Verfahrensgang
LG Arnsberg (Entscheidung vom 01.02.2022; Aktenzeichen II-2 KLs 5/21) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 1. Februar 2022, soweit es ihn betrifft,
a) aufgehoben
aa) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach § 460, § 462 StPO zu treffen ist;
bb) in den Aussprüchen über die Anrechnung der auf die einbezogenen Geldstrafen erbrachten Zahlungen und über die Einziehung des sichergestellten Mobiltelefons Samsung Galaxy A 50; diese Aussprüche entfallen;
b) hinsichtlich der verbleibenden Einziehungsentscheidung dahin klargestellt, dass gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 3.250 € angeordnet ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren gemäß § 460, § 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen „gemeinschaftlichen unerlaubten“ bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge“ in Tateinheit mit „unerlaubtem“ Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen „gemeinschaftlichen unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Geldstrafen aus zwei Strafbefehlen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und angeordnet, dass „hierauf“ geleistete Zahlungen mit elf Tagen angerechnet würden. Ferner hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Während die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hinsichtlich des Schuldspruchs und der Zumessung der Einzelstrafen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, kann die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben.
Rz. 3
a) Das Landgericht hat die Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen wegen der hier abgeurteilten Taten (Fälle 10 und 11, II.3.a) und b) der Urteilsgründe) unter nachträglicher Einbeziehung der Strafen aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Arnsberg vom 22. September 2020 und einem weiteren Strafbefehl desselben Amtsgerichts vom 18. Februar 2021 gebildet. Dies ist in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft. Ausgehend von den mitgeteilten Erlasszeitpunkten der Strafbefehle - deren Rechtskraftdaten allerdings nicht ausdrücklich festgestellt sind - beging der Angeklagte die Tat 11 sicher und die Tat 10 nicht ausschließbar erst nach dem erstgenannten Strafbefehl, so dass die Voraussetzungen für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 StGB insoweit nicht (sicher) vorlagen. Zudem sind beide Strafbefehle untereinander nicht gesamtstrafenfähig, denn nach den Feststellungen war die dem Strafbefehl vom 18. Februar 2021 zugrundeliegende Straftat erst am 30. September 2020, mithin nach Erlass des zweiten Strafbefehls, beendet.
Rz. 4
Eine Benachteiligung des Angeklagten ist nicht auszuschließen, weil die einbezogene Geldstrafe aus dem ersten Strafbefehl die Gesamtfreiheitsstrafe als schwerere Strafart erhöht haben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2021 - 6 StR 322/21, juris Rn. 2). Da weitere Feststellungen zu dem Datum der Tat 10 sowie dem Rechtskraftdatum des ersten Strafbefehls möglich erscheinen und zudem feststeht, dass eine nachträgliche Gesamtstrafe jedenfalls zu bilden sein wird, macht der Senat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b StPO Gebrauch und überlässt die neu zu treffende Entscheidung dem Beschlussverfahren nach § 460, § 462 StPO.
Rz. 5
b) Infolge der Aufhebung der Gesamtstrafe hat auch der Ausspruch über die Anrechnung von auf die Geldstrafen erbrachten Zahlungen zu entfallen. Er ist auch für sich genommen rechtsfehlerhaft, denn die Anrechnung von Zahlungen auf die einbezogenen Geldstrafen hat - nach Maßgabe des § 51 Abs. 2 und 4 StGB - im Rahmen der Strafvollstreckung und nicht durch das Tatgericht zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 17. November 2015 - 4 StR 378/15).
Rz. 6
2. Auch die Einziehungsentscheidung des Landgerichts weist durchgreifende Rechtsfehler auf.
Rz. 7
a) Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend geltend gemacht hat, wird die angeordnete Einziehung des sichergestellten Mobiltelefons der Marke Samsung Galaxy A 50 von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Diese ergeben insbesondere nicht, dass der Angeklagte das Telefon als Tatmittel zur Begehung einer der hier abgeurteilten Taten gebrauchte und deshalb die Voraussetzungen des vom Landgericht in der Liste der angewandten Vorschriften genannten § 74 StGB vorgelegen hätten. Der Senat schließt aus, dass diesbezüglich weitere Feststellungen möglich sind, und hebt die Einziehungsentscheidung daher insoweit in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO auf.
Rz. 8
b) Die angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 3.250 € bedarf der Klarstellung dahin, dass es sich entgegen dem Urteilstenor nicht um eine erweiterte Einziehung handelt. Ausweislich der Urteilsgründe hat das Landgericht diesen Betrag als Wert von Erlösen aus den hier abgeurteilten Taten eingezogen und daher - zutreffend - auf § 73, § 73c StGB gestützt.
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Fundstellen
Dokument-Index HI15734805 |