Verfahrensgang
LG Itzehoe (Entscheidung vom 23.06.2023; Aktenzeichen 14 KLs 315 Js 29149/22) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 23. Juni 2023 im Einziehungsausspruch, soweit die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen einen Betrag von 61.220 Euro übersteigt, sowie im Maßregelausspruch mit den jeweiligen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 73.500 Euro und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Einziehungsentscheidung nach §§ 73, 73c StGB hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
Rz. 3
Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte durch die abgeurteilten Taten insgesamt 73.500 Euro erlangt hat (§ 73 Abs. 1 StGB). Soweit es indes angenommen hat, dass der Angeklagte sämtliche Taterlöse zur Finanzierung weiterer Drogenkäufe und für seine laufenden Lebenshaltungskosten verbraucht hat, und es deshalb die Einziehung des gesamten Wertes dieser Taterträge nach § 73c StGB angeordnet hat, ist dies teilweise rechtsfehlerhaft.
Rz. 4
Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte „auf die Herausgabe der Asservate, die andernfalls einer Einziehung unterlegen hätten, verzichtet“. Danach liegt es nahe, dass der Verzicht sich auch auf das Bargeld in Höhe von 12.280 Euro bezog, das bei der Durchsuchung seiner Wohnung sichergestellt worden war. Angesichts der zeitlichen Nähe der Durchsuchung zu den abgeurteilten Taten hätte das Landgericht deshalb erörtern müssen, ob es sich hierbei um Erträge aus den abgeurteilten Drogengeschäften handelte, die ohne den Verzicht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. April 2018 - 5 StR 611/17, BGHSt 63, 116) nach § 73 Abs. 1 StGB gegenständlich einzuziehen und mithin einer Einziehungsanordnung nach § 73c StGB nicht zugänglich gewesen wären. Handelte es sich bei dem Bargeld hingegen um legales Vermögen des Angeklagten, hätte ein wirksamer Verzicht dazu geführt, dass der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73c StGB in Höhe des Betrages erloschen und die Einziehung des Wertes des Tatertrages insoweit ausgeschlossen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 198/18, BGHSt 63, 305, 311). Lediglich dann, wenn der Angeklagte das Bargeld durch oder für andere rechtswidrige Taten im Sinne des § 73a StGB erlangt hätte, bliebe die angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen von dem Verzicht unberührt (vgl. zum Verzicht in den Fällen des § 73a StGB BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 3 StR 307/18, BGHSt 63, 314, 322 f.).
Rz. 5
Da das Landgericht keine Feststellungen zur Reichweite des Verzichts und zur Herkunft des Bargeldes getroffen hat, kann der Senat nicht nachprüfen, ob die Einziehungsanordnung in vollem Umfang rechtsfehlerfrei ist. Insoweit sind ergänzende Feststellungen möglich und hinsichtlich der Herkunft des aufgefundenen Bargeldes nötig. Soweit die Einziehungsanordnung bestätigt wurde, bleiben die Feststellungen bestehen; sie waren nur bezüglich des weitergehenden Teils aufzuheben.
Rz. 6
2. Der Maßregelausspruch hat keinen Bestand.
Rz. 7
Der Senat hat seiner Entscheidung gemäß § 354a StPO die zum 1. Oktober 2023 in Kraft getretene Neufassung des § 64 StGB (BGBl. 2023 I Nr. 203) zugrunde zu legen. Die dort normierten und nach § 2 Abs. 6 StGB auch für Altfälle geltenden Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt werden durch das Urteil nicht hinreichend belegt. Das gilt namentlich für den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Substanzkonsum des Täters und der Begehung von Straftaten - die Anlasstat muss nun „überwiegend“ auf den Hang zurückgehen, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers reicht eine bloße Mitursächlichkeit des Hangs für die Tat nur noch dann aus, wenn sie andere Ursachen quantitativ überwiegt. Das Vorliegen dieses Kausalzusammenhangs ist durch das Tatgericht - gegebenenfalls unter sachverständiger Beratung - positiv festzustellen (BT-Drucks. 20/5913 S. 69 f., vgl. hierzu bereits BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2023 - 5 StR 246/23; vom 7. November 2023 - 5 StR 345/23).
Rz. 8
Bei seiner vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens getroffenen Entscheidung hat das Landgericht diesen strengeren Anordnungsmaßstab nicht anwenden können. Es hat festgestellt, dass die Betäubungsmittelgeschäfte neben dem Bestreiten des Lebensunterhalts „jedenfalls auch“ der Finanzierung des Drogenkonsums des Angeklagten dienten. Damit ist zwar eine - zum Urteilszeitpunkt für die Unterbringung nach § 64 Satz 1 StGB aF ausreichende - Mitursächlichkeit seines erheblichen Konsums für die Straftaten des Angeklagten belegt, jedoch fehlt eine Aussage zu der nunmehr entscheidenden Frage, inwieweit letzterer das ausschlaggebende Motiv für die verfahrensgegenständlichen Taten war.
Rz. 9
Die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bedarf somit erneuter Prüfung und Entscheidung. Der Senat hebt insoweit die zugehörigen Feststellungen auf, um dem Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
Gericke |
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Mosbacher |
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Köhler |
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RiBGH von Häfen ist wegen Krankheit gehindert zu unterschreiben. Gericke |
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Werner |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16241368 |