Entscheidungsstichwort (Thema)
versuchte besonders schwere Brandstiftung
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 22.02.2011) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 22. Februar 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Besitz und Führen eines verbotenen Wurfkörpers unter Einbeziehung der Strafe aus einem anderen rechtskräftigen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Seine hiergegen eingelegte Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Rz. 2
Nach den Feststellungen des Landgerichts kam der in einem Bordell arbeitende Angeklagte mit zwei anderweitig verurteilten Mittätern überein, auf einen Konkurrenzbetrieb einen Brandanschlag zu verüben. In Ausführung dieses Planes begaben sich alle drei zu dem Gebäude, in dem der konkurrierende Bordellbetrieb untergebracht war, wobei jeder von ihnen zwei mit Benzin gefüllte Brandflaschen mit sich führte. Dort warfen die Mittäter des Angeklagten sodann jeweils ihre beiden, der Angeklagte aber nur eine seiner Brandflaschen gezielt in Richtung des Gebäudes. Einige Flaschen zerbrachen beim Auftreffen auf die Außenwand und brannten außerhalb des Gebäudes nahezu folgenlos ab. Andere fielen unzerbrochen zu Boden. Die ihm verbliebene Brandflasche entsorgte der Angeklagte im Weggehen auf einem Parkplatz. Wäre eine der Brandflaschen oder entzündetes Benzin in das Innere des Gebäudes gelangt, hätte dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Brand und einer Gefährdung des Lebens der sich im Gebäude aufhaltenden Personen geführt. Beides nahmen der Angeklagte und seine Mittäter billigend in Kauf.
Rz. 3
Einen strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten vom Versuch der besonders schweren Brandstiftung hat das Landgericht mit der Erwägung verneint, dass er sich nicht im Sinne von § 24 Abs. 2 StGB darum bemüht habe, die Vollendung der Tat zu verhindern. Eine bloße Untätigkeit des Angeklagten sei hierzu nicht ausreichend gewesen, weil der tatbestandliche Erfolg allein durch das Handeln der Mittäter hätte eintreten können. Stattdessen hätte es eines aktiven Eingreifens bedurft (UA 16).
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
Die getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um einen strafbefreienden Rücktritt rechtsfehlerfrei zu verneinen.
Rz. 5
Sind an einer Tat Mehrere beteiligt, wird nach § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht wegen Versuchs bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Dabei muss das die Tatvollendung verhindernde Verhalten nicht notwendig in einem auf die Erfolgsabwendung gerichteten aktiven Tun bestehen. Kann einer von mehreren Beteiligten den noch möglichen Eintritt des Taterfolgs allein dadurch vereiteln, dass er seinen vorgesehenen Tatbeitrag nicht erbringt oder nicht weiter fortführt, so verhindert bereits seine Untätigkeit oder sein Nichtweiterhandeln die Tatvollendung. Ist dem Beteiligten dies im Zeitpunkt der Verweigerung oder des Abbruchs seiner Tatbeteiligung bekannt und handelt er dabei freiwillig, liegen damit die Voraussetzungen für einen strafbefreienden Rücktritt nach § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB vor (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1983 – 1 StR 615/83, NJW 1984, 2169; Urteil vom 21. Oktober 1983 – 2 StR 485/83, BGHSt 32, 133, 134f.; Fischer, 58. Aufl., § 24 Rn. 40; Kudlich/Schuhr in SSW-StGB § 24 Rn. 57; Lilie/Albrecht in LK-StGB, 12. Aufl., § 24 Rn. 400 m.w.N.).
Rz. 6
Nach den Feststellungen des Landgerichts stand dem Angeklagten noch eine Brandflasche zur Verfügung, die mit den bereits geworfenen Brandflaschen baugleich und deshalb wie diese geeignet war, das Gebäude in Brand zu setzen. Da seine Mittäter ihre Brandflaschen bereits geworfen hatten, ohne das Gebäude in Brand gesetzt zu haben, konnte der Angeklagte allein durch einen Verzicht auf den Wurf dieser letzten Brandflasche eine noch mögliche Tatvollendung verhindern. Ob dadurch die Voraussetzungen für einen strafbefreienden Rücktritt nach § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB geschaffen worden sind, hängt – neben der erforderlichen Freiwilligkeit – damit entscheidend davon ab, welche Vorstellungen der Angeklagte hatte, als er sich dazu entschloss, auf den Wurf der zweiten Brandflasche zu verzichten. Hierzu hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Sollte sich dabei ergeben, dass der Angeklagte eine Herbeiführung des noch nicht eingetretenen Erfolges durch einen Wurf seiner zweiten Brandflasche weiterhin für möglich hielt und auch davon wusste, dass seinen Mittätern keine Brandflaschen mehr zur Verfügung standen, käme ein strafbefreiender Rücktritt in Betracht. Ging der Angeklagte – was hier angesichts der augenscheinlichen Erfolglosigkeit der bisherigen Würfe nicht fernliegt – dagegen davon aus, dass auch ein Wurf seiner Brandflasche keinen Gebäudebrand mehr herbeiführen würde, wäre der Versuch fehlgeschlagen, so dass ein Rücktritt nach § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB ausscheiden würde (BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 – 2 StR 278/09, NStZ 2010, 690, 691).
Rz. 7
Ergänzend bemerkt der Senat, dass bei einer erneuten Verurteilung nach § 52 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 3 i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 1.3.4. WaffG der Tenor auf Besitz eines verbotenen Gegenstandes lauten muss.
Unterschriften
Ernemann, Roggenbuck, Cierniak, Mutzbauer, Quentin
Fundstellen
Haufe-Index 2737149 |
NPA 2013 |
StV 2012, 16 |