Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergewaltigung
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 15. Juni 2000 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO); jedoch wird der Schuldspruch dahin berichtigt, daß der Angeklagte der Vergewaltigung und der vorsätzlichen unerlaubten Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, daß das sachverständig beratene Landgericht trotz der Alkoholisierung des Angeklagten eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB ausgeschlossen hat. An Stelle der dem Urteil zu Grunde gelegten Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit von 1,2 [permil] ist unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 35, 308 ff., 314; 37, 231 ff., 237; BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 25; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 20 Rdn. 9 f.) von einer maximalen Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit von 1,8 [permil] (Alkoholabbau von 8 Stunden × 0,2 [permil] zuzüglich 0,2 [permil] Sicherheitszuschlag) auszugehen. Dies gefährdet hier jedoch den Bestand des Strafausspruchs nicht, weil es unter den vorliegenden Umständen auf die genaue Höhe des Blutalkoholwertes nicht ankommt. Der maximalen Blutalkoholkonzentration kommt wegen der langen Dauer der Rückrechnung bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,0 [permil] zum Zeitpunkt der Blutentnahme nur eine geringe Indizwirkung zu (vgl. BGHSt 35, 308, 315). Die in dem angefochtenen Urteil aufgeführten aussagekräftigen psychodiagnostischen Kriterien – Verhalten während und nach der Tat, gute Erinnerungsfähigkeit – schließen eine erhebliche alkoholbedingte Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit aus (vgl. BGHSt 43, 66 ff.; Tröndle/Fischer, aaO § 20 Rdn. 9 j).
Rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB bejaht. Zwar ging der Angeklagte, als er die Geschädigte mit den Handfesseln an das Bett fesselte und sie dadurch in ihren Abwehrmöglichkeiten stark beeinträchtigte, von deren Einverständnis mit sexuellen Handlungen aus. Er hat aber nach den Feststellungen im weiteren Verlauf des Geschehens die Fesselung bewußt zur Überwindung des von ihm erkannten Widerstandes der Frau gegen sexuelle Handlungen ausgenutzt, indem er die Fesselung trotz ihrer eindringlichen Bitten nicht löste, gewaltsam ihre Oberschenkel auseinanderdrückte und den Geschlechtsverkehr gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen vollzog. Ein Beisichführen im Sinne des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB liegt auch dann vor, wenn ein nicht gefährliches Werkzeug oder Mittel bei der Tat verwendet wird (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 3 Nr. 2 i.d.F. 6. StrRG Werkzeug 1 und § 250 Abs. 1 Nr. 1 b i.d.F. 6. StrRG Werkzeug/Mittel 1). Im Hinblick auf die gesetzliche Deliktsüberschrift und die Legaldefinition des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB ergeht der Schuldspruch wegen Vergewaltigung (vgl. BGH NStZ 1998, 510; Tröndle/Fischer, aaO § 177 Rdn. 20).
Unterschriften
Kutzer, Rissing-van Saan, Pfister, von Lienen, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 512742 |
NStZ 2001, 246 |