Entscheidungsstichwort (Thema)
Parteivortrag aus erster Instanz auch in Berufungsinstanz ohne Bezugnahme in der Berufungsbegründung
Leitsatz (redaktionell)
Eine – auch nur inzidente – Aufrechterhaltung eines Vortrags und eine Inbezugnahme hierauf in der Berufungsinstanz ist zulässig
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 139
Verfahrensgang
Gründe
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der in erster Instanz gehaltene Vortrag der Klägerin zu den Mängeln am Gemeinschaftseigentum mangels Bezugnahme in der Berufungsbegründung ihm nicht unterbreitet worden sei. Diese Ansicht trifft nicht zu.
Das Landgericht hat die Klage insoweit mit der unzutreffenden Begründung abgewiesen, es fehle an der notwendigen Mitwirkung der Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der Klägerin vorgetragene Bevollmächtigung durch die übrigen Miteigentümer sei weder zeitlich noch inhaltlich näher konkretisiert. Die Klägerin hat in ihrer Berufungsbegründung diese Rechtsausführungen angegriffen und ihren vom Landgericht für unerheblich angesehenen Vortrag zu den einzelnen Mängeln nicht wiederholt. Damit hat sie, wenn auch nicht ausdrücklich so doch inzidenter, auch diesen Vortrag aufrechterhalten und auf ihn Bezug genommen. Diese Bezugnahme war zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2003 - II ZR 59/02, NJW 2004, 66 und BVerfG, Beschluss vom 23. November 1977 - 1 BvR 481/77, NJW 1978, 413).
2. Auch die rechtlichen Schlussfolgerungen, die das Berufungsgericht aus einer von ihm so gesehenen mangelhaften Substantiierung des Vortrags der Klägerin zur Fertigstellung der Souterrainwohnung gezogen hat, beruhen auf einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Die Verletzung der sich aus § 139 ZPO ergebenden Hinweispflicht stellt hier nicht nur einen Verfahrensfehler dar, sondern hat im Hinblick darauf, dass die Klägerin durch verfehlte Rechtsauffassungen beider Instanzgerichte hinsichtlich der Notwendigkeit ihres Vortrags mehrfach fehlgeleitet worden ist, verfassungsrechtliche Bedeutung.
3. Auf diesen Verstößen gegen das rechtliche Gehör der Klägerin kann die Klageabweisung mit Ausnahme der Aberkennung des Mietausfallschadens beruhen. Hinsichtlich des Letzteren ist ein Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben.
Fundstellen
NJW 2007, 3070 |
NZM 2007, 804 |
NZBau 2007, 706 |