Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 10.12.2008) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten P. und S. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 10. Dezember 2008 in den Maßregelaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe
Rz. 1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und den Angeklagten S. wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt sowie die Unterbringung beider Angeklagter in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
Rz. 2
Die Rechtsmittel sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO soweit sie sich gegen die Schuld- und Strafaussprüche richten.
Rz. 3
2. Dagegen hat die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt keinen Bestand.
Rz. 4
a) Die Beschränkung der Revision des Angeklagten S., nach der die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB sowie die Entscheidung über die Reihenfolge der Vollstreckung vom Rechtsmittelangriff ausgenommen sein sollen, ist nicht rechtswirksam. Der Angeklagte S. greift mit einer Verfahrensrüge sowie der allgemeinen Sachrüge auch den Schuldspruch an. In einem solchen Fall kann mit der erklärten Rechtsmittelbeschränkung nicht wirksam auf die Anfechtung der Unterbringung gemäß § 64 StGB verzichtet werden, da die Feststellung einer Symptomtat unerlässliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist (Senat NStZ-RR 2004, 365).
Rz. 5
b) Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erweist sich hinsichtlich beider Angeklagter als rechtsfehlerhaft. Das Urteil enthält keine Feststellungen zu der von § 64 Satz 2 StGB verlangten Erfolgsaussicht dieser Maßregel. Diese verstand sich nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil auch nicht von selbst.
Rz. 6
3. Das neue Tatgericht wird die hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen zu prüfen und im Urteil darzulegen haben. Darüber hinaus ist für beide Angeklagte die Zeitspanne der voraussichtlich erforderlichen Unterbringung mitzuteilen, damit überprüft werden kann, ob die Dauer eines nach § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB anzuordnenden Vorwegvollzuges zutreffend bestimmt ist.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Fischer, Roggenbuck, Cierniak, Schmitt
Fundstellen
Haufe-Index 2560680 |
NStZ-RR 2012, 195 |