Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 26.07.2023; Aktenzeichen 2 KLs 5227 Js 8005/23)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 26. Juli 2023

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig ist;

b) im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

Rz. 1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet, § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Rz. 2

Nach den Feststellungen übernahm der Angeklagte im Auftrag einer „D.  “ genannten Person gegen eine versprochene Entlohnung von 1.500 Euro auf einem Parkplatz in H.                    von einem als „M.  “ bezeichneten Kurier aus den Niederlanden eine Plastiktüte mit drei Paketen Heroin mit einem Gesamtgewicht von ca. 1.482 Gramm und einem Wirkstoffgehalt von jedenfalls 282 Gramm Heroinhydrochlorid, um diese zum Bahnhof in Z.         zu transportieren. Nach den Vorgaben des „D.   “ sollte der Angeklagte dort das Heroin an eine ihm unbekannte, von „D.   “ entsprechend instruierte Person übergeben und hierfür im Gegenzug von dieser Person den Kaufpreis für die Betäubungsmittel erhalten. Aus diesem sollte er seine eigene Entlohnung i.H.v. 1.500 Euro entnehmen und die verbleibende Summe zurück zu dem Parkplatz in H.                   transportieren, um sie dort dem „M.  “ zu übergeben.

Rz. 3

Zu einer Übergabe der Betäubungsmittel am Bahnhof in Z.         kam es nicht, da der Angeklagte, nachdem ihm die Plastiktüte plangemäß in H.                  übergeben worden war, auf der Fahrt nach Z.           einer Polizeikontrolle unterzogen wurde und die Betäubungsmittel sichergestellt wurden. Der Angeklagte wusste, dass er „harte Drogen“ transportierte. Um welches Betäubungsmittel es sich konkret handelte, war ihm nicht bekannt.

Rz. 4

Der Angeklagte befuhr bei dem Betäubungsmitteltransport mit einem PKW Mazda, in dessen Seitenablage der Beifahrertür sich eine Schlagstocktaschenlampe befand, öffentliche Straßen, ohne im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein, was ihm bewusst war.

II.

Rz. 5

1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen täterschaftlichen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) nicht; der Angeklagte hat sich lediglich der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27 StGB) in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) schuldig gemacht.

Rz. 6

a) Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Beschränkt sich die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts, so kommt es nach der neueren Rechtsprechung darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2022 - 3 StR 136/22, juris Rn. 6; Beschluss vom 24. Mai 2022 - 4 StR 195/21, juris Rn. 9; Beschluss vom 12. August 2014 - 4 StR 174/14, juris Rn. 3; Beschluss vom 22. August 2012 ‒ 4 StR 272/12, NStZ-RR 2012, 375). Maßgeblich sind insoweit insbesondere der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass Durchführung und Ausgang der Haupttat maßgeblich auch vom Willen des Tatbeteiligten abhängen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2022 - 4 StR 195/21, juris Rn. 9; Urteil vom 14. Dezember 2006 ‒ 4 StR 421/06, NStZ 2007, 288; Beschluss vom 25. April 2007 ‒ 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531). Dabei kann eine Beteiligung am Transport als mittäterschaftliches Handeltreiben einzuordnen sein, wenn der Beteiligte über diesen hinaus erhebliche Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf der Betäubungsmittel unmittelbar beteiligt ist, selbständig den Umfang des Geschäfts bestimmt oder sonst ein eigenes Interesse am Gesamtgeschäft hat, weil er einen Anteil am Umsatz oder zu erzielenden Gewinn erhalten soll (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2022 ‒ 3 StR 136/22, juris Rn. 6; Beschluss vom 24. Mai 2022 - 4 StR 195/21, juris Rn. 9). Beschränkt sich der Tatbeitrag eines Drogenkuriers auf den bloßen Transport von Betäubungsmitteln, liegt selbst dann keine Täterschaft vor, wenn ihm faktische Handlungsspielräume hinsichtlich der Art und Weise des Transports verbleiben (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2022 - 4 StR 195/21, juris Rn. 9; Beschluss vom 12. August 2014 - 4 StR 174/14, juris Rn. 3; Beschluss vom 18. Mai 2021 - 1 StR 72/21, juris Rn. 4).

Rz. 7

b) Hieran gemessen tragen die Feststellungen eine täterschaftliche Begehung des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln durch den Angeklagten nicht.

Rz. 8

Danach beschränkte sich die Tätigkeit des Angeklagten nach dem durch den „D.   “ vorgegebenen Tatplan auf den Transport und die Übergabe der in Art und Menge vom Auftraggeber bestimmten Betäubungsmittel sowie auf die Weiterleitung des Kaufpreises. Umstände, die einen über den reinen Transport hinausgehenden Einfluss des Angeklagten auf das Gesamtgeschäft belegen, hat das Landgericht nicht festgestellt. Der gesamte, bereits vor der Kontaktierung des Angeklagten feststehende Tatablauf wurde dem Angeklagten, der die Art der zu transportierenden Betäubungsmittel nach den Feststellungen selbst nicht kannte, durch den „D.   “ vorgegeben. Zwar handelte der Angeklagte in der Aussicht auf eine vom Taterfolg unabhängige, nicht ganz unerhebliche, ebenfalls durch den „D.   “ vorgegebene Vergütung. Am Umsatz oder am Gewinn des Betäubungsmittelgeschäfts war er damit aber gerade nicht beteiligt. Ein Täter- oder Tatherrschaftswille folgt hieraus nicht (vgl. die st. Rspr. zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bei Transporttätigkeiten, etwa BGH, Beschluss vom 29. Juni 2022 - 3 StR 136/22, juris Rn. 9; Beschluss vom 12. August 2014 - 4 StR 174/14, NStZ 2015, 225). Angesichts dieser Umstände vermögen die vom Landgericht angestellten Erwägungen die Annahme täterschaftlichen Handelns nicht zu tragen.

Rz. 9

c) Der Senat ändert in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch auf die nach den Feststellungen vorliegende Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis. Eine Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, § 27 StGB liegt nicht vor, weil es keine Hinweise darauf gibt, dass der in Betracht kommende Haupttäter („D.   “) von der Bewaffnung des Angeklagten Kenntnis hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2000 - 3 StR 50/00, NStZ 2000, 431; weitere Nachweise bei Maier in Weber, BtMG, 6. Aufl., § 30a Rn. 185). Ergänzende Feststellungen, die die Annahme eines täterschaftlichen (bewaffneten) Handeltreibens des Angeklagten belegen könnten, sind nicht zu erwarten. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil auszuschließen ist, dass sich der geständige Angeklagte insoweit wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

Rz. 10

2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die der Strafzumessung zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Wertungsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den Bestehenden nicht widersprechen.

Quentin   

Bartel   

RiBGH Rommel ist

aus dem Richterdienst

ausgeschieden und

daher an der

Unterschriftsleistung

gehindert.

Quentin

Scheuß   

Momsen-Pflanz   

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16322202

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge