Leitsatz (amtlich)
Die Form des § 127a BGB ersetzt bei einer vor Rechtskraft der Ehescheidung geschlossenen Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt auch dann die notarielle Beurkundung, wenn die Vereinbarung in einem anderen Verfahren als der Ehesache protokolliert wird. Eine Vereinbarung kann daher insb. im Verfahren über den Trennungsunterhalt formwirksam abgeschlossen werden.
Normenkette
BGB §§ 127a, 1585 c S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats - 5. Senat für Familiensachen - des OLG Oldenburg vom 31.5.2012 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Gründe
I.
Rz. 1
Die beteiligten Ehegatten streiten im Scheidungsverbund über von der Antragsgegnerin (Ehefrau) als Stufenanträge geltend gemachte Auskunftsansprüche zum nachehelichen Unterhalt und Zugewinnausgleich.
Rz. 2
Die Ehegatten schlossen in einem vorausgegangenen Verfahren über Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt vor dem AG einen Vergleich, in dem sie neben der Erledigung der damaligen Verfahrensgegenstände u.a. eine Grundstücksübertragung vereinbarten und Regelungen zu Scheidungsfolgen trafen. Die Ehegatten verzichteten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt. Zum Güterrecht hoben sie den gesetzlichen Güterstand auf und vereinbarten Gütertrennung. Hinsichtlich des Hausgrundstücks sollte ein Zugewinnausgleich nicht stattfinden.
Rz. 3
Im vorliegenden Scheidungsverfahren hat die Ehefrau sich auf eine Formunwirksamkeit des geschlossenen Vergleichs nach § 1585c Satz 2 BGB berufen und zum nachehelichen Unterhalt wie zum Zugewinnausgleich jeweils im Wege des Stufenantrags zunächst Auskunft verlangt. Zum Zugewinnausgleich hat sie Auskunft über das Endvermögen des Ehemanns zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags begehrt. Das AG hat die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den Antragsgegner (Ehemann) zur Überlassung und Übereignung von Haushaltsgegenständen verpflichtet. Die Anträge zum nachehelichen Unterhalt und Zugewinnausgleich hat es abgewiesen. Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das OLG den Verbundbeschluss aufgehoben. Es hat die Auskunftsanträge der Ehefrau durch Teilbeschluss abgewiesen und das Verfahren im Übrigen an das AG zurückverwiesen.
Rz. 4
Die Ehefrau hat die zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen die Abweisung der Auskunftsanträge wendet.
II.
Rz. 5
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
Rz. 6
1. Nach Auffassung des OLG, dessen Entscheidung in FamRZ 2013, 385 veröffentlicht ist, entspricht die im vorausgegangenen Verfahren geschlossene Vereinbarung der gesetzlichen Form. Die in den Gesetzesmotiven enthaltene Begründung ziele auf den Fall ab, dass in einer Ehesache eine Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt geschlossen werden soll, ohne dass die Folgesache Unterhalt anhängig gemacht worden ist. Für diesen Fall habe Rechtssicherheit geschaffen werden sollen. Keineswegs sei damit gemeint gewesen, dass § 127a BGB auf eine außerhalb des Eheverfahrens geschlossene Vereinbarung keine Anwendung finden solle. Hätte der Rechtsausschuss die schon im Gesetzentwurf niedergelegte Ansicht, dass eine gerichtliche Protokollierung nach § 127a BGB gleichwertig sei, einschränken wollen, so hätte dies ausdrücklich begründet werden müssen. Die Bezugnahme des Rechtsausschusses auf die gleichlautende Regelung in § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB zum Zugewinnausgleich bestätige diese Auslegung, weil zu dieser Vorschrift vom BGH anerkannt gewesen sei, dass eine gerichtlich protokollierte Regelung auch außerhalb des Scheidungsverfahrens getroffen werden könne. Im Übrigen werde dies auch durch das seit dem 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht gestützt, das in § 114 Abs. 1 FamFG Anwaltszwang vorsehe und dadurch eine umfassende Beratung der Ehegatten gewährleiste.
Rz. 7
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die angefochtene Entscheidung weist keine Rechtsfehler zum Nachteil der Antragsgegnerin auf.
Rz. 8
a) Die Aufhebung des vom AG erlassenen Verbundbeschlusses hat das OLG darauf gestützt, dass das AG dem Scheidungsantrag zu Unrecht vor der Entscheidung über die Folgesachen stattgegeben habe.
Rz. 9
Dabei hat es indessen übersehen, dass das AG die Anträge in den Folgesachen Unterhalt und Güterrecht nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang abgewiesen hat. Dies ergibt sich aus dem Tenor des Verbundbeschlusses, der sich ausdrücklich auf die schriftsätzlich angekündigten und im Beschluss aufgeführten Anträge bezieht. Aus den Gründen des Beschlusses ergibt sich mit näherer Begründung, dass vom AG sowohl der Unterhaltsantrag als auch der Antrag zum Güterrecht vollständig, also jeweils mit Auskunfts- und Zahlungsstufe abgewiesen worden ist. Die Aufhebung des Verbundbeschlusses ist indessen für die Antragsgegnerin als Rechtsbeschwerdeführerin insoweit günstig, weil das OLG ihren Beschwerdeanträgen damit entsprochen und nur in Bezug auf die - aufrechterhaltene - Abweisung der Auskunftsanträge zu ihrem Nachteil entschieden hat.
Rz. 10
b) Das OLG hat es allerdings zu Recht bei der Abweisung der Auskunftsanträge belassen. Denn aus den hier beantragten Auskünften lassen sich unabhängig von deren Inhalt keine Zahlungsansprüche herleiten (BGH, Urt. v. 13.12.1989 - IVb ZR 22/89, FamRZ 1990, 863, 864). Hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts folgt dies daraus, dass der von den Ehegatten vereinbarte Unterhaltsverzicht wirksam ist. Zum Zugewinnausgleich bezieht sich die beantragte Auskunft auf den Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrags. Weil indessen auch die zum Güterrecht von den Ehegatten getroffene Vereinbarung wirksam ist und die Beendigung des Güterstands nach §§ 1375 Abs. 1 Satz 1, 1372, 1414 Satz 1 BGB demzufolge früher datiert, kommt es auf das Vermögen des Ehemanns zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags nicht an.
Rz. 11
Die Wirksamkeit der von den Ehegatten zu den Folgesachen abgeschlossenen Vereinbarungen ist von den Vorinstanzen zu Recht bejaht worden. Die für den nachehelichen Unterhalt geltende Formvorschrift des § 1585c Satz 2, 3 BGB steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen.
Rz. 12
aa) Nach § 1585c BGB können die Ehegatten über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen. Eine Vereinbarung, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, bedarf der notariellen Beurkundung. § 127a BGB, wonach die notarielle Beurkundung bei einem gerichtlichen Vergleich durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes Protokoll ersetzt wird, findet nach § 1585c Satz 3 BGB auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird.
Rz. 13
bb) Ob auch eine Vereinbarung, die nach § 127a BGB in einem anderen gerichtlichen Verfahren als der Ehesache geschlossen wird, die notarielle Beurkundung zu ersetzen vermag, ist umstritten.
Rz. 14
Nach einer Meinung, die sich auf den Wortlaut des § 1585c Satz 3 BGB beruft, ist die Frage zu verneinen (Bergschneider FamRZ 2008, 17, 18; jurisPK/Viefhues BGB [Stand: 10.2.2014] § 1361 Rz. 525; Steiniger/Viefhues FPR 2009, 114, 115; Büte FuR 2008, 177, 178; PWW/Kleffmann BGB, 8. Aufl., § 1585c Rz. 2; Weinreich/Klein/Uecker FA-Komm FamR 5. Aufl., § 1585c Rz. 17; wohl auch - allerdings unklar - Palandt/Brudermüller BGB, 73. Aufl., § 1585c Rz. 5).
