Verfahrensgang
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 30. März 1995 wegen versuchten Totschlags zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 31. März 1995, eingegangen am 4. April 1995, Revision eingelegt. Das Rechtsmittel hat der Angeklagte spätestens mit Schreiben vom 5. Juni 1995 noch vor Eingang der Revisionsbegründung wirksam zurückgenommen.
Nach der Urteilsverkündung hat der Angeklagte mehrere Schreiben in Serbokroatisch an das Landgericht gerichtet, die auf Veranlassung des Vorsitzenden der Strafkammer übersetzt wurden. Diese Schreiben wurden jeweils mit Eingang der deutschen Übersetzung für das Verfahren beachtlich (vgl. § 184 GVG; Kleinkecht/Meyer-Goßner StPO 42. Aufl. § 184 GVG Rdn. 2; für die Rechtsmittelrücknahme: BGHR StPO § 302 Abs. 1 Rücknahme 1).
Bereits am Tag der Urteilsverkündung hatte der Angeklagte an das Landgericht geschrieben, er beantrage keine Revision und lehne sich nicht gegen das Urteil auf. Eine Übersetzung dieses am 13. April 1995 eingegangenen Schreibens lag jedoch erst am 5. Mai 1995 vor, so daß in der Revisionseinlegung am 4. April 1995 ein wirksamer Widerruf der Erklärung vom 30. März 1995 zu sehen ist. In zwei weiteren Briefen, die am 2. Mai 1995 - im Zweifel gleichzeitig - eingingen, äußerte sich der Angeklagte widersprüchlich. In dem Brief vom 25. April 1995 erklärte er u.a.: "Ich möchte nicht in die Revision gehen und beschwere mich nicht darüber, daß ich fünfeinhalb Jahre Haft erhalten habe." In einem Brief vom 27. April 1995 schrieb der Angeklagte dagegen u.a.: "Genehmigen sie mir ... die Revision." Den Verfahrensakten läßt sich entnehmen, daß die Übersetzung des Briefes vom 25. April 1995 am 12. Mai 1995 einging. Wann die Übersetzung des zweiten Briefes einging, läßt sich den Akten nicht sicher entnehmen. Dies bedarf jedoch keiner weiteren Aufklärung. Denn nach Übersendung einer Urteilsabschrift, die am 26. Mai 1995 zur Post gegeben wurde, hat der Angeklagte mit einem Schreiben vom 5. Juni 1995, dessen Übersetzung am 26. Juni 1995 vorlag, eindeutig und unmißverständlich erklärt: "Ich erhielt fünfeinhalb Jahre Haft. Mit der Verurteilung von fünfeinhalb Jahren bin ich, O. D., als beschuldigte Person einverstanden." Diese Erklärung ist in ihrer Bedeutung eindeutig und bedarf keiner weiteren Auslegung. Sie bedeutet unter den gegebenen Umständen die Rücknahme der von dem Verteidiger eingelegten Revision. Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten erstreckt sich stets auch auf das Rechtsmittel des Verteidigers (Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO. § 302 Rdn. 4 m.w.N.). Ein Rechtsmittel, über das der Senat zu entscheiden hätte, liegt deshalb nicht mehr vor.
Da der Angeklagte die Revision wirksam zurückgenommen hat, hat er die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen (§ 473 Abs. 1 StPO).
Fundstellen
Haufe-Index 2993396 |
NStZ 1997, 73 |