines Befreiungs- oder Regressanspruchs der Bank. Es kann dahinstehen, ob in der Werkleistung die Rückzahlung einer einem Darlehen wirtschaftlich entsprechenden Forderung des Auftraggebers gesehen werden könnte. Diese Forderung wurde von der Beklagten nicht besichert.
Rz. 8
Die geltend gemachten Verletzungen von Verfahrensgrundrechten hat der Senat geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Fundstellen
BB 2017, 513 |
DB 2017, 486 |
DStR 2017, 14 |
NJW-RR 2017, 681 |
WM 2017, 445 |
ZIP 2017, 441 |
DZWir 2017, 333 |
JZ 2017, 258 |
MDR 2017, 363 |
NZI 2017, 305 |
NZI 2017, 7 |
ZInsO 2017, 501 |
GWR 2017, 184 |
NJW-Spezial 2017, 215 |