Rz. 15
Nach anderer Auffassung ist die Frage zu bejahen, weil die Möglichkeit einer Beurkundung entsprechend § 127a BGB durch die Regelung in § 1585c Satz 3 BGB nicht eingeschränkt worden sei (OLG Oldenburg FamRZ 2011, 1738; Wendl/Wönne Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl., § 6 Rz. 612; Maurer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 1585c Rz. 8 f.; Göhler-Schlicht FF 2008, 143; Borth Praxis des Unterhaltsrechts 2. Aufl. Rz. 853; Billhardt FamRZ 2008, 748).
Rz. 16
cc) Der Senat hält mit dem OLG die zuletzt genannte Auffassung für zutreffend. Die Form des § 127a BGB vermag die notarielle Beurkundung auch bei einer außerhalb der Ehesache geschlossenen Vereinbarung zu ersetzen. Die Regelung in § 1585c Satz 3 BGB steht dem nicht entgegen.
Rz. 17
Nach § 1585c Satz 2 BGB bedarf eine Vereinbarung über nachehelichen Unterhalt, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, der notariellen Beurkundung. Das Formerfordernis ist durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21.12.2007 (BGBl. I, 3189) eingeführt worden und verfolgt das Ziel, durch die Mitwirkung eines Notars die fachkundige und unabhängige Beratung der Vertragsparteien sicherzustellen, um sie vor übereilten Erklärungen zu bewahren und ihnen die rechtliche Tragweite ihrer Vereinbarungen vor Augen zu führen (BT-Drucks. 16/1830, 22).
Rz. 18
Nach § 127a BGB wird die notarielle Beurkundung bei einem gerichtlichen Vergleich durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes Protokoll ersetzt. Diesen Erfordernissen genügt nach § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 160 ff. ZPO auch ein Protokoll in einer Familienstreitsache (zum Anspruch auf Protokollierung vgl. BGH BGHZ 191, 1 = FamRZ 2011, 1572). Aus der Regelung in § 1585c Satz 3 BGB, nach der § 127a BGB auch auf eine Vereinbarung Anwendung findet, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird, folgt nicht, dass die notarielle Beurkundung ausschließlich durch eine in der Ehesache protokollierte Vereinbarung ersetzt werden kann.
Rz. 19
(1) Bereits der Wortlaut der Vorschrift ("auch") deutet darauf hin, dass die bestehenden Möglichkeiten einer formwirksamen Vereinbarung nicht eingeschränkt, sondern allenfalls erweitert werden sollten und die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 127a BGB nicht in Frage gestellt worden ist. Dies wird durch die Gesetzesmotive bestätigt. Im Gegensatz zu § 1585c Satz 2 BGB ist Satz 3 dieser Vorschrift erst auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages im Zuge der Gesetzesberatungen angefügt worden. Er beruht auf der vom Rechtsausschuss angestellten Erwägung, dass - parallel zu § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB beim Zugewinnausgleich und zu § 1587o Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB beim Versorgungsausgleich - sichergestellt werden solle, dass außer in einem Prozessvergleich von den Parteien eine formwirksame Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt auch im Verfahren in Ehesachen im Wege der Protokollierung durch das Prozessgericht abgeschlossen werden könne. Damit solle Rechtssicherheit geschaffen werden für den in der Praxis nicht seltenen Fall, in dem die Ehegatten in einer Ehesache das Gericht um Protokollierung einer zuvor getroffenen Einigung, beispielsweise eines Unterhaltsverzichts, ersuchen, ohne dass eine Unterhaltssache im Scheidungsverbund anhängig ist oder dass Streit oder Ungewissheit über den Unterhalt durch gegenseitiges Nachgeben ausgeräumt wird (BT-Drucks. 16/6980, 9).
