Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderung an die Glaubhaftmachung der Behauptung, der Beschwerdewert des § 26 Nr. 8 EGZPO sei erreicht
Leitsatz (redaktionell)
Die Tatsache, dass der Beschwerdewert des § 26 Nr. 8 EGZPO erreicht ist, muss durch nachvollziehbare, im Einzelnen erläuterte Angaben glaubhaft gemacht werden, so dass zumindest eine plausible Einschätzung erfolgen kann, ob der erforderliche Beschwerdewert erreicht ist
Normenkette
EGZPO § 26 Nr. 8
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 25.01.2006; Aktenzeichen 25 S 118/05) |
AG Darmstadt (Entscheidung vom 30.06.2005; Aktenzeichen 300 C 397/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil der 25. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 25.1.2006 - 25 S 118/05 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Streitwert: 3.000 EUR
Gründe
I.
[1] Der Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der T. I. AG, einen Vertrag über die Gewährung eines Internetzugangs. Als Entgelt war nach dem Tarif "T. DSL flat" ein volumen- und zeitunabhängiger monatlicher Pauschalbetrag vereinbart.
[2] Das Berufungsgericht hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten verurteilt,
es zu unterlassen, das bei der Nutzung des Internetzugangs durch den Kläger im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses nach dem Tarif T. DSL flat bekannt gewordene Volumen der übertragenen Daten zu erheben und auf Datenträgern jeglicher Art zu speichern,
nach Beendigung der jeweiligen Nutzung des Internetzugangs durch den Kläger alle Daten, die eine Verbindung zwischen der zugeteilten IP-Adresse und dem Kläger bzw. dem technischen Zugang des Klägers herstellen, umgehend zu löschen und
die ihr bei der Nutzung des Internetzugangs durch den Kläger im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses nach dem Tarif T. DSL flat bereits bekannt gewordenen, erhobenen und gespeicherten Daten des Klägers:
a) die jeweils zugeteilte IP-Adresse
b) das Volumen der übertragenen Daten
zu löschen.
[3] Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beklagte, mit der die T. I. AG zwischenzeitlich verschmolzen ist, mit ihrer Beschwerde.
II.
[4] Die Beschwerde ist unzulässig, da die gem. § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 EUR nicht erreicht ist.
[5] 1. Maßgebend für die Beschwer der Beklagten sind die Nachteile, die ihr aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehen, auch wenn das Erfüllungsinteresse des Klägers geringer ist (vgl. z.B.: BGH v. 16.6.1988 - III ZR 65/88; v. 22.2.1990 - III ZR 1/90, MDR 1991, 869 = BGHR ZPO § 2, Beschwerdegegenstand 8 und 13; BGH, Urt. v. 10.12.1993 - V ZR 168/92, MDR 1994, 839 = NJW 1994, 735; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 544 Rz. 5; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., vor § 511 Rz. 19b).
[6] 2. Die Beklagte hat zwar geltend gemacht, die zur Beachtung des angefochtenen Urteils erforderlichen Änderungen an ihren Datenerfassungs- und -verarbeitungseinrichtungen verursachten Kosten von 40.950 EUR im ersten Jahr sowie in jedem weiteren Jahr von 27.300 EUR. Diese Angaben sind jedoch nicht glaubhaft gemacht (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Beschl. v. 26.7.2004 - VIII ZR 289/03, NJW-RR 2005, 74; v. 25.7.2002 - V ZR 118/02, BGHReport 2002, 941 = MDR 2002, 1389 = WM 2002, 1899). Die Beklagte hat insoweit lediglich ein Angebot für das "Löschen individueller Sessiondaten nach Verschmelzung" vorgelegt, das von einer ihrer Abteilungen erstellt wurde.
[7] a) Dieses enthält jedoch, worauf die Beschwerdeerwiderung mit Recht hinweist, keine nachvollziehbaren Angaben über die anfallenden Kosten. Der "Realisierungsaufwand", der mit 13.650 EUR beziffert wird, wird nicht im Einzelnen dargelegt. Das Angebot beschränkt sich insoweit auf die Schlagworte "Programmerstellung, Test und NTP, Dokumentationserstellung und Inbetriebnahme". Der Betriebsaufwand für die Hardware, der mit 22.100 EUR beziffert wird, wird gleichfalls nicht näher erläutert. Insofern enthält das Angebot lediglich die Angabe, dass es sich hierbei um "Hardware für Plattenplatz sowie die Hardware für Rechnerleistungen" handelt. Der weiterhin angegebene "Betriebsaufwand Personal", der jährlich 5.200 EUR betragen soll, wird überhaupt nicht erklärt. Überdies wird nicht deutlich, weshalb der Betriebsaufwand für Personal nicht bereits in dem "Realisierungsaufwand" enthalten ist. Diese dürftigen Angaben lassen noch nicht einmal eine Grobeinschätzung ihrer Plausibilität zu.
[8] b) Hinzu tritt, dass nicht ersichtlich ist, ob und ggf. in welcher Höhe der in dem Angebot niedergelegte Aufwand bei der Beklagten überhaupt anfällt. Das Angebot ist als Offerte für einen Dritten, der eine Fremdleistung beziehen will, aufgemacht. Tatsächlich jedoch sind die zu treffenden Maßnahmen betriebsintern durchzuführen. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass hierfür nicht auf personelle und sachliche Ressourcen zurückgegriffen werden kann, die ohnehin vorgehalten werden und deren Bindung anderweitige gewinnbringende Einsatzmöglichkeiten nicht vereitelt.
[9] c) Schließlich hat die Beklagte nicht glaubhaft gemacht, dass die in dem Angebot bezeichneten Maßnahmen tatsächlich zur Beachtung des angefochtenen Urteils notwendig sind. Sie hat nicht erläutert, weshalb die insoweit bislang getroffenen Vorkehrungen, die sie als behelfsmäßig bezeichnet und deren Kosten sie nicht angegeben hat, als Dauerlösung ungeeignet sind.
[10] Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren orientiert sich an der Streitwertfestsetzung für den Berufungsrechtszug und an der Bewertung des Anteils, mit dem die Beklagte unterlegen ist.
Fundstellen