Rz. 20
Mit der Anfügung des Satzes 3 sollte somit lediglich sichergestellt werden, dass eine in der Ehesache protokollierte Vereinbarung die notarielle Beurkundung ersetzen kann, ohne dass eine Folgesache auf nachehelichen Unterhalt rechtshängig ist. Selbst wenn demnach der Rechtsausschuss der Meinung gewesen sein sollte, dass ohne gleichzeitig rechtshängigen Antrag zum nachehelichen Unterhalt eine Formwahrung durch Protokollierung in der Ehesache - wie auch in einem anderen Verfahren - ohne ausdrückliche Erwähnung im Gesetz nicht möglich gewesen wäre, ergäbe sich daraus kein der Anwendung von § 127a BGB entgegenstehender gesetzgeberischer Wille. Ein solcher würde voraussetzen, dass der Gesetzgeber die nach bestehendem Rechtszustand durch § 127a BGB gewährte Möglichkeit einschränken wollte, und lässt sich, wie das OLG zu Recht anführt, insoweit nicht feststellen. Vielmehr zeigt der Verweis auf § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB und § 1587o Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB (nunmehr § 7 VersAusglG) als Parallelvorschriften, dass deren Regelung auch für den nachehelichen Unterhalt übernommen werden sollte. Zu beiden Vorschriften war und ist aber anerkannt, dass eine Protokollierung nach § 127a BGB die notarielle Beurkundung ersetzt. Insbesondere zu § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB, dem die Formulierung in § 1585c Satz 3 BGB entspricht, war dies in der Rechtsprechung nicht zweifelhaft (BGHZ 86, 143 = FamRZ 1983, 157, 159). Entsprechendes gilt für Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich (vgl. Palandt/Brudermüller BGB, 69. Aufl., § 1587o Rz. 19 m.w.N.; Weinreich/Klein/Wick FA-Komm FamR 5. Aufl., § 7 VersAusglG Rz. 5 f.).
Rz. 21
Dementsprechend ist bereits in der Begründung des Gesetzentwurfs auf die allgemeine Anwendbarkeit von § 127a BGB verwiesen worden (BT-Drucks. 16/1830, 22), was vom Rechtsausschuss nicht in Frage gestellt worden ist.
Rz. 22
(2) Schließlich spricht für eine einschränkende Auslegung auch nicht der Gesichtspunkt, dass das Verfahren in der Ehesache dem Anwaltszwang unterliegt, während dies etwa bei Unterhaltsverfahren erst seit Inkrafttreten der FGG-Reform am 1.9.2009 der Fall ist (§ 114 Abs. 1 FamFG; vgl. Wendl/Wönne Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl., § 6 Rz. 612). Denn die gerichtliche Protokollierung nach § 127a BGB ersetzt die notarielle Beurkundung, welche eine Vertretung durch Rechtsanwälte ebenfalls nicht vorsieht. Das Gesetz geht davon aus, dass den Beteiligten der gleiche Schutz zugute kommt, weil es das Gericht in seiner Aufklärungs- und Beratungsfunktion einem Notar gleichstellt. Dass die im Eheverfahren abgeschlossene Vereinbarung als Prozess- bzw. Verfahrensvergleich im Scheidungsverbund dem Anwaltszwang unterliegt (vgl. BGH, Urt. v. 20.2.1991 - XII ZB 125/88, FamRZ 1991, 679, 680), stellt dies nicht in Frage.
Rz. 23
§ 1585c Satz 3 BGB kommt somit nur eine klarstellende Bedeutung zu. Dass sich die Vorschrift lediglich auf das Verfahren in der Ehesache bezieht und hinsichtlich des weitergehenden Anwendungsbereichs des § 127a BGB unvollständig bleibt, ist schon in Anbetracht des Wortlauts ("auch") unerheblich, weil es jedenfalls nicht in der Absicht des Gesetzgebers lag, den Anwendungsbereich des § 127a BGB einzuschränken (zur anders gelagerten Frage der Form einer Zustimmungserklärung beim sog. scheidungsakzessorischen Statuswechsel vgl. BGH v. 27.3.2013 - XII ZB 71/12, FamRZ 2013, 944).
Rz. 24
3. Die von den Ehegatten zum Zugewinnausgleich getroffene Regelung entspricht demzufolge ebenfalls der in § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB vorgeschriebenen Form. Weil weitere Einwände gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung von der Rechtsbeschwerde nicht erhoben werden und auch nicht ersichtlich sind, ist das OLG zu Recht davon ausgegangen, dass die geltend gemachten Auskunftsansprüche nicht bestehen. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist demnach zurückzuweisen.
Fundstellen